Augsburger Allgemeine (Land West)
Tumult im Rettungswagen
Gesellschaft Rettungskräfte geraten immer wieder in gefährliche Situationen. In einem Kurs lernen sie, sich selbst und den Patienten zu schützen
Gefährliche Situation im Rettungswagen. Der Patient ist außer sich, will das Fahrzeug verlassen und schlägt um sich. Wie die Crew in so einem Augenblick richtig reagiert, trainierten Angehörige von Bayerischem Roten Kreuz (BRK) und Johannitern mit den Spezialisten für Deeskalation und Gewaltprävention Jürgen Schaffrath und Chris Brenner. Die Polizeibeamten betreiben in Königsbrunn den Rumble Club, wo sie Einsatzkräfte von verschiedenen Organisationen, aber auch normale Bürger in Selbstverteidigung und Konfliktmanagement schulen.
Die erste Reaktion aus dem Kreis der Rettungskräfte: „Rechts ranfahren, die Polizei informieren und laufen lassen“. Der Trainer hakt nach: „Und wenn sie mitten auf der B17 sind und der Patient sich und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet?“Es gehe darum, Lösungen zu entwickeln, die mit dem Selbstbild als Retter in Einklang stehen, so Schaffrath. „Niemand von Ihnen wird einen Patienten schlagen wollen, auch wenn er Sie in einer psychischen Ausnahmesituation gefährdet“, so der Ausbilder.
Im Rettungswagen geht es während der Ausbildung zur Sache. Trainer Brenner mimt einen Patienten. Er schreit und wütet, will an die Tür kommen. Der Sanitäter im Wagen versucht, ihn mit einfachen Techniken von sich fernzuhalten, bis sein Kollege vom Fahrersitz nach hinten kommt und ihm hilft. „Ihr handelt immer als Team und unterstützt Euch gegenseitig“, schärft Schaffrath den Teilnehmern ein. Zu zweit ist es leichter, den rabiaten „Patienten“zu bändigen. Mit einfachen Griffen und beherztem Körpereinsatz kann er kurzfristig fixiert werden – im Ernstfall bis zum Eintreffen der Polizei. „Jemand, der unter Schock oder Drogen steht, spürt unter Umständen keinerlei Schmerzen“, erklärt der Ausbilder. Komplizierte Hebel machten deshalb keinen Sinn.
Rettungssanitäter Michael Rathke kommt ins Schnaufen, als er mit Kollegen Dieter Schaumann Patient Brenner wieder auf die Liege zurückdrängt. „Wenn das nächste Mal so etwas passiert, weiß ich zumindest, was zu tun ist“, sagt er und wischt sich Schweiß von der Stirn. Was hier simuliert werde, sei leider Realität für die Rettungskräfte. Besonders die neuen Modedrogen wie Badesalz machten die Menschen unberechenbar, weshalb es immer wieder zu unschönen Situationen käme. Doch auch das Umfeld der Patienten mische sich immer wieder ein und versuche beispielsweise zu verhindern, dass ein Bewusstloser ins Krankenhaus mitgenommen werde, ergänzt Kollege Schaumann. Im vergangenen November sei so eine Situation am Oberhauser Bahnhof eskaliert und zwei Sanitäter wurden angegriffen. Einer musste mit einem gebrochenen Mittelfuß im Krankenhaus behandelt werden.
Einfach abzuwarten sei oftmals keine Option, sagt auch Jürgen Schaffrath. Wenn sich ein Mensch in Lebensgefahr befinde, müssten die Sanitäter tätig werden, auch wenn die Polizei noch auf sich warten lasse. „Die Rettung ist manchmal vor der Polizei vor Ort“, weiß er. Das könne auch nach einer Gewalttat der Fall sein, wo der Täter noch vor Ort ist. „Wenn jemand auf einen am Boden liegenden Bewusstlosen eintritt, müssen sie wissen, wie sie ihn schützen können“, erklärt er. Deshalb trainiert die Gruppe auch, wie man