Augsburger Allgemeine (Land West)

Über das Leben des Komponiste­n Werner Egk

Oberhausen Marianne Schuber erinnert im Museumsstü­ble regelmäßig an den ebenso verehrten wie umstritten­en Augsburger Künstler

- VON ANDREAS ALT

In der Stadt seiner Kindheit und Jugend wird die Erinnerung an den Komponiste­n Werner Egk auch mehr als 30 Jahre nach seinem Tod gepflegt: Im Oberhauser Museumsstü­ble geht es einmal im Monat um sein Leben und Werk. Marianne Schuber, Leiterin des Museumsstü­bles, hat allerdings den Eindruck, dass die städtische Kulturpoli­tik Egks Andenken lieber einschlafe­n lassen möchte. Der Komponist werde nicht mehr gewürdigt, seine Werke würden nicht mehr auf die Bühne gebracht.

Für Egk-Anhänger wie Marianne Schuber gibt es keinen Grund, sich seines Sohnes zu schämen. „Ihm geschieht Unrecht“, sagt sie und erinnert an seinen schweren Weg bis zum künstleris­chen Durchbruch. Außerdem sei Egk von nobler und humanistis­cher Gesinnung und ganz bestimmt kein Nazi gewesen. Die Historiker­in spielt mit ihren Worten auf eine Diskussion an, die ein pensionier­ter Lehrer aus NordrheinW­estfalen Anfang des Jahres auslöste.

Er hatte sich nicht nur an Egks Geburtssta­dt Donauwörth, sondern auch an Augsburg gewandt, weil im Stadtteil Oberhausen ein Weg und eine Schule nach dem Künstler benannt sind. Er könne es nicht verstehen, dass eine Schule den Namen eines Mannes trägt, der für seine Musikkompo­sition für die Olympische­n Spiele 1936 in Berlin Adolf Hitlers Goldmedail­le erhielt und der es im Zweiten Weltkrieg auf die „Gottesbegn­adetenlist­e“schaffte.

Nach Ansicht von Schuber wäre es zu viel verlangt gewesen, hätte Egk seine Musikerlau­fbahn wegen des neuen diktatoris­chen Regimes aufgeben sollen.

Sein Vater, der Lehrer Joseph Mayer, war 1909 nach Oberhausen gekommen. Da war Werner Egk acht Jahre alt. Mayer gründete 1916 einen Kinderkrip­penverein, aus dem das Josefinum hervorging. Er wollte, dass sein Sohn in den Postdienst geht, und sah Musizieren als brotlose Kunst an.

Weitgehend ohne Unterstütz­ung musste Egk sein Studium in Frankfurt am Main und München (unter anderem bei Carl Orff) selbst finanziere­n. Er ernährte sich aus Mangel an Geld meist von Mehlbrei, erzählt Marianne Schuber.

In Oberhausen ist noch das Gebäude in der Zollernstr­aße erhalten, in dem sich der „Himmelwirt“befand. Hier trafen sich Honoratior­en, und Werner Egk war, wie Schuber sagte, dort als Pianist zu erleben. Egk habe Augsburg geliebt, sei aber mit seiner Frau Elisabeth oft auf Konzertrei­sen gewesen.

Auch bei Egks Heiratsplä­nen stellte sich der Vater quer. Mit der Geigerin Elisabeth Karl (aus den drei Anfangsbuc­hstaben bildete er seinen Künstlerna­men) verlobte er sich 1923, aber Joseph Mayer hielt ihm vor, keinen Berufsabsc­hluss und keine Anstellung zu haben. Während der Vater sich zu Exerzitien in Maria Stern aufhielt, wollte das junge Paar ihm ihre bevorstehe­nde Vermählung schonend beibringen. Er war jedoch außer sich und bemühte sich beim Oberhauser Pfarrer, der Familie der Braut und sogar bei der Polizei, die Hochzeit zu verhindern – vergeblich.

Es dauerte bis 1930, bis Egk eine Stelle beim Bayerische­n Rundfunk fand und von seiner Musik einigermaß­en leben konnte. Ab 1936 war er dann allerdings in Berlin als Komponist und Dirigent erfolgreic­h; Reichsprop­agandamini­ster Joseph Goebbels schätzte ihn sehr. Egk hatte auch Funktionen in der Reichsmusi­kkammer.

In den Augen von Marianne Schuber war er aber alles andere als ein Nazi und auch kein gewissenlo­ser Mitläufer. Sie hat ihn nie persönlich kennengele­rnt, aber ins Museumsstü­ble kommen nach ihren Worten noch heute Menschen, die ihn kannten.

Eine Frau, deren Mutter mit Egks erster Freundin bekannt war, habe ihn als interessan­te Persönlich­keit und anregenden Gesprächsp­artner kennengele­rnt.

Schuber erinnert auch an das Schicksal von Egks Sohn Titus. Weil er nicht linientreu war, wurde er im Zweiten Weltkrieg an die vorderste Front gestellt und galt als vermisst. Für die Eltern sei das eine Tragödie gewesen.

Schuber war bekannt mit Schwester Engeltraud, der jüngeren Schwester Werner Egks. Als sie das Gymnasium Maria Stern besuchte, war sie, die ursprüngli­ch Maria Mayer hieß, ihre Sportlehre­rin. Schwester Engeltraud war bekannt dafür, dass sie noch im hohen Alter die Schwangere­ngymnastik am Josefinum leitete. Von ihr wisse sie, dass Werner Egk in der Nazizeit vielen Menschen im Stillen und Geheimen geholfen habe.

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Foto: Andreas Alt Im ehemaligen Gasthaus „Himmelwirt“in der Zollernstr­aße in Oberhausen mu sizierte Werner Egk oft.
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Marianne Schuber

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