Augsburger Allgemeine (Land West)
Über das Leben des Komponisten Werner Egk
Oberhausen Marianne Schuber erinnert im Museumsstüble regelmäßig an den ebenso verehrten wie umstrittenen Augsburger Künstler
In der Stadt seiner Kindheit und Jugend wird die Erinnerung an den Komponisten Werner Egk auch mehr als 30 Jahre nach seinem Tod gepflegt: Im Oberhauser Museumsstüble geht es einmal im Monat um sein Leben und Werk. Marianne Schuber, Leiterin des Museumsstübles, hat allerdings den Eindruck, dass die städtische Kulturpolitik Egks Andenken lieber einschlafen lassen möchte. Der Komponist werde nicht mehr gewürdigt, seine Werke würden nicht mehr auf die Bühne gebracht.
Für Egk-Anhänger wie Marianne Schuber gibt es keinen Grund, sich seines Sohnes zu schämen. „Ihm geschieht Unrecht“, sagt sie und erinnert an seinen schweren Weg bis zum künstlerischen Durchbruch. Außerdem sei Egk von nobler und humanistischer Gesinnung und ganz bestimmt kein Nazi gewesen. Die Historikerin spielt mit ihren Worten auf eine Diskussion an, die ein pensionierter Lehrer aus NordrheinWestfalen Anfang des Jahres auslöste.
Er hatte sich nicht nur an Egks Geburtsstadt Donauwörth, sondern auch an Augsburg gewandt, weil im Stadtteil Oberhausen ein Weg und eine Schule nach dem Künstler benannt sind. Er könne es nicht verstehen, dass eine Schule den Namen eines Mannes trägt, der für seine Musikkomposition für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin Adolf Hitlers Goldmedaille erhielt und der es im Zweiten Weltkrieg auf die „Gottesbegnadetenliste“schaffte.
Nach Ansicht von Schuber wäre es zu viel verlangt gewesen, hätte Egk seine Musikerlaufbahn wegen des neuen diktatorischen Regimes aufgeben sollen.
Sein Vater, der Lehrer Joseph Mayer, war 1909 nach Oberhausen gekommen. Da war Werner Egk acht Jahre alt. Mayer gründete 1916 einen Kinderkrippenverein, aus dem das Josefinum hervorging. Er wollte, dass sein Sohn in den Postdienst geht, und sah Musizieren als brotlose Kunst an.
Weitgehend ohne Unterstützung musste Egk sein Studium in Frankfurt am Main und München (unter anderem bei Carl Orff) selbst finanzieren. Er ernährte sich aus Mangel an Geld meist von Mehlbrei, erzählt Marianne Schuber.
In Oberhausen ist noch das Gebäude in der Zollernstraße erhalten, in dem sich der „Himmelwirt“befand. Hier trafen sich Honoratioren, und Werner Egk war, wie Schuber sagte, dort als Pianist zu erleben. Egk habe Augsburg geliebt, sei aber mit seiner Frau Elisabeth oft auf Konzertreisen gewesen.
Auch bei Egks Heiratsplänen stellte sich der Vater quer. Mit der Geigerin Elisabeth Karl (aus den drei Anfangsbuchstaben bildete er seinen Künstlernamen) verlobte er sich 1923, aber Joseph Mayer hielt ihm vor, keinen Berufsabschluss und keine Anstellung zu haben. Während der Vater sich zu Exerzitien in Maria Stern aufhielt, wollte das junge Paar ihm ihre bevorstehende Vermählung schonend beibringen. Er war jedoch außer sich und bemühte sich beim Oberhauser Pfarrer, der Familie der Braut und sogar bei der Polizei, die Hochzeit zu verhindern – vergeblich.
Es dauerte bis 1930, bis Egk eine Stelle beim Bayerischen Rundfunk fand und von seiner Musik einigermaßen leben konnte. Ab 1936 war er dann allerdings in Berlin als Komponist und Dirigent erfolgreich; Reichspropagandaminister Joseph Goebbels schätzte ihn sehr. Egk hatte auch Funktionen in der Reichsmusikkammer.
In den Augen von Marianne Schuber war er aber alles andere als ein Nazi und auch kein gewissenloser Mitläufer. Sie hat ihn nie persönlich kennengelernt, aber ins Museumsstüble kommen nach ihren Worten noch heute Menschen, die ihn kannten.
Eine Frau, deren Mutter mit Egks erster Freundin bekannt war, habe ihn als interessante Persönlichkeit und anregenden Gesprächspartner kennengelernt.
Schuber erinnert auch an das Schicksal von Egks Sohn Titus. Weil er nicht linientreu war, wurde er im Zweiten Weltkrieg an die vorderste Front gestellt und galt als vermisst. Für die Eltern sei das eine Tragödie gewesen.
Schuber war bekannt mit Schwester Engeltraud, der jüngeren Schwester Werner Egks. Als sie das Gymnasium Maria Stern besuchte, war sie, die ursprünglich Maria Mayer hieß, ihre Sportlehrerin. Schwester Engeltraud war bekannt dafür, dass sie noch im hohen Alter die Schwangerengymnastik am Josefinum leitete. Von ihr wisse sie, dass Werner Egk in der Nazizeit vielen Menschen im Stillen und Geheimen geholfen habe.