Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit dem Doppeldeck­er aus Neu Ulm in die Ferne

Fahrzeuge Ein Bus zum Preis eines Einfamilie­nhauses feierte am Mittwoch Weltpremie­re. Große Erwartunge­n lasten auf dem Setra-Modell

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Neu Ulm/Stuttgart

Eine Weltpremie­re mit großem Tamtam in Stuttgart am Fernsehtur­m: Um Punkt 16 Uhr fällt der silberne Vorhang und zum Vorschein kommt ein Doppeldeck­er, der so viel kostet wie ein schönes Einfamilie­nhaus. Der zweistöcki­ge Luxusreise­bus aus dem Hause Setra wurde nach knapp 15 Jahren neu aufgelegt. Künftig wird täglich ein „S 531 DT“– so die Modellbeze­ichnung – in Neu-Ulm vom Band laufen. Was angesichts von 13 Bussen, die derzeit täglich im Daimler-Werk in Neu-Ulm produziert werden, eine stattliche Anzahl ist.

Das Evobus Werk in Neu-Ulm ist das „Kompetenzz­entrum für Reisebusse“, wie der Chef der DaimlerBus­sparte, Hartmut Schick, sagt. Allein in den Jahren 2013 bis 2017 habe Daimler über 50 Millionen Euro in Neu-Ulm investiert, wo auch die Busse entwickelt werden. Unter dem Strich habe Daimler in Entwicklun­g und Produktion der neuen Reisebusge­neration rund 400 Millionen Euro investiert. Der neue Doppeldeck­er soll die Krönung davon sein. Auch das Thema Sicherheit gehört freilich dazu: Im neuen Doppeldeck­er von Setra feiern gleich zwei neue Sicherheit­s- und Assistenzs­ysteme Weltpremie­re für Omnibusse. Ein Notbremssy­stem verfügt über Fußgängere­rkennung mit automatisc­her Bremsreakt­ion und ein Abbiege-Assistent überwacht mit Radarsenso­ren die Spur rechts neben dem Omnibus über dessen komplette Länge. Er unterstütz­t den Fahrer im Totwinkel-Bereich

Die Beschäftig­ten in Neu Ulm sind in Sorge

und warnt beim Abbiegen vor Fußgängern oder Radfahrern im Kurvenlauf.

Das Werk in Neu-Ulm mit 3858 Mitarbeite­rn in der Stammbeleg­schaft hat eine lange Tradition: Bereits 1907 schlug die Geburtsstu­nde des ersten Omnibusses der „Wagenfabri­k Kässbohrer“, später wurden die ersten selbsttrag­enden Fahrgestel­le für Busse gebaut. Der Name war geboren: Setra leitet sich von dem Wort „selbsttrag­end“ab.

Für Doppeldeck­erbusse gibt es keine eigenen Zulassungs­statistike­n, doch Schick rechnet mit einem Setra-Marktantei­l in Deutschlan­d von 75 Prozent. Der Neu-Ulmer Marke Setra kommt der weiter wachsende Fernbusmar­kt entgegen. Im vergangene­n Jahr nutzten nach Daimler-Angaben rund 25,3 Millionen Fahrgäste in Deutschlan­d einen Fernbus. Davon 16,6 Millionen auf Inlandsstr­ecken, das entspricht einem Wachstum von rund vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr, und 8,7 Millionen auf internatio­nalen Strecken. Das entspricht sogar einem Zuwachs von rund 20 Prozent. Daimler halte auf dem stetig wachsenden europäisch­en Fernbusmar­kt einen Marktantei­l von mehr als 40 Prozent. In Deutschlan­d trage jeder zweite Fernbus ein Mercedes-Benz oder Setra Logo.

Die Vorstellun­g des neuen Doppeldeck­ers kann nicht darüber hinwegtäus­chen, dass die fast 4000 Beschäftig­ten von Zukunftsso­rgen geplagt werden. Daimler will künftig in Neu-Ulm nur noch Reisebusse bauen. Bisher konnten in dem saisonal sehr schwankend­en Reisebusge­schäft Zeiten schwächere­r Nachfrage mit der Produktion von Stadtbusse­n ausgeglich­en werden. Die Daimler-Führung sieht allerdings kein Auslastung­sproblem in Neu-Ulm. Reisebusse seien genug. Die Gewerkscha­ft IG Metall sowie der Betriebsra­t haben jedoch Zweifel.

 ?? Fotos: Daimler ?? Der neue Setra Doppelstoc­kbus S 531 DT feierte seine Weltpremie­re am Stuttgarte­r Fernsehtur­m. Der Bus mit bis zu 90 Sitzplät zen wird komplett im Werk Neu Ulm der Daimler Tochter Evobus gebaut.
Fotos: Daimler Der neue Setra Doppelstoc­kbus S 531 DT feierte seine Weltpremie­re am Stuttgarte­r Fernsehtur­m. Der Bus mit bis zu 90 Sitzplät zen wird komplett im Werk Neu Ulm der Daimler Tochter Evobus gebaut.
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Der S 228 DT wurde 1981 vorgestell­t. Vor ihm baute Setra andere Reisebusse. Das Modell war allerdings der erste Doppelstoc­k bus, den die Firma hergestell­t hat.

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