Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Gehilfe im Hintergrund
Porträt Als Präfekt der Glaubenskongregation wird Luis Ladaria Ferrer einer der mächtigsten Männer im Vatikan. Was unterscheidet ihn von Vorgänger Müller?
Als Luis Ladaria Ferrer einmal nach den Aufgaben der Glaubenskongregation gefragt wurde, antwortete der spanische Prälat, die Vatikanbehörde solle den katholischen Glauben verbreiten und schützen. „Erst verbreiten, und dann, wenn nötig, auch schützen.“
Nun hat Papst Franziskus den bisherigen Sekretär Ladaria als neuen Präfekten der Glaubenskongregation nominiert. Ladaria ist wie Jorge Bergoglio Jesuit. Dass zwei Jesuiten zwei der drei wichtigsten Ämter in der katholischen Kirche besetzen – das gab es noch nicht.
Ladaria gilt in Rom als die Reserviertheit in Person. Das ist einer der Gründe, warum der 73-Jährige den von Franziskus geschassten deutschen Kardinal Gerhard Ludwig Müller beerben soll. Müller veröffentlichte Bücher, gab ständig Interviews, die dann auf Kompatibilität mit dem Papst abgeklopft wurden, oft mit dem Ergebnis: Die Chemie zwischen beiden stimmt nicht.
Selbiges wird man über das Verhältnis Bergoglio-Ladaria nur schwer behaupten können. Bereits vor einem Jahr vertraute der Papst dem 1944 in Manacor auf Mallorca geborenen Prälaten den Vorsitz für eine neu geschaffene Kommission zur Prüfung des Frauendiakonats an. Während Müller das Diakonat für Frauen a priori ausschloss, begnügte Ladaria sich mit dem Auftrag, den der Papst ihm gegeben hatte. Er lässt theologische Fragen klären, ohne selbst ein endgültiges Urteil zu fällen. So muss man sich auch das künftige Wirken der einflussreichen Glaubenskongregation vorstellen, mit einem Chef, der nicht Protagonist, sondern Gehilfe im Hintergrund ist. Ladaria dabei als progressiven Kleriker zu beschreiben, wäre falsch. Der Spanier lehnt Abtreibungen und die Homo-Ehe kategorisch ab und folgt damit der geltenden katholischen Doktrin. Ladaria wurde 2008 vom damaligen Papst Benedikt zum Sekretär der Kongregation ernannt, seine Beförderung ist ein Zeichen der Kontinuität. Der Spanier zählt, wie einst auch Bergoglio, zum konservativen Flügel der Jesuiten. Geprägt wurde er unter anderem während eines TheologieStudiums an der Philosophischen Hochschule in Sankt Georgen bei Frankfurt. Seither spricht er auch relativ gut Deutsch.
Ob Ladaria geeignet ist, frischen Wind in die Glaubenskongregation zu bringen? Die Behörde ist auch für die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen im Klerus zuständig. Die Zeitung La Repubblica berichtet von einem Fall, in dem Ladaria einen Serientäter gedeckt haben soll. Der italienische Priester Giovanni T. wurde von der Kongregation wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zwar in den Laienstand versetzt. Ladaria und sein damaliger Vorgesetzter, Kardinal William Joseph Levada, aber sorgten offenbar dafür, dass niemand von den Taten erfuhr. Nach seiner Laisierung betätigte T. sich als Fußballtrainer und missbrauchte erneut Kinder. Im Juli 2016 wurde er zu acht Jahren Haft verurteilt. Julius Müller-Meiningen