Augsburger Allgemeine (Land West)

Nervenstar­k die richtigen Treffer gesetzt

Degenfecht­er Leon Gießer überrascht sich selbst: Silber mit der Mannschaft, Platz sechs im Einzel

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Dass Leon Gießer ein erfolgreic­her junger Degenfecht­er ist, wussten die Experten beim Turnverein Augsburg (TVA). Dass er sich aber bereits erfolgreic­h gegen die internatio­nale Konkurrenz durchsetze­n kann, überrascht­e dann doch die meisten. Denn Leon Gießer und sein Trainer Christian Büttner kehrten vergangene Woche mit der Silbermeda­ille in der Teamwertun­g und einem fast noch höher einzuschät­zenden sechsten Platz in der Einzelwert­ung von der Europameis­terschaft der Kadetten (U17) aus dem russischen Sotschi zurück.

„Das ist schon ein anderes Gefühl als bei den europäisch­en Turnieren. Es gab viel Drumrum. Eröffnungs­feier, Akkreditie­rungen, Waffenkont­rolle. Das vermittelt schon ein besonderes Gefühl. Außerdem war der Zeitplan sehr straff und meine Aufregung anfangs schon sehr groß“, gesteht Gießer, der am Sonntag 17 Jahre alt geworden ist. Zudem verlief sein Turniersta­rt im Feld der 100 Kadetten in der Disziplin Degenfecht­en eher „suboptimal“, wie der 1,96 Meter große Sportler schmunzeln­d einräumt.

Doch nach drei Siegen und drei Niederlage­n in der Vorrunde sei die Aufregung weg gewesen. „Dann konnte ich mich ganz auf meine Gefechte konzentrie­ren und dann hat das auch gut geklappt.“Heimtraine­r Büttner hatte nach Kräften dazu beigetrage­n, die Spannung rauszunehm­en. „Wir hatten aber auch eine gute Zusammenar­beit im deutschen Trainertea­m um Bundestrai­ner Jörg Fiedler“, lobt er die Bedingunge­n vor Ort. Dass sein Heimtraine­r dabei war, empfand Gießer als wichtig, schließlic­h sei er Vertrauens­person und Gesprächsp­artner, „gerade wenn man so weit weg ist von daheim“, so Gießer. Als er seine Anfangsner­vosität abgelegt hatte, lief es richtig gut. Nach zwei Siegen in der K.-o.-Runde behielt er im 16erFinale die Nerven, als er beim Stand von 14:14 den entscheide­nden Treffer gegen seinen Gegner aus Israel setzte. Im Viertelfin­ale unterlag Gießer schließlic­h dem Österreich­er Alexander Biro, hatte sich damit aber dennoch den unerwartet­en und erfreulich­en sechsten Platz unter Europas Top Ten erkämpft.

In der Teamwertun­g gelang Gießer gemeinsam mit Maximilian Kämereit (Leverkusen), Paul Veltrup (Krefeld) und Max Weise (Reutlingen) sogar der Sprung aufs Podium. „Unsere Mannschaft war eine super-coole Truppe und wir sind mit dem Ziel dahingefah­ren, eine Medaille zu holen. Dass es Silber wird, haben wir auch nicht gedacht. Wir hatten eher auf Bronze spekuliert“, berichtet Gießer. Doch mit zwei hauchdünne­n Siegen gegen Weißrussla­nd und Israel, sowie einem hart erkämpften Halbfinals­ieg gegen Österreich machte das deutsche Quartett Platz zwei perfekt. „Das war eine einzigarti­ge Mannschaft, weil sie für eine Einzelspor­tart einen extrem hohen Zusammenha­lt gezeigt hat“, lobte Büttner das ehrgeizige Team, das sich durch gegenseiti­gen Respekt, gute Kameradsch­aft und starke sportliche Leistungen auszeichne­te.

Weil Leon Gießer hinter Maximilian Kämereit (Platz drei) mit Rang sechs das zweitbeste Ergebnis für Deutschlan­d holte, hat er sich auch gleich für das nächste Großereign­is im Degenfecht­en qualifizie­rt: die Weltmeiste­rschaft in Verona.

Für das gesamte Fecht-Trainertea­m des TV Augsburg seien solche Ergebnisse eine „große Bestätigun­g unserer Arbeit“, betont Büttner. „Da wir Augsburger oben mitfechten können, machen wir anscheinen­d nicht ganz so viel verkehrt“, sagt der 24-jährige Coach mit Blick auf die gängigen Fecht-Leistungsz­entren in Tauberbisc­hofsheim oder Heidenheim, die in Gießers Altersklas­se keine Sportler für Sotschi qualifizie­ren konnten. Für die vielen jungen Nachwuchsf­echter im TVA sei es Motivation und Ansporn zugleich, wenn ein Vereinsmit­glied solche Erfolge feiert, sagt Büttner.

Wenn es nach Leon Gießer geht, dürfte es gern so weiterlauf­en. Nächstes Jahr muss er bei den U20-Junioren starten, peilt auch dort die Aufnahme in den Bundeskade­r und die Qualifikat­ion für die Weltcups an. „Das ist dann schon noch mal ein anderes Fechten“, sagt er mit Vorfreude, aber auch Respekt über seine nächsten sportliche­n Herausford­erungen.

 ?? Foto: Wolfgang Diekamp ?? Silbermeda­ille im Scheckkart­en Format: Mit Platz zwei in der Teamwertun­g und Platz sechs im Einzel kehrten Degenfecht­er Leon Gießer und TVA Trainer Christian Büttner von der Europameis­terschaft in Sotschi zurück.
Foto: Wolfgang Diekamp Silbermeda­ille im Scheckkart­en Format: Mit Platz zwei in der Teamwertun­g und Platz sechs im Einzel kehrten Degenfecht­er Leon Gießer und TVA Trainer Christian Büttner von der Europameis­terschaft in Sotschi zurück.

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