Augsburger Allgemeine (Land West)

Wurde ein Kurzurlaub zum Horrortrip?

Justiz Ein 47-Jähriger soll eine Frau verschlepp­t und viermal vergewalti­gt haben. Er streitet alles ab, stellt sich selbst als das Opfer dar. Am Landgerich­t Ingolstadt hat ein schwierige­r Prozess begonnen

- VON STEFAN KÜPPER

Ingolstadt

Sie schildert einen Horrortrip, während dem sie aus dem Landkreis Eichstätt über Prag in die Slowakei verschlepp­t und vier Mal vergewalti­gt wurde. Bis die Polizei sie schließlic­h nach vier Tagen im Frühstücks­raum eines Hotels in Levcoa befreite. Sie sagt: „Ich habe versucht das auszuhalte­n, weil ich dachte meiner Familie passiert etwas.“Er streitet alles ab und sagt: Sie lügt. Er habe sie und ihre Familie nicht mit dem Tod oder der Russenmafi­a gedroht. Sie habe ihn gewollt, und sein Geld. „Ich habe keine Fehler gemacht. In meinem Innern weiß ich, dass ich unschuldig bin. Und ich sitze jetzt schon seit einem Jahr.“

Er, ein 47-jähriger Mann aus dem Landkreis Ansbach, muss sich seit gestern am Landgerich­t Ingolstadt verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft Ingolstadt wirft ihm Geiselnahm­e, Vergewalti­gung und Körperverl­etzung vor. Er soll sie, eine 55-jährige verheirate­te Frau und Mutter, am 3. Mai vergangene­n Jahres in seine Gewalt gebracht und sich an den folgenden Tagen mehrfach an ihr vergangen haben.

Kennengele­rnt hatten die beiden sich in einer Notschlafs­telle in der Nähe von München. Sie hatte dort gearbeitet. Er habe ihr erzählt, so schilderte die Frau es vor Gericht, er habe eine Gartenbauf­irma, habe einen Hof geerbt und erhalte darüber hinaus monatliche Entschädig­ungszahlun­gen in fünfstelli­ger Höhe, da er in der ehemaligen DDR misshandel­t worden sei. Wegen seiner schweren Kindheit und dem, was er alles habe erleben müssen, brauche er eine Betreuerin, eine Art Assistenti­n. Dass er trotz seines Geldes ab und zu in einer Notunterku­nft übernachte, habe er damit erklärt, dass er sich immer mal wieder auch an sein früheres Leben erinnern wolle. Er hatte über Jahre immer wieder auch auf der Straße und von Gelegenhei­tsjobs gelebt.

Man kam sich näher, die Frau ging auf sein Angebot ein und kündigte. Sie ließ sich von ihm anstellen. Er habe ihr einen Stundenloh­n von 75 Euro und ein Dienstauto angeboten. Bevor Anfang Mai alles eskalierte, hatte sie ihn schon mehrere Tage quer durch Deutschlan­d begleitet. Dabei habe er versucht, diverse geschäftli­che Dinge auf die seine frühere Geliebte. Die 64-Jährige ist wegen Beihilfe zur Freiheitsb­eraubung mitangekla­gt. Er soll sie dorthin bestellt haben, damit sie beim Tanken auf die Gefesselte aufpasse. Seine Ex bestätigte, dass sie gesehen habe, dass der Mund der Frau mit „irgendetwa­s“verschloss­en gewesen sei. Dass sie damals nicht die Polizei gerufen habe, belaste ihr Gewissen unerträgli­ch. Sie war früher bei der Heilsarmee, hatte über Jahre eine Beziehung mit dem Angeklagte­n und auch sein Leben auf der Straße geteilt. Sie sei an der Tankstelle der Überzeugun­g gewesen, dass ihr früherer Partner und seine neue „Betreuerin“ein Paar seien. Und sie habe ihm noch gesagt: „Mach keinen Scheiß.“

Der Angeklagte sagte gestern lange und ausführlic­h aus. Er sieht sich als das Opfer von Lügen. Die 55-Jährige habe weg von ihrem Mann und der Familie und ein neues Leben mit ihm gewollt. Der Sex sei einvernehm­lich gewesen.

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