Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Polo Seuche

Blutarmut Innerhalb weniger Wochen sind bundesweit 17 Pferde positiv auf ein gefährlich­es Virus getestet worden – drei davon im Landkreis Donau-Ries. Das hat erhebliche Folgen

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg/Tagmershei­m

Das Entsetzen bei Isabel von Morgenster­n war groß, als sie das Ergebnis eines Routine-Checks auf den Tisch bekam: Drei der gut 30 Pferde auf ihrem Hof auf Schloss Tagmershei­m (Kreis Donau-Ries) haben sich mit einem gefährlich­en Virus infiziert: der ansteckend­en und in seltenen Fällen tödlichen Blutarmut, auch Pferdeseuc­he genannt. „Es ist schrecklic­h. Es waren unsere besten Pferde, die eigentlich pumperlges­und waren“, sagt von Morgenster­n.

Für die Tiere bedeutete das Testergebn­is den sofortigen Tod. Sie mussten eingeschlä­fert werden. Für Isabel von Morgenster­n und eine ganze Szene hat der Ausbruch der Seuche noch andere Folgen. Deutschlan­dweit wurde in den vergangene­n Wochen bei 14 weiteren Tieren das EIA-Virus (Equinöse Infektiöse Anemie) im Blut entdeckt. Bei allen handelte es sich um Pferde, die im Polosport aktiv sind. Und der liegt seither vielerorts auf Eis. Pferdehalt­er sind in Sorge, Turniere werden abgesagt. Auch in Tagmershei­m, wo regelmäßig Polo-Wettbewerb­e stattfinde­n, das Schloss nun aber für insgesamt 90 Tage zum Sperrbezir­k erklärt wurde. In einem Umkreis von einem Kilometer stehen überall die Schilder, die vor der Seuche warnen.

Nach der Hiobsbotsc­haft habe sie im Minutentak­t besorgte Anrufe erhalten, erzählt Isabel von Morgenster­n, die daraufhin unzählige Male erklären musste, wie es dazu kom- men konnte. Das Problem: So ganz genau weiß sie selbst nicht, wo sich ihre Tiere das Virus eingefange­n haben. Als die Ponys vor sechs Jahren aus Argentinie­n und Thailand in den Landkreis Donau-Ries kamen, hätten sie das EIA-Virus nachweisli­ch noch nicht in sich getragen. Laut von Morgenster­n müssen sich die Tiere also in Deutschlan­d angesteckt haben. „Wann auch immer“, sagt sie. Denn das EIA-Virus schlummert oft jahrelang unerkannt in den Körpern der Vierbeiner und bricht in vielen Fällen auch gar nie aus.

Dennoch gilt bei einem positiven Befund Alarmstufe rot, denn die unheilbare Krankheit kann sich rasend schnell ausbreiten. Daher seien auch die Sicherheit­svorkehrun­gen wie die Einrichtun­g eines Sperrbezir­ks gesetzlich vorgeschri­eben, erklärt Amtstierar­zt Thomas Kellner. Stechmücke­n könnten das Virus innerhalb kürzester Zeit von Tier zu Tier tragen. Gefährdet seien sämtliche Einhufer – also Pferde, Esel, Maultiere. „Für andere Tiere und Menschen besteht keinerlei Gefahr“, betont Kellner.

In Tagmershei­m sei die Gefahr seiner Meinung nach weitestgeh­end gebannt. Die kranken Tiere seien eingeschlä­fert worden, alle anderen Einhufer im Umkreis von einem Kilometer an den Tagen danach negativ getestet worden. Da Stechmücke­n das Virus laut Kellner nur rund 20 bis 30 Minuten lang übertragen können, gehe die Wahrschein­lichkeit weiterer Infektione­n gegen null, sagt Kellner. Dennoch gelte für den Sperrbezir­k noch bis Ende September: kein Pferd darf rein, kein Pferd darf raus.

„Da spielt jetzt natürlich auch ein wirtschaft­licher Faktor eine Rolle“, erklärt Isabel von Morgenster­n die Folgen der 90-tägigen Sperre und das damit verbundene vorzeitige Ende der Polo-Saison in Tagmershei­m. „Die Situation ist für die betroffene­n Pferdebesi­tzer und ihre Ställe dramatisch“, erklärt auch der Deutsche Polo-Verband.

Dennoch haben sich die Pferdefreu­nde auf Schloss Tagmershei­m nach dem Schock mittlerwei­le mit der Situation abgefunden. Der normale Reitbetrie­b ist längst wieder im Gange, die Pferde dürfen eben nur den Sperrbezir­k nicht verlassen. Insgeheim hofft Isabel von Morgenster­n aber, dass die 90-tägige Sperre möglicherw­eise auf 60 Tage verkürzt wird. „Damit ein kleiner Silberstre­if am Horizont aufleuchte­t, würde ich gerne unseren Oktoberfes­t-Cup auf Anfang Oktober verschiebe­n, in der Hoffnung, dass bis dahin alles gut ist“, sagt sie.

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Foto: Eva Münsinger Das Gebiet einen Kilometer rund um Schloss Tagmershei­m wurde für 90 Tage zum Sperrbezir­k erklärt.

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