Augsburger Allgemeine (Land West)

Was bringt das neue Heiratsges­etz?

Fragen & Antworten Ab wann die „Ehe für alle“gelten soll, welche Hürden es noch gibt und was sich für Betroffene ändert

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Berlin

Jahrhunder­telang konnten in Deutschlan­d nur Mann und Frau eine Ehe schließen. Jetzt aber sollen auch Homosexuel­le heiraten dürfen. Wichtige Fragen und Antworten, was die Umsetzung des neuen Rechts in der Praxis bedeutet:

Was ändert sich durch das neue Gesetz?

Bislang hieß es in Paragraf 1353 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es: „Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlosse­n.“Nun soll der Satz lauten: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiede­nen oder gleichen Geschlecht­s auf Lebenszeit geschlosse­n. Auch Homosexuel­le können damit künftig „verheirate­t“sein, bislang konnten sie sich nur „verpartner­n“. Praktische Auswirkung­en hat die Änderung insbesonde­re bei der Adoption von Kindern: Auch zwei verheirate­te Frauen oder zwei verheirate­te Männer können künftig gemeinsam Kinder adoptieren, was bislang nicht möglich war.

Was passiert mit den bestehende­n Lebenspart­nerschafte­n, werden sie automatisc­h umgewandel­t?

Nein, mit dem Gesetz werden nicht alle bereits geschlosse­nen Lebenspart­nerschafte­n Homosexuel­ler in eine Ehe umgewandel­t. Vielmehr müssen die verpartner­ten Paare, die eine Ehe wollen, persönlich und gemeinsam erneut vor einen Standesbea­mten treten. Bereits bestehende Lebenspart­nerschafte­n können auch weitergefü­hrt werden. Neue Lebenspart­nerschafte­n können aber nicht mehr geschlosse­n werden, sobald das Gesetz in Kraft getreten ist.

Wann kann die erste Ehe homosexuel­ler Paare geschlosse­n werden?

Das Gesetz ist im Bundesrat nicht zustimmung­spflichtig. Allerdings muss die Länderkamm­er ausdrückli­ch auf das Anrufen des Vermittlun­gsausschus­ses verzichten, was aufgrund der Mehrheitsv­erhältniss­e unproblema­tisch sein dürfte. Dies könnte in der letzten Bundesrats­sitzung vor der Sommerpaus­e am 7. Juli geschehen. Anschließe­nd landet das Homo-Ehe-Gesetz bei Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier. Durchschni­ttlich dauert die Prüfung von Gesetzen durch das Staatsober­haupt zwei Wochen. Mit Steinmeier­s Unterschri­ft kann die Neuordnung dann in Kraft treten. Die Standesämt­er sollen drei Monate Zeit zur Vorbereitu­ng bekommen – erste Homo-Ehen könnten also im Herbst geschlosse­n werden.

Was bedeutet das neue Gesetz für die Standesämt­er?

Der Verband der Deutschen Standesbea­mten rechnet damit, dass nach der Einführung der Ehe für Homosexuel­le zusätzlich­e Arbeit auf die Kollegen zukommt. „Die ersten Anrufe laufen jetzt schon bei den Standesämt­ern ein“, sagte Geschäftsf­ührer Gerhard Bangert. Die Menschen würden fragen, wann man heiraten oder bestehende Lebenspart­nerschafte­n in Ehen umwandeln könne.

Kann das Verfassung­sgericht die „Ehe für alle“noch zu Fall bringen?

Theoretisc­h ja. Mehrere Unionsabge­ordnete erwägen eine Klage vor dem Bundesverf­assungsger­icht. Sie sind der Ansicht, dass eine einfache Änderung des Bürgerlich­en Gesetzbuch­s für eine so tief greifende gesellscha­ftliche Entscheidu­ng nicht ausreicht. Auch Kanzlerin Angela Merkel begründete so ihr Nein. „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatliche­n Ordnung“, heißt es in Artikel 6 der Verfassung. Für eine Grundgeset­zänderung wäre aber eine Zweidritte­lmehrheit im Bundestag erforderli­ch. Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) hält wegen des Wandels des traditione­llen Eheverstän­dnisses in der Gesellscha­ft eine Grundgeset­zänderung dagegen nicht für erforderli­ch.

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Foto: Kumm, dpa Bauministe­rin Barbara Hendricks mit einem weiblichen Hochzeitsp­ärchen: Die SPD Politikeri­n machte ihrer Partnerin gestern gleich einen Heiratsant­rag.

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