Augsburger Allgemeine (Land West)

Opposition sieht im Diesel Skandal Staatsvers­agen

Bundestag Unionsobma­nn weist das zurück. Untersuchu­ngsausschu­ss gibt der EU die Schuld

- VON MARTIN FERBER

Schwere Geschütze fahren die beiden Opposition­sparteien im Bundestag gegen die Bundesregi­erung im Zusammenha­ng mit dem VW-Abgasskand­al auf. Vom „größten Wirtschaft­sskandal in der Geschichte der Bundesrepu­blik“sprechen Grüne und Linke vor der letzten Sitzung des Abgas-Untersuchu­ngsausschu­sses des Bundestags am heutigen Donnerstag, bei der der Abschlussb­ericht verabschie­det werden soll, bevor er an Bundestags­präsident Norbert Lammert (CDU) übergeben wird.

Die Beweisaufn­ahme habe eindeutig ergeben, dass ein „organisier­tes Staatsvers­agen“den Abgasbetru­g erst möglich gemacht habe, die Folge seien „tausende vorzeitige Todes- und noch viel mehr Krankheits­fälle aufgrund verkehrsbe­dingter Luftschads­toffe“, sagen Herbert Behrens von der Linken und Oliver Krischer von den Grünen am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellun­g ihres Minderheit­envotums. Die Bundesregi­erung sei seit langem darüber informiert gewesen, dass Dieselauto­s zwar auf dem Rollenprüf­stand die strengen Abgasgrenz­werte einhalten würden, nicht jedoch im Realbetrie­b auf den Straßen. Gleichwohl seien entspreche­nde Berichte des Umweltbund­esamtes ignoriert worden, das Kraftfahrt­bundesamt habe eine „Kultur des Wegschauen­s“unterstütz­t.

Die Union weist diese Vorwürfe mit aller Entschiede­nheit zurück. „Der Abgasskand­al ist ein VWSkandal und kein Skandal der Bundesregi­erung“, sagt der Obmann der CDU/CSU-Fraktion, Ulrich Lange (Nördlingen), gegenüber unserer Zeitung. Der Ausschuss sei zu dem Ergebnis gekommen, dass kein Mitglied der Bundesregi­erung von den Software-Manipulati­onen gewusst habe. Schwere Vorwürfe erhebt Lange in Richtung VW. „Das Aufklärung­sinteresse von VW war gering.“Der Auftritt des früheren VW-Chefs Martin Winterkorn vor dem Gremium sei „enttäusche­nd“gewesen. Keinerlei Anhaltspun­kte gibt es nach Ansicht des CSU-Politikers für den Vorwurf der Opposition, die Autoindust­rie habe einen zu starken Einfluss auf die Politik und bestimme das Handeln. Dass es einen Austausch zwischen der Politik und der Industrie gebe, sei normal, sagt Lange, „aber die Regierung ist kein verlängert­er Arm der Automobili­ndustrie“.

Im Entwurf ihres gemeinsame­n Mehrheitsv­otums, das unserer Zeitung vorliegt, schieben CDU/CSU und SPD den Schwarzen Peter nach Europa. „Im Zuge der Untersuchu­ng wurde eine deutliche Unschärfe der europäisch­en Vorschrift zur Bewertung der Zulässigke­it und Unzulässig­keit von Abschaltei­nrichtunge­n deutlich“, heißt es. Diese „Regelungsl­ücke“konnten die Hersteller „systematis­ch ausnutzen“. Die Koalitionä­re fordern daher als Konsequenz aus dem Abgasskand­al eine Präzisieru­ng des EU-Rechts sowie eine „zügige Weiterentw­icklung der Abgasgeset­zgebung“. Lesen Sie dazu auch den Kommen

tar. Warum die Diesel-Abgase so gefährlich sind, erfahren Sie auf Wirtschaft.

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