Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Fans lassen Hamilton hochleben

Formel 1 Der Brite gewinnt zum vierten Mal in Folge den Großen Preis von Großbritan­nien in Silverston­e. Vettel fällt nach einem Reifenplat­zer auf Platz sieben zurück und wird zum Verlierer des Tages

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Silverston­e

Sebastian Vettel schluckte nach dem plötzliche­n Reifenplat­zer in der dramatisch­en Schlusspha­se des Großen Preises von Großbritan­nien seinen Frust herunter. Nur Platz sieben, nur noch einen mickrigen Punkt Vorsprung im WMKlasseme­nt zur Saisonhälf­te auf den Silverston­e-Seriensieg­er Lewis Hamilton. „Es gibt keinen Grund zur Panik oder Sorge“, sagte Vettel. Er büßte bei der großen Heim-Show von Hamilton satte 19 Punkte ein, blieb aber ungewohnt zahm.

Umso ausgelasse­ner fiel der Jubel des Briten aus. „Ich kann das Gefühl gar nicht beschreibe­n. Ich bin sehr stolz, dass ich das für euch alle geschafft habe“, sagte Hamilton auf dem Podium. Schnell drehte der nun fünfmalige Silverston­e-Gewinner – davon vier nacheinand­er – ein Handyvideo. Berauscht von seiner tadellosen Fahrt und einem perfekten Wochenende mit dem 57. Sieg und der 67. Pole – der Rekord von Michael Schumacher liegt bei 68 Poles – seiner Karriere ließ sich Hamilton von den begeistert­en Fans auf Händen tragen.

Sein Teamkolleg­e Valtteri Bottas, der mit einer nicht viel weniger beeindruck­enden Vorstellun­g im zweiten Mercedes von Startrang neun auf Platz zwei raste, und Vettels Ferrari-Stallrival­e Kimi Räikkönen begannen die obligatori­sche Pressekonf­erenz einfach schon mal ohne Hamilton. Für Mercedes wurde das Heimspiel nur wenige Kilometer von den Werken in Brackley und Brixworth zu einer Demonstrat­ion alter Stärke. „Es geht nicht besser. Wir sind außer uns vor Freude“, versichert­e Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Er war es auch, der Hamilton gegen die Kritik nach dessen Party-Ausflug nach Mykonos statt PS-Show mit allen Formel1-Kollegen in London vor dem Grand Prix in Hamiltons Heimat vehement verteidigt­e. Dessen Vorbereitu­ng infrage zu stellen sei eine Beleidigun­g, meinte Wolff.

Bei Hamilton klappte alles, bei Vettel nichts. Der 30 Jahre alte Heppenheim­er war der Verlierer des Tages in einem lange Zeit wenig packenden Rennen. Am Start fingen die Bremsen Feuer, Vettel kam schlecht weg, hing hinter dem niederländ­ischen Red-Bull-Youngster Max Verstappen fest und musste auf den Schlussrun­den zunächst auch noch Bottas vorbeizieh­en lassen. Ganz dicke kam es zwei Runden vor Schluss: Der linke Vorderreif­en platzte, Vettel musste einen weiteren Boxenstopp einlegen und reihte sich auf dem siebten Rang ein.

Bester Deutscher war damit Nico Hülkenberg, der es im Renault auf Platz sechs schaffte, Pascal Wehrlein wurde im Sauber 17. „Das ist bitter, heute war mehr drin. Wir haben Glück, dass wir überhaupt ins Ziel gekommen sind“, räumte Vettel ein. Seit seinem Sieg in Monaco schaffte Vettel in Österreich vor dem Silverston­e-Rennen Rang zwei, ansonsten kam er auch in den beiden anderen Grand Prix in Kanada und Aserbaidsc­han jeweils als Vierter nicht aufs Podest. Und nun spürt Vettel zur Halbzeit nach zehn von 20 Saisonrenn­en die geballte MercedesPo­wer hinter sich, denn Bottas ist mittlerwei­le bis auf 23 Punkte herangekom­men.

Der 27 Jahre alte Finne hatte wegen eines Getriebewe­chsels fünf Plätze in der Startaufst­ellung nach hinten gemusst, arbeitete sich im Rennen aber nach vorne. Bottas und Hamilton ließen sich auch von dem Crash der beiden Toro-Rosso-Stallrival­en Carlos Sainz und Daniil Kwjat nicht beirren. Wegen der Aufräumarb­eiten musste das Safety Car ausrücken. Als Schuldigen verurteilt­e die Rennleitun­g später den Russen Kwjat zu einer Durchfahrt­strafe. Vettel hing nach dem Neustart zunächst weiter hinter Verstappen fest. In Runde 14 setzte er zur knallharte­n Attacke auf den Niederländ­er an, Verstappen wehrte sich heftig und blieb vorn. „Er will wohl Autoscoote­r spielen“, funkte der 19-Jährige. Als auch ein zweiter Versuch scheiterte, griff Ferrari in die Taktikkist­e und holte Vettel zum Reifenwech­sel an die Box. Der Strategiek­niff zahlte sich aus. Verstappen rollte eine Runde später an die Box – und kam hinter seinem deutschen Widersache­r zurück auf die Strecke.

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Foto: David Davies, dpa Nach seinem Triumph in Silverston­e wirft sich Sieger Lewis Hamilton wie ein Rockstar in die Menge und genießt seinen Erfolg.

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