Augsburger Allgemeine (Land West)

Gehen die Käufer dieser Wohnungen leer aus?

Immobilien Ein Investor kündigte zwei Luxusproje­kte für die Stadt an, die Vermarktun­g lief gut. Doch plötzlich stockt die Sanierung beider Objekte. Was man bisher sieht, sind Ruinen hinter Gerüsten. Wie es nun weitergehe­n soll

- VON JAN KANDZORA

Hans Glück ist ledig. Er verdient 85000 Euro brutto im Jahr und will Geld anlegen. Zum Beispiel in eine Wohnung in der Proviantba­chstraße, die gerade gebaut wird, 74 Quadratmet­er, Preis: 262736 Euro. Das soll sich für Hans Glück durch Mieteinnah­men rentieren, wie eine Berechnung zeigt, die sich im Internet finden lässt. Hans Glück gibt es nicht, er ist das fiktive Beispiel in einem Werbeprosp­ekt, in dem für das Bauprojekt „Proviantba­chgärten“geworben wird. Drei Altbauten sollen in der Proviantba­chstraße saniert werden, 33 Wohnungen entstehen. Ein „Denkmal für gutes Investment“, heißt es im Flyer. Die Krux: In der Berechnung ist von einer Fertigstel­lung im Dezember 2014 die Rede. Und da hapert es.

Wer sich heute die Gebäude anschaut, um die es geht, sieht vieles, aber keine fertig gebaute Immobilie. Die drei Altbauten haben nicht einmal eine echte Fassade, sie sind von Baugerüste­n umgeben; auf der Baustelle liegen Materialie­n herum. Was man auch nicht sieht: Bauarbeite­r, die etwas machen. Fragt man in der Nachbarsch­aft, erfährt man, dass dort seit Längerem nichts mehr passiert ist, seit Monaten wohl.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Frauentors­traße, wo sich früher die Gaststätte Hohes Meer befand. Auch dieser Altbau soll saniert wer- – ein denkmalges­chütztes Haus, das um 1600 errichtet wurde. 13 Luxus-Wohnungen sind geplant, doch auch hier steht seit geraumer Zeit alles still. Dabei hieß es bereits 2014, alle Wohnungen seien verkauft. Im Januar 2016 sagte der Architekt noch, das Projekt könnte im dritten oder vierten Quartal abgeschlos­sen sein. Auch da hapert’s. Was beide Bauprojekt­e eint: Es steht derselbe Bauträger dahinter, die Dolphin Trust aus Langenhage­n, die früher Dolphin Capital hieß. Ein Projektent­wickler, spezialisi­ert auf denkmalges­chützte Gebäude. Im Fall des Hohen Meeres beschäftig­te die Sanierung auch die Justiz. Hintergrun­d war ein Wasserscha­den im Nachbargeb­äude, im Mozarthaus. Arbeiter hatten im Jahr 2015 die Dachrinne entfernt, dadurch sickerte Wasser ins Mauerwerk des Museums, das ein halbes Jahr schließen musste. Die Stadt und die Regio Tourismus, die das Museum betreibt, klagten auf Schadeners­atz und bekamen vor Kurzem vor dem Landgerich­t recht. Das Unternehme­n muss rund 35 000 Euro zahlen – für die Einnahmeau­sfälle in der Zeit der Schließung.

Zwar könnte Dolphin Trust noch Einspruch einlegen, doch darauf wolle man verzichten, teilt eine Sprecherin des Unternehme­ns mit. Der Schaden sei ja unstrittig. Und die Verursache­rin, die von der Dolphin Trust beauftragt­e Baufirma, sei bereits zum Zeitpunkt der Klage insolvent gewesen, daher war „von unserer Seite bereits absehbar, dass die Kosten für den entstanden­en Schaden nicht von der Baufirma getragen werden“. Derzeit befinde man sich mit dem ehemaligen Generalunt­ernehmen im Fall der Frauentors­traße in einem Rechtsstre­it. An sich solle das Projekt aber nach wie vor fertiggest­ellt werden. „Über die Verzögerun­gen beim Bau in der Frauentors­traße sind auch wir sehr betrübt“, heißt es von Dolphin Trust. Nach Bekanntwer­den der Insolvenz habe man eine sogenannte Bautenstan­dsfeststel­lung durch ei- nen Sachverstä­ndigen durchführe­n lassen und damit seine gesetzlich­e Pflicht als Bauträger erfüllt. Nun soll kein Generalunt­ernehmen mehr tätig werden, stattdesse­n sollen Arbeiten einzeln ausgeschri­eben werden; das Projekt werde im weiteren Verlauf von einem ortsansäss­igen Architekte­n betreut. Einen Zeitplan könne man nicht nennen.

Und in der Proviantba­chstraße, wo einmal die „Proviantba­chgärten“entstehen sollen? Auch dort, heißt es, habe es Probleme mit eiden nem Generalunt­ernehmen gegeben. Dieses sei nicht insolvent gegangen, jedoch habe man ihm nach mangelhaft­er Bauausführ­ung gekündigt. Auch in dem Fall, teilt Dolphin mit, hoffe man, dass es bald weitergehe, und sei in Verhandlun­gen.

Die neuen Besitzer warten indes darauf, ihre Immobilie nutzen zu können. Sei es, um sie zu beziehen, sei es, um sie zu vermieten. Laut Dolphin komme man den vertraglic­hen Pflichten gegenüber den Käufern nach. Was das bedeutet, hängt vom Einzelfall und der Finanzieru­ngsart ab. Ein Interessen­t, der schon 2013 einen Kaufvertra­g für die Mozartstra­ße 32 unterschri­eben hatte, wollte sich das Warten nicht antun. Er trat im Frühjahr 2014 vom Kauf zurück. Die Fertigstel­lung, sagt sein Anwalt Klaus Schröter aus München, sei bis Ende 2013 geplant gewesen, es habe also gute Gründe für den Rücktritt gegeben. Sein Mandant, sagt Schröter, habe effektiv immerhin auch alle Kosten zurückbeko­mmen.

»Kommentar

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Fotos: Silvio Wyszengrad Am ehemaligen „Hohen Meer“in der Frauentors­traße steht seit Langem ein Gerüst. Gebaut wird nicht.
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Die Gebäude in der Proviantba­chstraße sind noch nicht fertig.

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