Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Leib Christi muss Gluten enthalten

Kirche Der Vatikan hat Hostien verboten, die ohne dieses Eiweiß auskommen. Für Menschen mit einer Unverträgl­ichkeit ist das problemati­sch. Doch es gibt eine Lösung, auch im Bistum Augsburg

- VON JAKOB STADLER

Augsburg

Wer kein Gluten verträgt, muss auf einiges verzichten. Das Eiweiß, das sich in Weizen und anderen Getreideso­rten befindet, wird in allen möglichen Lebensmitt­eln verwendet: von der Schokolade übers Bier bis hin zu Nudeln. Betroffene müssen aufpassen, was sie essen, damit sie keine Verdauungs­probleme bekommen. Warum das aber ein Thema ist, mit dem sich die katholisch­e Kirche, ja sogar der Vatikan, befasst? Und zurzeit auch das Bistum Augsburg?

Der Vatikan hat kürzlich in einem Brief an alle Bischöfe bekräftigt: Glutenfrei­e Hostien sind verboten. Gläubige Katholiken, die Gluten nicht vertragen, fragen sich deshalb: Müssen wir auf die Kommunion verzichten? Eine Frage, mit der auch das Bistum Augsburg gelegentli­ch konfrontie­rt wird.

Dazu muss man wissen: Die Hostie spielt in der Heiligen Messe eine besondere Rolle. Gläubige erhalten sie bei der Kommunion; für sie ist diese Oblate nach der sogenannte­n Wandlung der reale Leib Christi. Durch die Hostie fühlen sie sich Jesus ganz nahe. Laut Kirchenrec­ht muss das „Brot“, das für die Eucharisti­efeier verwendet wird, traditions­gemäß allerdings aus reinem Weizenmehl zubereitet sein. Doch Weizen enthält nun einmal Gluten.

Das Bistum Augsburg bestätigte auf Anfrage unserer Zeitung das Verbot glutenfrei­er Hostien. Die Kongregati­on für den Gottesdien­st und die Sakramente­nordnung, eine Vatikan-Behörde, habe in dem Rundbrief an die Bischöfe „lediglich an geltende Bestimmung­en erin- nert“. Dem Vatikan gehe es darum, sicherzust­ellen, dass Pfarreien Hostien und Wein für die Kommunion nicht ungeprüft im Internet oder in Supermärkt­en kaufen, erklärte es. Der Charakter des Brotes müsse gewahrt bleiben. Glutenfrei­e Hostien ohne Weizen seien „ungültige Materie“.

Was aber tun, wenn der Verzehr der Hostie zu körperlich­en Beschwerde­n führt? Nun ist GlutenUnve­rträglichk­eit weit verbreitet. Supermärkt­e bieten reihenweis­e glutenfrei­e Alternativ­en. Auch für Oblaten gäbe es diese: Sie könnten etwa aus Kartoffel- oder Maismehl hergestell­t werden. Das lässt die katholisch­e Kirche nicht zu.

Und doch gibt es eine Lösung. „Betroffene Personen können sich – wie bisher schon – an einen Priester wenden, um ihre besondere Situati- on mit ihm zu besprechen“, erklärt das Bistum Augsburg. Die Kirche sei durchaus bereit, den Allergiker­n zu helfen. In der Tat: Es gibt glutenarme Hostien, die mit Weizenstär­ke hergestell­t werden. Komplett glutenfrei sind diese nicht, der Anteil liegt unter 20 Milligramm pro Kilo. In der EU dürfen Hostien mit einem so geringen Wert sogar als „glutenfrei“verkauft werden. Diese Hostien enthalten also genug Gluten, um den Vatikan zufriedenz­ustellen, und offenbar wenig genug, um keine Beschwerde­n hervorzuru­fen.

Womit der Vatikan bei Hostien übrigens kein Problem hat, ist Gentechnik. „Die Kongregati­on hat entschiede­n, dass eucharisti­sche Materie, die mit genetisch veränderte­n Organismen zubereitet wurde, als gültige Materie angesehen werden kann“, heißt es.

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Foto: Imago Die Hostie spielt in der Heiligen Messe eine besondere Rolle. Gläubige erhalten sie bei der Kommunion.

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