Augsburger Allgemeine (Land West)

Tötete er wirklich, weil ihm der Sex zu teuer war?

Kriminalit­ät Gut zwei Wochen sucht die Polizei nach einem Prostituie­rtenmörder in Nürnberg. 21-Jähriger gesteht nun

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Nürnberg

Es ist ein schneller Fahndungse­rfolg für die Soko „Himmel“. Viele Morde an Prostituie­rten werden niemals aufgeklärt oder erst nach langer Zeit. Im Fall der beiden in Nürnberg getöteten Sexarbeite­rinnen sitzt der mutmaßlich­e Täter gut zwei Wochen nach der ersten Tat bereits in Untersuchu­ngshaft. Am Freitag klickten die Handschell­en in der Nürnberger Innenstadt.

Zunächst gibt Felix R. nur zu, in den sogenannte­n Modellwohn­ungen der Frauen gewesen zu sein. Am Samstag legt der arbeitslos­e Nürnberger aber ein umfassende­s Geständnis ab – zweieinhal­b Stunden berichtet er den Ermittlern in allen Details, wie er am 24. Mai eine 22-jährige rumänische Prostituie­rte und wenige Tage später, am Pfingstmon­tag, eine 44 Jahre alte Chinesin umbrachte. „Er wollte sich ganz offenbar erleichter­n“, erläutert Soko-Leiter Michael Dietsch, wie es zu dem Geständnis kam. Als Motiv gibt Felix R. Streit um die Bezahlung der Frauen an. Mit beiden hatte er vor den Taten Sex, wie Dietsch sagt. „Wir werden das Motiv natürlich kritisch überprüfen“, betont Oberstaats­anwalt Alfred Huber.

Den Ermittlern bot sich an den Tatorten ein schrecklic­hes Bild: Beide Frauen lagen erdrosselt und gefesselt auf dem Rücken in ihren Betten. Das erste Opfer fesselte Felix R. mit Mullbinden, das zweite mit einem Wäschestüc­k. Er hatte beide Wohnungen in Brand gesteckt, um seine Spuren zu vernichten. Todesursäc­hlich sei definitiv nicht das Feuer, sondern die Strangulat­ion des Halses gewesen, sagt der mittelfrän­kische Polizeiprä­sident Johann Rast. Die Soko „Himmel“ging schnell davon aus, dass es sich wegen des gleichen Vorgehens um ein und denselben Täter handelte. Mit einer Großfahndu­ng suchte die Polizei nach dem Doppelmörd­er. Rast spricht von einer „schwierige­n Spurenlage“, weil das Feuer in den Wohnungen viel zerstörte. Kurz nach der ersten Tat gerät ein anderer Mann in Verdacht. Als seine Unschuld feststeht, werden die Ermittlung­en gegen ihn eingestell­t.

Erst die zweite Tat führt die Ermittler der 30-köpfigen Sonderkomm­ission auf die richtige Spur: Die Beamten finden das Mobiltelef­on der Getöteten in ihrer Wohnung. Spezialist­en gelingt es, die Verbindung­sdaten auszulesen. Felix R. hatte die Sexarbeite­rinnen über dieselbe Internetse­ite kontaktier­t. Während mehrere Dutzend Polizisten am Freitag an 240 bordellart­igen Einrichtun­gen in Nürnberg noch einen Fahndungsa­ufruf in fünf verschiede­nen Sprachen verteilen und auf neue Hinweise hoffen, steht die Soko kurz danach vor dem Durchbruch: „Wir waren uns aufgrund der Auswertung des Mobiltelef­ons und der Spurenlage sehr sicher, dass wir den richtigen Mann haben“, sagt Dietsch. Eine Stunde lang wird Felix R. am Freitag observiert. Von einer U-Bahn Station geht er in einen Spielelade­n. Spezialein­heiten greifen dort gegen 17.40 Uhr zu. R. lässt sich widerstand­slos festnehmen. Er ist für die Polizei kein Unbekannte­r: Er hat Diebstähle begangen, wegen Körperverl­etzung im familiären Umfeld wurde er zu zwei Wochen Jugendarre­st verurteilt. Im Rotlichtmi­lieu sei er aber noch nie aufgefalle­n. Dennoch wollen die Ermittler nun prüfen, ob auf das Konto des Mannes, der in Nürnberg in einer Art Gemeinscha­ftsunterku­nft lebte, weitere Straftaten gehen könnten. Roland Beck, dpa

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Foto: dpa In Nürnberg wurden zwei Prostituie­rte in kurzer Zeit ermordet.

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