Augsburger Allgemeine (Land West)

Schön frech und sehr provokant

„Tiger Girl“

- VON DIETER OSSWALD

Jungfilmer Jakob Lass gelang mit „Love Steaks“ein echter Coup: Die wichtigen Auszeichnu­ngen hat er für sein minimalist­isch komisches Impro-Beziehungs­drama erhalten und über 100000 Euro Preisgeld kassiert. Mit „Tiger Girl“ist wieder ein wildes Freestyle-Stück ohne festes Skript, dafür mit viel Improvisat­ion entstanden.

Die schüchtern­e Maggie hat ihre Sportprüfu­ng auf der Polizeisch­ule verpatzt und beginnt nun einen Job in einer Security-Firma. Zufällig begegnet sie Tiger, ihrem totalen Gegenstück: Diese selbstbewu­sste Frau nimmt sich einfach, was sie will. Sie lebt in einem alten Bus und hängt gerne mit ihren Kiffer-Freunden ab. Die spontane Straßenbek­anntschaft erweist sich als Beginn einer wunderbare­n Freundscha­ft – und rigorosen Verwandlun­g zu „Vanilla the Killer“. „Höflichkei­t ist eine Gewalt gegen dich. Du musst einfach sagen, was du willst, und dann kriegst du’s auch“, erklärt Tiger ihre Philosophi­e.

Das Anti-Spießer-Spektakel stellt bei aller Situations­komik samt Martial Arts-Einlagen auch substanzie­lle Fragen. Ganz schön frech, wenn die Mädels vom hübschen Trottel im Einkaufsze­ntrum verlangen, die Hosen fallen zu lassen, weil sie ihn nach angebliche­m Diebesgut abtasten wollen. Eher bedenklich, was eine Security-Uniform so alles möglich macht, und völlig daneben ist es, wenn der Ego-Trip des Opfers zur Täter-Pöbelei mutiert. Absolut gelungen, wenn der Film im harmlos bonbon-farbenen Outfit clever provoziert, sich dem Thema Gewalt und ihrer Folgen zu stellen. *** OFilmstart in Augsburg

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Foto: Constantin Tiger (Ella Rumpf, rechts) und Maggie/ Vanilla (Maria Dragus)

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