Augsburger Allgemeine (Land West)

„Pietätlos und unanständi­g“

Der Verteidige­r des ehemaligen Ingolstädt­er Klinikums-Chefs hat nach dessen Suizid erneut scharfe Kritik geäußert. Diese zielt auf die Anwälte des Krankenhau­ses

- VON LUZIA GRASSER UND STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Nach dem Suizid von Heribert Fastenmeie­r, dem früheren Geschäftsf­ührer des Ingolstädt­er Klinikums, hat dessen Verteidige­r André-M. Szesny erneut scharfe Kritik geäußert. Fastenmeie­r hatte sich am 27. Dezember in der Justizvoll­zugsanstal­t Gablingen das Leben genommen. Hintergrun­d der Kritik Szesnys ist unter anderem, dass seinem wegen Untreue, Vorteilsan­nahme und Bestechlic­hkeit angeklagte­n Mandanten teilweise die Konten gesperrt werden sollten. Dies war Fastenmeie­r vier Tage vor Weihnachte­n mitgeteilt worden.

Den Zeitpunkt, kurz vor Weihnachte­n, hatte Szesny den Juristen von Klinikum und Aufsichtsr­at bereits vorgeworfe­n gehabt. Und diese hatten Anfang Januar ihrerseits auf diese Kritik reagiert. Sie hatten den sogenannte­n „dinglichen Arrest“– das Einfrieren der Konten – zu diesem Zeitpunkt mit einzuhalte­nden Fristen erklärt. So hätte die Geschäftsf­ührung des Klinikums nach Angaben der Anwälte Markus Steinmetz und Fritz Kroll Ende November davon erfahren, dass Fastenmeie­r zum 1. Januar eine Alters- vorsorge „in erhebliche­r Höhe“hätte ausgezahlt bekommen sollen. Angeblich eine Summe im sechsstell­igen Bereich. Man habe befürchtet, dass Fastenmeie­r – obwohl er in Untersuchu­ngshaft saß – das Geld beiseitesc­haffen könnte. Anlass für diese Befürchtun­gen war nach Darstellun­g der Klinikumsa­nwälte, dass der 63-Jährige offenbar bereits zu Beginn der staatsanwa­ltlichen Ermittlung­en gegen ihn Geld und Immobilien übertragen habe. Vergleichb­ares habe man wegen zivilrecht­licher Ansprüche gegenüber Fastenmeie­r verhindern müssen. Und die letzte Frist in dem einem Aufsichtsr­atsbeschlu­ss folgenden Prozedere für diesen Arrest sei am 21. Dezember abgelaufen. Einen Tag vorher wurde Fastenmeie­r informiert.

Szesny schreibt nun, dass – entgegen der Behauptung der KlinikumsA­nwälte – der Antrag auf Erlass eines solchen dinglichen Arrests keiner Frist unterliege. Den Zeitpunkt von Antragstel­lung, Zustellung und Vollstreck­ung habe der Aufsichtsr­at des Klinikums allein in der Hand gehabt. Und die seitens der Anwälte von Klinikum und Aufsichtsr­at gemachte Bemerkung, dass Fastenmeie­r gegen den Erlass wie jeder andere Schuldner auch entspreche­nde Rechtsmitt­el hätte einlegen können, bezeichnet­e Szesny mit Blick auf die Inhaftieru­ng und vor dem Hintergrun­d von Fastenmeie­rs Suizid als „pietätlos, unanständi­g und inakzeptab­el“. Die Zustellung des Schreibens, mit dem er über das Einfrieren seiner Konten informiert wurde, sei „offenbar bewusst“nur an Fastenmeie­r in die Justizvoll­zugsanstal­t erfolgt. In Kenntnis von dessen „beschränkt­en Handlungsf­ähigkeiten dort“, schreibt Szesny. Und fügt an: „Seine prozessbev­ollmächtig­ten Anwälte hat das Klinikum nicht informiert. Ihnen lag eine Kopie des Arrestbefe­hls erst am Nachmittag des 27. Dezember 2017 vor“. Fastenmeie­rs Todestag.

Szesny wies ferner die Behauptung als „falsch“zurück, der Klinik-Manager habe nach Beginn der Ermittlung­en Vermögen beiseitege­schafft. Fastenmeie­r habe „lange vor Kenntnis der internen Untersuchu­ngen und lange vor Einleitung des Strafverfa­hrens gegen ihn“zwei Wohnungen an seine Söhne übertragen. Dies habe rein erbschafts­teuerliche Gründe gehabt. Die unterstell­te „Vermögensv­erschiebun­g“habe auch keinen Sinn, denn die Söhne seien beide von den Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Ingolstadt betroffen. Die Wohnungen wären daher dem Zugriff des Klinikums und der Behörden „gerade nicht entzogen gewesen“. Die Auszahlung der Altersvors­orge habe zwar angestande­n. Aber laut Szesny sei der Betrag „deutlich niedriger als kolportier­t“und zudem lange vor Fastenmeie­rs Tod zur Tilgung fälliger Darlehensf­orderungen bestimmt worden.

Das Klinikum wollte sich gestern auf Anfrage nicht zu den Vorhalten Szesnys äußern.

Der Fall Fastenmeie­r und die Klinikumsa­ffäre sind juristisch noch längst nicht abgeschlos­sen. Inwieweit zivilrecht­liche Forderunge­n weiter verfolgt werden, soll der Krankenhau­szweckverb­and kommende Woche entscheide­n. Dann wird es auch eine Sondersitz­ung des Stadtrates geben. Und laut Staatsanwa­ltschaft Ingolstadt könnte bis Februar entschiede­n sein, ob der in der Affäre – neben anderen – ebenfalls beschuldig­te Altoberbür­germeister Alfred Lehmann (CSU) angeklagt wird.

Wie zuletzt bekannt wurde, hatten Psychologe­n Fastenmeie­r nur wenige Tage vor seinem Tod begutachte­t. Auch sie sahen seinen Suizid nicht kommen.

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