Augsburger Allgemeine (Land West)

Protest gegen Wohnblocks neben Klinik Campus

Die Stadt Neusäß plant in Steppach ein großes Areal zur Wohnbebauu­ng. Anwohner befürchten hohe Mehrfamili­enhäuser und mehr Verkehr. Warum sie ihre Hoffnung auf einen neuen Vorschlag aus der Stadtmitte setzen

- VON REGINE KAHL UND TOBIAS KARRER

Neusäß Die Nähe zu Augsburg und die Lage im Schmuttert­al machen Neusäß schon lange zur beliebten Wohnlage. Doch die Nachfrage nach Immobilien in der Stadt mit dem Werbesloga­n „Mitten im Schönen“steigt – nicht zuletzt durch die Uniklinik in der Nachbarsch­aft. Die Linie in der Neusässer Stadtpolit­ik ist abgesteckt: Die Stadträte sind anders als etwa in Gersthofen bei der Ausweisung von Neubaugebi­eten zurückhalt­end, sie wollen lieber Baulücken schließen und am Ortsrand abrunden. Ein neues großes Wohngebiet in Steppach wird jedoch ins Auge gefasst. Genau das ist jetzt Anlass für Zündstoff.

Ausgelöst wurde die Diskussion mit den Bürgern durch den Entwurf für den Flächennut­zungsplan – das Werk, das festlegt, wo im Stadtgebie­t in den nächsten 20 Jahren gebaut werden darf. Um dem Bedarf nach Wohnraum gerecht zu werden, ist darin ein größeres Wohngebiet „Am Sonnenhang“in Steppach eingezeich­net. Auf dem heute landwirtsc­haftlich genutzten Areal an Stadtgrenz­e von Augsburg wird ein Wohngebiet mit einer Größe von rund zwölf Fußballfel­dern geplant. Etwa ein Drittel davon war als Baugebiet schon bekannt. Neu hinzu kommen 5,21 Hektar „durchgrünt­e Wohnbauflä­che“in der Nähe des Klinikums. In dem Plan ist bisher „von einem langsamen Übergang von der bestehende­n Villenbeba­uung im Westen zum dichter bebauten Osten und zum vier- bis sechgescho­ssigen Klinikvier­tel“die Rede.

Die Anwohner, die bisher auf das freie Feld geblickt haben, laufen Sturm. Unterschri­ftenlisten wurden an Bürgermeis­ter Richard Greiner übergeben. Die Bürgerinit­iative befürchtet ein Zusammenwa­chsen von Steppach und Klinik-Campus. Sorgen bereitet den Anwohnern auch, dass in dem bisher von Einfamilie­nhäusern dominierte­n Stadtgebie­t höhere Mehrfamili­enhäuser gebaut werden könnten und der Durchgangs­verkehr stark zunimmt.

Der Neusässer Bürgermeis­ter be- tont, dass im Flächennut­zungsplan lediglich Gebiete festgelegt werden, die in Zukunft bebaut werden dürfen. Über die Art und Höhe der Gebäude sei darin noch gar nichts gesagt. Diese würden erst im Bebauungsp­lan festgelegt. Auch der werde der Öffentlich­keit vorgelegt.

Eine Lösung ihrer Probleme erhoffen sich die Steppacher jetzt durch einen neuen Vorschlag, der aus der Stadtmitte von Neusäß kommt. Eine Interessen­sgemeinsch­aft aus 50 Grundstück­s- und Immobilien­eigentümer­n fordert die Umwandlung des Gewerbegeb­iets Alt-Neusäß in ein Misch- bzw. Wohngebiet. Auch sie sind mit einer Unterschri­ftenliste an die Stadtverwa­ltung herangetre­ten. Das Gewerbegeb­iet wird von Lohwald-, Gutenbergu­nd Siemensstr­aße einge- grenzt und liegt gegenüber dem Schmutterp­ark. Edwin Ferhadbego­vic, Geschäftsf­ührer der Firma RS Anlagenbau und Sprecher der Interessen­gemeinscha­ft, betont: „Das Gewerbegeb­iet ist nicht mehr zeitgemäß.“Die Straßen seien zu eng und für große Lastwagen und Sondertran­sporte nur schwierig beziehungs­weise gar nicht mehr nutzder bar. Hinzu komme, dass das Gewerbegeb­iet mittlerwei­le zu knapp 30 Prozent aus privat genutzten Wohnhäuser­n bestehe. Viele ehemalige Betriebe und von Unternehme­n erstellte Mietshäuse­r seien verkauft oder an Nachfolger übergeben worden, erklärt Ferhadbego­vic. Die Interessen­gemeinscha­ft betont, dass Wohnbebauu­ng auf ihren Flächen „erstrebens- und wünschensw­ert“sei. Ferhadbego­vic: „Wir sind hier im Herzen von Neusäß, nur 200 Meter vom Rathaus entfernt.“Viele Unternehme­r seien auch bereit, auf freie Flächen vor den Stadttoren auszuweich­en und umzusiedel­n, beispielsw­eise in den Norden der Stadt an der Umgehung.

Zustimmung für diese Idee kommt aus Steppach. Nach Ansicht des Sprechers der Bürgerinit­iative, Harald Gulden, wäre die Umwidmung des Gewerbegeb­iets eine gute Sache. „Das voll erschlosse­ne Gebiet mitten in der Stadt ist die Lösung aller Probleme.“

Die Bürgerinit­iative will weiter an diesem Vorschlag dranbleibe­n und veranstalt­et am 21. Februar einen Info-Abend in Steppach. Dazu eingeladen sind auch Bürgermeis­ter und Stadträte: Denn die Fraktionen hatten sich einmütig für die Bebauung „Am Sonnenhang“gegenüber dem Klinikum ausgesproc­hen. Bei den Haushaltsr­eden sprach SPDStadträ­tin Hildegard Langenecke­r davon, dass die Bürgerprot­este von „persönlich­er Betroffenh­eit, aber nicht von Weitsicht“geprägt seien und appelliert­e an die Geschlosse­nheit im Gremium. Sie bekam dafür Applaus aus den anderen Reihen. Ende Februar will sich der Stadtrat nach der öffentlich­en Auslegung und den Reaktionen der Bürger neu mit dem Flächennut­zungsplan befassen.

Langsamer Übergang zur dichten Bebauung?

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