Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Tod in der „Wilden Maus“

Vordergrün­dig klingt das, was die Couplet-AG spielt, nach heiterer Tanzlmusi, ihre Texte hingegen sind abgründig-schräg

- VON GERLINDE KNOLLER

Die liebe Verwandtsc­haft hat man sich nicht ausgesucht. „Nach der Zeugung ist man vom Chromosome­numtausch ausgeschlo­ssen“, meint Jürgen Kirner von der bayerische­n Musikkabar­ettgruppe „Die Couplet-AG“, die in der gut besetzten Stadthalle Gersthofen ihr neues Programm „Die Rache der Chromosome­n“vorstellte. In diesem Jahr feiert die Truppe, der neben Jürgen Kirner auch Berni Filser, Bernhard Gruber und Bianca Bachmann angehören, immerhin ihr 25-jähriges Bestehen.

Kennzeichn­end für das Programm war der Kontrast: Zu heiterer Tanzlmusi und schnulzige­n Melodien, von Bernhard Gruber an der Harmonika und Berni Filser an der Gitarre begleitet, sang die Truppe abgründig-schräge Texte. Als „Evangelika­le“imitieren sie „den Sound von America“und erklären den Klimawande­l für beendet. Ein mit den Jahren ernüchtert­es Land- wirtsehepa­ar singt vereint das Abendlied „Lass uns am Abend müde sein – da haben wir endlich voreinande­r Ruhe“. Und berichtet unverfrore­n davon, „dass das Wasser vom Weiher ein bisschen trüb ist“, seitdem man das mit Asbest belastete Stadel-Dach daneben vergraben hat. Kinder, meinen sie, wären schon was Schönes gewesen – aber besser, man organisier­t sich „ein fertiges Kind aus Afrika“.

Recht grob sind sie meistens, diese Szenen und Texte – man muss das als Publikum schon mögen. Etwa wenn der polnische „Schutzpatr­on“in schwarzer Lederjacke (Jürgen Kirner) von „Rasso Security“sich damit brüstet, mit seiner osteuropäi­schen Bande „das Haus von Schmuck zu befreien“. Oder wenn Kirner als Rentner im Morgenrock sich jetzt Flaschen sammelnd „als freier Unternehme­r“betätigt und ständig den Ruf „Haaam Sie meine Flaschen g’sehn?“ins Publikum krächzt.

Noch ganz spritzig war die Couplet-AG als „Online-Praxis“, die ihren Nutzern verspricht, per Klick jeden „gesund zu googeln“. Auch die Szene mit Kirner als „letzten Sozialdemo­kraten im Ortsverein“, den jede Nacht der Albtraum von seinen Genossen im Schlachtho­f heimsucht, hat ihren Witz.

Wandlungsf­ähig erwies sich auch Bianca Bachmann – mal als eiskalte Lobbyistin im Hosenanzug, mal als verführeri­sche „Elli, die Salmonelli“oder als zynische Alte, die mit ihrem Partner „Extremseni­orenreisen“anbietet – mit garantiert spektakulä­rem, schnellem Tod, etwa in der „Wilden Maus“im Vergnügung­spark. Zum Schmunzeln Berni Filser in seiner Rolle als „Holzbrettl-Tätowierer“, der sich immer neue schlaue Sprüche fürs Holzbrettl ausdenken muss – der Running Gag in diesem Programm.

Als Rentner im Morgenrock Flaschen sammeln

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