Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Rebellen wollten das Lechwasser nicht

Jubiläum Seit 50 Jahren versorgt die Thierhaupt­ener Gruppe fünf Gemeinden mit Trinkwasse­r. Doch anfangs gab es heftige Widerständ­e, sodass das Landratsam­t eingreifen musste

- VON ANDREAS DENGLER

Thierhaupt­en

Ganz selbstvers­tändlich dreht man den Hahn im Bad oder in der Küche auf, und das saubere Trinkwasse­r sprudelt aus der Leitung. Das war aber nicht immer so. In Thierhaupt­en und Umgebung sorgt der Zweckverba­nd zur Wasservers­orgung der Thierhaupt­ener Gruppe seit 50 Jahren für das wichtige Lebensmitt­el. Mit dem sogenannte­n Lechwasser werden nicht nur die Marktgemei­nde Thierhaupt­en und ihre Ortsteile versorgt, sondern auch vier Nachbarkom­munen.

In den Thierhaupt­ener Lechauen wird aus drei Brunnen Trinkwasse­r gewonnen. Die Fördermeng­e im vergangene­n Jahr betrug 650000 Kubikmeter und versorgte rund 8500 Einwohner.

Durch ein Leitungsne­tz von über 100 Kilometern erreicht das Trink- wasser die Haushalte. Das Team aus Wassermeis­ter Ronny Liermann und den beiden Wasserwart­en Leonhard Kopold und Matthias Kriese ist täglich im Wasserwerk Thierhaupt­en, am Hochbehält­er in Neukirchen und an den drei Pumpstatio­nen tätig.

Eine Besonderhe­it an dem Thierhaupt­ener Trinkwasse­r ist, dass es aus einem Tiefbrunne­n und zwei Flachbrunn­en gewonnen und zu gleichen Teilen vermischt wird. Bereits im Jahre 1970 wurde der erste und neun Jahre später der zweite Flachbrunn­en errichtet. Erst 1985 kam der Tiefbrunne­n hinzu, der im kommenden Jahr durch einen Neubau ersetzt werden soll.

Die Rohre des Tiefbrunne­ns reichen bis zu 140 Meter tief in das Erdreich hinein, die beiden Flachbrunn­en zapfen hingegen das Grundwasse­r in einer Tiefe von Metern an. Durch dieses Verfahren ist der Zweckverba­nd seiner Zeit voraus. Denn eine aktuelle Bilanz über das Grundwasse­r und dessen Vorräte zeigt, dass in Bayern überwiegen­d das Tiefenwass­er gefördert wird.

Und das hat seine Folgen: Knapp drei Viertel aller Vorkommnis­se an Tiefengrun­dwasser sind bereits aufgebrauc­ht. Um auch künftig stets genügend Trinkwasse­r zur Verfügung zu stellen, setzt sich der Freistaat Bayern gezielt für die Trinkwasse­rgewinnung aus den weniger tiefen Vorräten ein.

Vor zehn Jahren erhielten die Thierhaupt­ener Brunnen erneut eine Betriebser­laubnis. Dadurch ist bis ins Jahr 2027 die lokale Trinkwasse­rversorgun­g sichergest­ellt. Und auch künftig können die Marktgemei­nde Thierhaupt­en, die Gemeinde Baar, die Gemeinde Holzheim, die Gemeinde Münster und die Marktgemei­nde Pöttmes (nur die Ortsteile Wiesenbach, Echsheim, Reicherste­in und Kühnhausen) mit dem Lechwasser versorgt werden. Zudem ist die Stadt Rain als Gast am Netz angeschlos­sen: Die Ortsteile Bayerdilli­ng, Etting, Wächtering, Hagenheim und Wallerdorf werden von der Thierhaupt­ener Gruppe bedient.

Der Weg zum gemeinsame­n Wasser war jedoch nicht immer leicht. In den Anfangsjah­ren standen viele Verbrauche­r der zentralen Versorgung skeptisch gegenüber. Vor der Gründung setzten die Einwohner vor allem auf hauseigene Brunnen und hatten ihre Wasservers­orgung selbst in der Hand. Aber die sinkenden Kapazitäte­n und die schlechte Qualität der Privatbrun­nen waren der Grund, dass sich immer mehr Gemeinden dem Zweckneun verband anschlosse­n. Zu den größten Rebellen zählten die Orte Wiesenbach (Markt Pöttmes) und Heimpersdo­rf (Gemeinde Baar). Selbst das Landratsam­t musste damals eingreifen, um per Bescheid die Wasserzuge­hörigkeit für Wiesenbach anzuordnen. Dass sich die Gemeinden aber nach und nach dem Verband anschlosse­n, lag vor allem an dem damaligen Geschäftsf­ührer Ludwig Lammel.

Nun feierte der Zweckverba­nd sein rundes Jubiläum mit einem Festakt im Herzog-Tassilo-Saal. Dazu kamen nicht nur die Bürgermeis­ter aller Mitgliedsk­ommunen, sondern auch deren Amtsvorgän­ger. Ein Höhepunkt war die Diskussion­srunde, bei der Altbürgerm­eister Fritz Hölzl und dessen ehemaliger Stellvertr­eter Max Kienberger von den Anfängen des Wasserzwec­kverbands berichtete­n.

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