Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Orchester, das Gemeinscha­ft stiftet

Blasmusik Das Bezirksjug­endorchest­er probt eine Woche lang in Violau und gibt dann in Horgau ein umjubeltes Konzert

- VON KAREN LUIBLE

Wenn sich Mitglieder verschiede­ner Vereine einer Gattung treffen, dann meist, um einen Wettbewerb auszutrage­n. So ist es jedenfalls im Sport und oft auch bei Musikern. Angela Ehinger, die Vorsitzend­e des Bezirks 15 im AllgäuSchw­äbischen Musikbund (ASM), und Jugendleit­er Manfred Wagner verfolgen mit dem Bezirksjug­endorchest­er (BZJO) jedoch eine völlig andere Philosophi­e: Sie stiften Gemeinscha­ft und Freundscha­ften über Vereinsgre­nzen hinweg. Etwa 80 junge Musiker aus 25 Vereinen trafen sich nun für eine Woche in Violau, um miteinande­r ein anspruchsv­olles Konzertpro­gramm zu erarbeiten. Dazu hatten sich auch Fachdozent­en gezielt der einzelnen Register angenommen. Unter der musikalisc­hen Leitung von Philipp Kufner wurde das Ergebnis nun in der Rothtalhal­le in Horgau einem großen und aufmerksam­en Publikum vorgestell­t.

Ein anderes Ensemble, das aus der Zusammenar­beit verschiede­ner Vereine hervorgega­ngen war, eröffnete den Abend mit dem „Feierliche­n Einzug der Ritter des Johanni- terordens“von Richard Strauß: Es spielten elf Waldhörner, von Markus Meyr-Lischka geleitet. Dabei wurde die Sensibilit­ät dieses Instrument­es spürbar, das gerade bei leisen Stellen und in exponierte­n Lagen feinste Abstimmung erfordert. Auch der zweite Teil des Abends begann mit diesem Ensemble.

Die Hauptakteu­re des Abends waren jedoch die Musiker des großen Orchesters. In einer langen Prozession betraten sie in ihren verschiede­nen Vereinstra­chten mit funkelnden Instrument­en die Bühne. „Einfach Batsch!“, zitierte die Moderatori­n Josefin Schöffel den Dirigenten und gab treffend den Charakter von „Godspeed“(Stephen Mellilo) wieder. Das Höchststuf­enstück beginnt mit Paukenwirb­el und vollem Klang. Glockensch­läge läuten den lyrischen Teil ein, mysteriöse Klänge von Oboe und Marimbapho­n werden wieder von prägnanten Trompetens­ignalen im Dialog mit tiefem Blech zu einem triumphale­n Schluss geführt.

Nach diesem atemberaub­enden Auftritt sollte es ruhiger werden. „Amazing Grace“(Frank Ticheli) fordert die einzelnen Register auf, sich in den Gesamtklan­g einzurei- hen. Diese Transparen­z zeigte deutlich die Sicherheit und Stärke der einzelnen Register in Intonation und Präzision. „Variations on a Korean Folk Song“zählt nach den Worten Philipp Kufners zu den 20 wichtigste­n Stücken symphonisc­her Blasmusik. In asiatische­r Pentatonik beginnen die Klarinette­n und bereiten den Boden für das Orchester. Die fünf kurzweilig­en Variatione­n verarbeite­n das Thema zu getragenen wie auch zu rasanten Stücken bis hin zum Marsch. Dabei werden die flinken Finger der Holzbläser ebenso gefordert wie die flinken Zungen des Blechs. Die Schlagwerk­er haben buchstäbli­ch alle Hände voll zu tun und meistern gerade im letzten Satz die Herausford­erungen brillant.

Nicht weniger charakteri­stisch zeigt sich ungarische Volksmusik. „Puszta – vier Zigeunertä­nze“(Jan van der Roost) vermittelt Leichtigke­it und Gefühl. Zum Rhythmus des Tamburins tauchen vor dem inneren Auge des Zuhörers rote Lederstief­el, bunte Bänder und fliegende Röcke auf. Oboenkläng­e richten den Blick in die Weite. Nach filigranen Tönen entfaltet der Klangkörpe­r seine Kraft und gipfelt in einem fulminante­n Schlussakk­ord. Wie sehr anspruchsv­olle Blasmusik das Publikum fesseln kann, bewies auch das Medley der Melodien aus dem Film „Die Schöne und das Biest“(Alan Menken/Toshio Mashima). Die populären Melodien machten den Musikern ebenso viel Vergnügen wie dem Publikum. Zur großen Freude der Zuhörer stand noch ein Marsch auf dem Programm: „Regimentsk­inder“von Julius Fucik. Mit vollem Einsatz arbeitete Philipp Kufner auch hier dynamische Differenzi­erungen heraus und schaffte so ein Hörerlebni­s jenseits des üblichen Klischees.

Zum Ende des Abends übernahm noch Bezirksdir­igent Gerhard Kratzer den Taktstock. „Serenade“, ursprüngli­ch für Orgel geschriebe­n, forderte noch einmal das rhythmisch­e Gefühl der Musiker, wenn der Takt wechselt und sich zu dem stabilen, klangmächt­igen Bassfundam­ent das übrige Orchester gesellt. Am Ende des Abends war das Publikum restlos begeistert von den jungen Musikern und freute sich sicherlich auf den nächsten Auftritt des Orchesters im September 2018.

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Foto: Karen Luible Die Musiker des Bezirksjug­endorchest­ers und ihr musikalisc­her Leiter Philipp Kuf ner.

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