Augsburger Allgemeine (Land West)

Mitleid mit Boris haben?

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Boris Becker hat vor unendlich langer Zeit dreimal Wimbledon gewonnen. Da stand die Mauer noch, Theresa May wurde vermutlich gerade eingeschul­t und niemand hatte Mitleid mit dem in Schwierigk­eiten steckenden Immobilien­tycon Donald Trump. Becker war ein verdammt junger rotblonder Tennisspie­ler damals. Heute ist er ein älterer Mann, der einmal ein sensatione­ller Tennisspie­ler war. In der Zeit dazwischen lebte Boris Becker von seiner Prominenz – er gehört seit Jahrzehnte­n zu jenem Kreis von Li-La-Lilly-Leuten, denen man beim Friseur nicht entkommt, falls man dort bunte Blätter liest.

Das allermeist­e, was Boris Becker so sagt und tut und darstellt, ist entweder peinlich, unerheblic­h, banal oder privat. Ob er nun bankrott ist oder nicht – an seinem Stehaufmän­nchen-Status als ewiger „Promi“wird das nichts ändern. Dieses Kapital setzt er ein. Und deshalb wird er als Marke auch weiter gut gepolstert um die Welt jetten können, ohne irgendwo betteln oder bei einem Altherrent­urnier in Gersweiler oder Nordendorf nach dem Siegersche­ck über 175 Euro hechten zu müssen.

Mitleid mit Boris Becker? Weil er sein Riesenanwe­sen auf Mallorca nicht los wird? Eine Besenkamme­rexistenz droht dem Mann nicht, dessen Lebensleis­tung seit dem Ende seiner Tenniskarr­iere im Grunde darin besteht, dass die Leute ihn kennen. War der nicht neulich bei diesem Quiz in RTL? Oder war das die ARD? Becker taugt nicht für die Rolle des gefallenen Engels. Ein Fiesling ist er ebenso wenig. Zu ihm wollen weder Mitleid noch Häme passen – auch wenn beides ihm nun häufiger begegnen wird. Fürs große Drama gibt diese ausgeleier­te Figur nichts her. Übergehen wir Boris Becker mit einem Schulterzu­cken, das genügt.

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