Augsburger Allgemeine (Land West)
Vom Tatort-Kommissar zum Dunkelbarden
Schauspieler und Musiker Michael Fitz brilliert im Bürgersaal mit emotionaler Liedermacherkunst. Der begnadete Wanderer zwischen den Welten hat ganz unerwartete Fans
Stadtbergen Er ist der Cousin von Kabarettistin Lisa Fitz, er spielte den Tatort-Kommissar Carlo Menzinger und vor allem ist er eins: Ein begnadeter Liedermacher, der mit seinem Mundartstil sogar Fans auf den Ostfriesischen Inseln hat. Die Rede ist vom bayerischen Multitalent Michael Fitz.
Mit seinen tiefgründigen Liedern begeisterte er nun auch das Publikum im Stadtberger Bürgersaal. Dabei zeigte sich der Liedermacher ganz von seiner sentimentalen Seite. Mit hypnotisierender Stimme, souveränen Akkordläufen und sarkastischem Humor nahm Fitz die Zuhörer mit in seine melancholische Gedankenwelt.
Dass es sich bei seinen Arrangements nicht um populäre Massenware handelt, sondern um poetische und sorgsam durchdachte Kleinkunstwerke, zeigt sich schon an Titeln wie „Dei Bluad“, „Hinterm Zaun“oder „Lass ned los“.
Auch im Bürgersaal schaffte es der Ausnahmemusiker wieder voll und ganz, das Publikum in den Bann zu ziehen, wobei ihm immer wieder das bemerkenswerte Kunststück gelang, mit wenigen Akkorden und Gitarrenläufen hochkomplexe Melodien zu schaffen und durch ständig wechselnde Tonalität in der Stimme jeden Song zu einem eigenständigen Meisterwerk zu machen.
Angereichert mit subtil eingesetzten Gesten verband Fitz moderne Sozialkritik mit wehmütigen Gedankengängen, berührte Themenfelder, die sich mit der bedrückenden Enge, der unbarmherzigen Zeit oder den sinnlosen Widersprüchen beschäftigen, welche die menschliche Natur oftmals so unverständlich machen. Laut und leise, kräftig und sanft schwebten die Klanglinien in den Raum und Fitz gelang es jedes Mal aufs Neue, aus einfachen Elementen etwas ganz Erstaunliches zu schaffen.
Da irritierte es auch keineswegs, dass die Texte manchmal auch mal ganz verschwanden und leisen, vor sich hingesummten Gefühlsausdrücken wichen. Auch die Stilrichtung konnte sich mitten im Beitrag ändern, was immer wieder zu neuen spannenden Klangfarben führte.
Einen gefühlvollen Höhepunkt präsentierte Fitz schließlich mit dem Song „Du siegst mi ned“, einer traurig-sanften Weise über das „nicht wahrgenommen werden“, in die man wie in einen nächtlichen Ozean eintaucht, um sich in diesem dann irgendwo selbst wiederzufinden. Im „Schleudersitz“dagegen dreht sich alles um Beziehungen und deren Werte, die sich im Mahlstrom der Zeit auf unheilvolle Weise verschieben können.
Doch so sehr sich die musikalischen Beiträge in ein melodramatisches Gewand zu kleiden wussten, so zynisch und humorvoll präsentierten sich die kleinen Anekdoten zwischen den einzelnen Stücken. So schaffte es Fitz in gerade einmal drei Minuten, eine philosophische Abhandlung über neun Millionen Jahre Menschheitsgeschichte zum Besten zu geben, die beim Australopithecus ihren Anfang nahm und sich über den Neandertaler bis hin zur aktuellen Wohnungsnot in München erstreckte.
Sympathisch war zudem, dass der Gitarrenkünstler in der Konzertpause nicht einsam hinter dem Bühnenvorhang verweilte, sondern ausgelassen mit den Gästen plauderte und neugierige Fragen zur eigenen Person und seinen Werken beantwortete. Fitz offenbarte sich als begnadeter Wanderer zwischen den Welten, der sich als musikalische Lichtgestalt, aber noch sehr viel öfter als gefühlvoller Dunkelbarde zeigte. Ein kleiner Schuss Gerhard Polt, eine düstere Prise Ludwig Hirsch – und dennoch 100 Prozent Michael Fitz mit einer leidenschaftlichen Liedermacherkunst, die „von hinten durch die Brust ins Auge geht“geht, wie es der Musiker selbst so gerne formuliert.