Augsburger Allgemeine (Land West)

Wo ein armer Pfarrer Geschichte schrieb

Kirchenser­ie Das Kloster von Bad Wörishofen ist die Keimzelle der Kneipp-Kur. Doch hinter den Mauern gibt es noch andere Schätze

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen

Preisfrage: Was ist die „Wörishofer Logik“? Damit können Sie auch bei alteingese­ssenen Bürgern des Kurorts noch punkten. Die Antwort geht so: ohne Christina von Fronhofen kein Dominikane­rinnenklos­ter. Ohne Dominikane­rinnenklos­ter kein Sebastian Kneipp. Ohne Sebastian Kneipp keine Kneipp-Kur – und ohne Kneipp-Kur kein Bad Wörishofen. So einfach – so logisch – ist das.

Das Kloster der Dominikane­rinnen ist die Wiege der Kneipp-Kur, wie wir sie kennen. Kneipps Therapie heilte Arme und Mächtige, sie machte aus dem Bauerndorf Wörishofen ein weltbekann­tes Heilbad – und einen armen Landpfarre­r zum Helfer der Menschheit. Seit 2015 ist die Kneipp-Kur offiziell immateriel­les UnescoKult­urerbe Deutschlan­ds. Zeit also, sich diese Keimzelle der berühmten Gesundheit­slehre genauer anzusehen. Zumal es noch einen weiteren guten Grund für einen Abstecher in das Kloster im Herzen der größten Stadt des Landkreise­s Unterallgä­u gibt.

Nicht umsonst nennen Kenner die Klosterkir­che von Bad Wörishofen liebevoll „die kleine Schwester der Wies“. Denn noch bevor der berühmte Stuckateur und Baumeister Dominikus Zimmermann aus Landsberg die Wieskirche in Steingaden gestaltete, war er in der Klosterkir­che tätig. Dort verzierte er das Kirchensch­iff mit weißem Stuck auf wechselnd farbigem Untergrund. Diese Pracht nimmt einen beim Betreten des barocken Kleinods sofort gefangen. Zimmermann­s Todestag jährt sich am 16. November 2016 übrigens zum 250. Mal. Dazu kommen opulente Fresken, ebenfalls aus Meisterhan­d. Der Konstanzer Barockmale­r Carl Stauder und der Münchner Hofmaler Johann Baptist Zimmermann waren hier am Werk. Am besten hinsetzen, den Blick nach oben richten und sich Zeit nehmen. Es lohnt sich. Ein bisschen Entschleun­igung vom Alltag gibt es quasi nebenbei – ganz im Sinne Kneipps.

Der Priester wurde am 2. Mai 1855 zum Beichtvate­r des Klosters berufen. Kneipp sollte dort den Neuanfang nach der Säkularisa­tion gestalten. Allerdings sorgte seine Herangehen­sweise zunächst für Spannungen im Kloster, dessen streng abgeschott­ete Welt Kneipp durch den ausgelöste­n Kurboom mehr oder weniger aus den Angeln hob. Kneipp brachte dem Kloster aber viel Gutes, denn er war auch wirtschaft­lich und landwirtsc­haftlich begabt. Das Kloster ließ ihn auch nicht los, als König Ludwig II. ihn 1881 zum Pfarrer von Bad Wörishofen ernannte. Kneipp blieb Beichtvate­r, starb letztlich auch im Kloster, liebevoll gepflegt von den Schwestern. Er bedachte das Kloster in seinem Testament überaus großzügig, etwa mit den Einnahmen aus seinem Buch „Codizill“für alle Zeit. Das Zimmer, in dem Kneipp am 17. Juni 1897 starb, ist von außen am Klostergeb­äude mit einer Steintafel markiert. In den Klostermau­ern hat man Kneipp ein eigenes Museum eingericht­et. Dort kann man seine Priesterge­wänder besichtige­n, seine Kanne für die Kneipp-Güsse und Ungewöhnli­ches wie die Püppchen in kleinen Betten. Sie dienten einst als Schulungsp­uppen für Kneipps Wickel.

Kneipp war die prägende Figur des Klosters – doch womöglich nicht die entscheide­nde. Womit wir wieder bei der „Wörishofer Logik“wären – die übrigens in der Klosterkir­che schriftlic­h verewigt wurde. Ohne Christina von Fronhofen hätte es das Kloster nicht gegeben. Kurzer Schwenk nach Augsburg: Christina, die Witwe des Heinrich von Wellenburg, schenkte im Jahr 1243 ihre Besitztüme­r in Bad Wörishofen dem Dominikane­rorden. Die Schenkungs­urkunde ist im Archiv des Bistums Augsburg bis heute erhalten. Christina tat dies in der Kirche St. Justina in Bad Wörishofen. Das Gotteshaus liegt dem Kloster gegenüber und ist ebenfalls einen Besuch wert. Kneipp prangt dort als Fresko an der Decke.

Einige Jahre später entstand in Augsburg das Kloster Sankt Katharina, dem Wörishofen dann praktisch gehörte. So ist es im Buch „Wörishofen“nachzulese­n, wo Klaus Ganzer die Geschichte des Klosters von Bad Wörishofen detaillier­t erzählt. In St. Katharina fiel aber erst im Jahr 1717 der Entschluss, in Wörishofen ein Kloster zu gründen. Dann ging es aber flott. 1721 zogen dort die ersten Schwestern ein, 1723 wurde die Klosterkir­che fertig. Den Wörishofer­n gefiel dies zunächst überhaupt nicht. Sie wehrten sich auch mithilfe evangelisc­her Anwälte gegen die Klosterher­rschaft, der Augsburger Bischof schickte sogar Soldaten in den Ort. Am Ende stand ein Kompromiss. Lange jedoch währte der Klosterfri­ede nicht. 1800 plünderten französisc­he Soldaten das Kloster, 1802 wurde es im Zuge der Säkularisa­tion Eigentum des Königreich­es Bayern.

Mit Kneipp ging es dann wieder bergauf. Von 1859 bis 1978 unterhielt das Kloster sogar eine Filiale im benachbart­en Türkheim, von 1930 bis 1994 in Oberaudorf. Auch für die Kurgäste waren die Schwestern immer da. Das „Kurhaus der Dominikane­rinnen“bestand von 1981 bis 2005. Mittlerwei­le betreibt Kolping im Kloster ein modernes Hotel. Derweil bleibt das Kloster der Stadt eng verbunden. 2010 gründeten die Schwestern eine Stiftung für Bad Wörishofen. Irgendwie logisch.

Darum nennen Kenner die Kirche die „kleine Wies“ Christina von Fronhofen ebnete einst den Weg Der Bischof schickte Soldaten in den Ort

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Fotos: Markus Heinrich Die Kirche des Klosters „Maria Königin der Engel“in Bad Wörishofen ist sehens wert. Die Stuckarbei­ten stammen von Dominikus Zimmermann, die prächtigen Fresken unter anderem von Johann Bap tist Zimmermann. Auch andere hochka rätige Künstler haben sich...
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Das Kloster Bad Wörishofen ist Wirk und Sterbeort von Pfarrer Kneipp. Sein Sterbezimm­er ist an der Mauer von au ßen mit einer Tafel markiert. Im Kloster befindet sich auch das Kneipp Museum mit Original Gusskanne und Schulungs puppen für Kneipp Wickel.
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