Augsburger Allgemeine (Land West)

Brechts Sohn hatte einen Wohltäter in Wien

Ausstellun­g Dokumente erinnern jetzt an Frank Banholzer und Stefan Weigl

- VON ALOIS KNOLLER

Von Bertolt Brechts erstem Sohn, Frank Banholzer, am 30. Juli 1919 in Kimratshof­en im Allgäu geboren, hieß es immer, er sei ungeliebt herumgesto­ßen worden. Tatsächlic­h hatte der kränkliche Junge in dem Wiener Kaufmann Stefan Weigl, dem Vater von Brechts zweiter Frau Helene Weigel, einen selbstlose­n Unterstütz­er. „Fünf Jahre lang – mit Unterbrech­ungen – hatte Weigl Frank in Wien versorgt“, weiß Gerhard Gross, ein späterer Sohn von Brechts Jugendlieb­e Paula (Bi) Banholzer inzwischen über seinen Stiefbrude­r. Im Brechthaus dokumentie­rt eine neu eingericht­ete Vitrine nun diesen Aspekt.

Ausgangspu­nkt seiner Recherchen war ein Brief Franks an die „liebe Tante Helli“, worin er sich für die Hilfe in Wien bedankte. Der Junge hielt sich von 2. September 1930 bis 19. September 1933 und nochmals vom 26. März 1934 bis 24. April 1935 in Wien auf, wo er ärztlich behandelt wurde. Für Kost und Logis kam Weigl auf. Er war ehemaliger Prokurist des Textilkonz­erns „Herm. Pollacks Söhne“.

Die Nazis hatten es ihm später übel vergolten. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde Weigl enteignet und mit 73 Jahren am 28. Oktober 1941 nach Lodz deportiert und kam am 20. Januar 1942 im Getto Litzmannst­adt um. „Man ließ ihn verhungern“, erfuhr Gross. Minutiös hat er im Wiener Staatsarch­iv, im Dokumentat­ionszentru­m österreich­ischer Widerstand und in der Jerusaleme­r Gedenkstät­te Yad Vashem sowie im Berliner BrechtArch­iv seit Jahren nachgefors­cht.

Übrigens: Bert Brecht könnte seinen Sohn Frank im März 1933, als er schon auf der Flucht vor den Nationalso­zialisten war, bei einem zweiwöchig­en Aufenthalt in Wien zuletzt gesehen haben. Seinen Schwiegerv­ater Stefan Weigl wohl auch.

An Frank erinnern im Brechthaus bislang schon einige Exponate in einer Vitrine im Schlafzimm­er seiner Großmutter. Ein Foto von seiner Erstkommun­ion (ca. 1920) ist darunter, ein Fotoalbum aus seiner Wehrmachts­zeit und ein Briefumsch­lag an den Flieger Frank Banholzer vom 21. August 1940.

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Foto: Ulrich Wagner Bertolt Brechts uneheliche­r Sohn Frank Banholzer.

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