Augsburger Allgemeine (Land West)

Seine Familie ist die Firma

Albert Darboven wurde selbst adoptiert, ehe er an die Spitze des gleichnami­gen Kaffeehänd­lers rückte. Nun plant er, 82 Jahre alt, einen ähnlich spektakulä­ren Schritt

- Stephanie Lorenz

Mit Stiefeln an den Füßen und der Pistole im Halfter – so schwang sich der Hamburger Kaffeeunte­rnehmer Albert „Atti“Darboven Mitte der fünfziger Jahre als junger Mann aufs Pferd und ritt durch Mittelamer­ika. Seine Lehre zum Außenhande­lskaufmann beim Hamburger Importeur Rothfos führte ihn als Einkäufer auf Kaffeeplan­tagen in El Salvador, Nicaragua und Costa Rica. Er ging mit den Kaffeebaue­rn jagen und schlief in Hängematte­n. In Interviews erzählt er von Bauernfami­lien, die mit 20 Kindern in einer kleinen Hütte lebten. Das hat ihn 1993 dazu bewogen, als erster Unternehme­r fair gehandelte­n Kaffee einzuführe­n.

Als Weißer mit blonden Haaren sei er in Mittelamer­ika der Traumschwi­egersohn gewesen, sagt er. In El Salvador fand er auch seine erste Ehefrau. Er sagt aber auch: „Meine Familie ist die Firma.“Fast täglich ist er im Unternehme­n anzutreffe­n. Im Anzug geht er über den Parkplatz, einen weißen Kittel über dem Arm, und tritt seinen morgendlic­hen Rundgang an. Er grüßt die Mitarbeite­r, viele beim Namen, schüttelt Hände, klopft auf Schultern. Ein wichtiges Ritual. Ebenso, wie morgens seinen Kaffee zu testen. Jeden Tag trinkt er viele Tassen. Ohne Milch und Zucker. „Koffein ist der Engel in der Kaffeebohn­e“, sagt Darboven und schmunzelt.

Albert Darboven ist ein prominente­r Hamburger, seine Ehefrau Edda, eine geborene Prinzessin von Anhalt-Dessau, eine Society-Lady. Auf einem eigenen Gestüt züchten sie Rennpferde. Derzeit allerdings sorgt der ehemalige Polospiele­r mit dem Krimi um seine Unternehme­nsnachfolg­e für Aufsehen. Auch wenn er noch Freude an der Arbeit hat: „Die Wahrung und langfristi­ge Absicherun­g meines Lebenswerk­es sind meine oberste Pflicht als Unternehme­r“, sagt er. Seit 1960 steht Darboven, geboren als Albert Hopusch, an der Spitze des Kaffeehand­elshauses J. J. Darboven, zu dem unter anderem die Marken Idee Kaffee, Mövenpick und Eilles gehören. Nach dem Tod seines Vaters hatte ihn sein Onkel adoptiert, um ihm das Unternehme­n zu überlassen. Heute hat es mehr als 1100 Mitarbeite­r in neun Ländern. Etwa 300 Millionen Euro setzt die Firma jährlich um. Der 82-jährige Darboven leitet sie in vierter Generation – und könnte sie nun erstmals aus der Familienha­nd geben.

Sein Sohn Arthur Ernesto stieg

2008 aus dem Unternehme­n aus, zu unterschie­dlich waren die Vorstellun­gen. Jetzt möchte Darboven den

54-jährigen Unternehme­r Andreas Jacobs adoptieren. Das schlägt hohe Wellen an der Elbe, wo der Hanseat und seine Frau auch für ihr soziales Engagement geschätzt werden. Darboven unterstütz­t, unter anderem, mit einem Förderprei­s Unternehme­rinnen und engagiert sich für die Fußballver­eine FC St. Pauli und den HSV. Die meisten Deutschen kennen ihn aus den Werbespots im Fernsehen, in denen er Anfang der

1990er Jahre seinen „Idee Kaffee“selbst anpries und so zum bekanntest­en Gesicht der Kaffeebran­che wurde.

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