Augsburger Allgemeine (Land West)
Vom alten Bahnhof zum Kulturzentrum
Ein Buchhändler und Langweids Bürgermeister haben große Pläne für das leer stehende Gebäude
Langweid Was genau kann man sich unter einem Kulturbahnhof vorstellen? Dieser Begriff tauchte bei der letzten Sitzung des Bauausschusses in Langweid auf. Wo Reisende heute an einem leer stehenden Gebäude vorbeihasten, soll bald ein Treffpunkt für kulturell und gesellschaftlich interessierte Leute entstehen. Diese Idee entwickelte das Team des alternativen Online-Buchhändlers buch7, der seit der Gründung im Jahr 2007 schon über 200000 Euro für soziale Projekte gespendet hat. Dass ein Onlinehändler stationär wird, ist eher der Ausnahmefall. Häufiger schließen Betreiber ihre Angebote vor Ort und eröffnen stattdessen einen Online-Shop. Warum hält buch7 das anders? Und was hat eine Gemeinde davon, wenn in einem leer stehenden Gebäude ein Experiment gestartet wird? Über ihre Pläne sprachen wir mit Geschäftsführer Benedikt Gleich und Bürgermeister Jürgen Gilg.
Buch7 funktioniert im Netz. Warum soll es nun ein Ladengeschäft geben?
Benedikt Gleich: In Langweid haben wir unser Projekt gestartet, hier treffen wir uns einmal im Monat zur gemeinsamen Teambesprechung, alle Unterlagen stehen bei uns zu Hause im Regal. Im Bahnhof soll jetzt auch kein herkömmliches Buchgeschäft entstehen. Natürlich wird man dort auf einer in den geplanten Kulturbetrieb integrierten Präsentationsfläche Bücher kaufen und bestellen können, doch vor allem werden wir im ersten Stock des Bahnhofsgebäudes zum ersten Mal richtige Büroräume bekommen. Für das Projekt des Kulturbahnhofs im Erdgeschoss wird eine gemeinnützige Gesellschaft gegründet, deren Gewinne komplett zurück in den Betrieb fließen werden.
Was soll im Kulturbahnhof geboten sein?
Benedikt Gleich: Da gibt es ganz viele Ideen. Vorträge und Themenabende, Autorenlesungen, Diskussionsforen, Theateraufführungen und Poetry Slams sind nur ein paar der vielen Möglichkeiten. Wir freuen uns auf viele Anregungen der Bürger, denn ein Kulturzentrum lebt vom Engagement der Besucher. Und wenn die Reisenden das wünschen, werden wir uns auch bemühen, ein kleines gastronomisches Angebot auf die Beine zu stellen. An Bahnhöfen gab es immer Bücher, Zeitschriften und einen Imbiss. Es wäre schön, im historischen Gebäude das Gute an den alten Zeiten wieder aufleben zu lassen.
Wann kann es losgehen mit dem Kulturbetrieb an Gleis 1?
Benedikt Gleich: Gemeinsam mit der Gemeinde sind wir dabei, die nötigen Genehmigungen einzuholen und mit Handwerkern festzulegen, welche Arbeiten im über 100 Jahre alten Gebäude unbedingt gemacht werden müssen. Wir brauchen eine neue Heizung, die Sanitäranlagen und alle Leitungen müssen erneuert werden. Die Finanzierung wird ein Kraftakt, der gut geplant sein muss. Wir hoffen, Mitte des Jahres ein ganzes Stück weiter zu sein.
Was sagt die Gemeinde dazu?
Bürgermeister Jürgen Gilg: Die Verwaltung und der Gemeinderat waren von den Ideen des buch7-Teams sofort begeistert. Die Gemeinde hat das Bahnhofsgebäude 2011 gekauft, um Herr der Entwicklung an einer sensiblen Schlüsselstelle der Kommune zu sein. Es ist ein Glücksfall, dass sich aus dem Ort heraus ein Projekt entwickelt, das über die Gemeindegrenzen hinaus Signalwirkung haben kann.
Wie wird die Gemeinde als Eigentümer der Immobilie das Konzept unterstützen?
Jürgen Gilg: Wir werden mit Sicherheit eine Lösung finden, die für Pächter und Vermieter gangbar ist. Sowie die Kosten für die nötigen Arbeiten auf dem Tisch liegen, werden wir besprechen, wer welche Kosten übernimmt und wie der Pachtvertrag angelegt sein kann.