Augsburger Allgemeine (Land West)
Schön frech und sehr provokant
„Tiger Girl“
Jungfilmer Jakob Lass gelang mit „Love Steaks“ein echter Coup: Die wichtigen Auszeichnungen hat er für sein minimalistisch komisches Impro-Beziehungsdrama erhalten und über 100000 Euro Preisgeld kassiert. Mit „Tiger Girl“ist wieder ein wildes Freestyle-Stück ohne festes Skript, dafür mit viel Improvisation entstanden.
Die schüchterne Maggie hat ihre Sportprüfung auf der Polizeischule verpatzt und beginnt nun einen Job in einer Security-Firma. Zufällig begegnet sie Tiger, ihrem totalen Gegenstück: Diese selbstbewusste Frau nimmt sich einfach, was sie will. Sie lebt in einem alten Bus und hängt gerne mit ihren Kiffer-Freunden ab. Die spontane Straßenbekanntschaft erweist sich als Beginn einer wunderbaren Freundschaft – und rigorosen Verwandlung zu „Vanilla the Killer“. „Höflichkeit ist eine Gewalt gegen dich. Du musst einfach sagen, was du willst, und dann kriegst du’s auch“, erklärt Tiger ihre Philosophie.
Das Anti-Spießer-Spektakel stellt bei aller Situationskomik samt Martial Arts-Einlagen auch substanzielle Fragen. Ganz schön frech, wenn die Mädels vom hübschen Trottel im Einkaufszentrum verlangen, die Hosen fallen zu lassen, weil sie ihn nach angeblichem Diebesgut abtasten wollen. Eher bedenklich, was eine Security-Uniform so alles möglich macht, und völlig daneben ist es, wenn der Ego-Trip des Opfers zur Täter-Pöbelei mutiert. Absolut gelungen, wenn der Film im harmlos bonbon-farbenen Outfit clever provoziert, sich dem Thema Gewalt und ihrer Folgen zu stellen. *** OFilmstart in Augsburg