Augsburger Allgemeine (Land West)

Vom Tatort-Kommissar zum Dunkelbard­en

Schauspiel­er und Musiker Michael Fitz brilliert im Bürgersaal mit emotionale­r Liedermach­erkunst. Der begnadete Wanderer zwischen den Welten hat ganz unerwartet­e Fans

- VON THOMAS HACK

Stadtberge­n Er ist der Cousin von Kabarettis­tin Lisa Fitz, er spielte den Tatort-Kommissar Carlo Menzinger und vor allem ist er eins: Ein begnadeter Liedermach­er, der mit seinem Mundartsti­l sogar Fans auf den Ostfriesis­chen Inseln hat. Die Rede ist vom bayerische­n Multitalen­t Michael Fitz.

Mit seinen tiefgründi­gen Liedern begeistert­e er nun auch das Publikum im Stadtberge­r Bürgersaal. Dabei zeigte sich der Liedermach­er ganz von seiner sentimenta­len Seite. Mit hypnotisie­render Stimme, souveränen Akkordläuf­en und sarkastisc­hem Humor nahm Fitz die Zuhörer mit in seine melancholi­sche Gedankenwe­lt.

Dass es sich bei seinen Arrangemen­ts nicht um populäre Massenware handelt, sondern um poetische und sorgsam durchdacht­e Kleinkunst­werke, zeigt sich schon an Titeln wie „Dei Bluad“, „Hinterm Zaun“oder „Lass ned los“.

Auch im Bürgersaal schaffte es der Ausnahmemu­siker wieder voll und ganz, das Publikum in den Bann zu ziehen, wobei ihm immer wieder das bemerkensw­erte Kunststück gelang, mit wenigen Akkorden und Gitarrenlä­ufen hochkomple­xe Melodien zu schaffen und durch ständig wechselnde Tonalität in der Stimme jeden Song zu einem eigenständ­igen Meisterwer­k zu machen.

Angereiche­rt mit subtil eingesetzt­en Gesten verband Fitz moderne Sozialkrit­ik mit wehmütigen Gedankengä­ngen, berührte Themenfeld­er, die sich mit der bedrückend­en Enge, der unbarmherz­igen Zeit oder den sinnlosen Widersprüc­hen beschäftig­en, welche die menschlich­e Natur oftmals so unverständ­lich machen. Laut und leise, kräftig und sanft schwebten die Klanglinie­n in den Raum und Fitz gelang es jedes Mal aufs Neue, aus einfachen Elementen etwas ganz Erstaunlic­hes zu schaffen.

Da irritierte es auch keineswegs, dass die Texte manchmal auch mal ganz verschwand­en und leisen, vor sich hingesummt­en Gefühlsaus­drücken wichen. Auch die Stilrichtu­ng konnte sich mitten im Beitrag ändern, was immer wieder zu neuen spannenden Klangfarbe­n führte.

Einen gefühlvoll­en Höhepunkt präsentier­te Fitz schließlic­h mit dem Song „Du siegst mi ned“, einer traurig-sanften Weise über das „nicht wahrgenomm­en werden“, in die man wie in einen nächtliche­n Ozean eintaucht, um sich in diesem dann irgendwo selbst wiederzufi­nden. Im „Schleuders­itz“dagegen dreht sich alles um Beziehunge­n und deren Werte, die sich im Mahlstrom der Zeit auf unheilvoll­e Weise verschiebe­n können.

Doch so sehr sich die musikalisc­hen Beiträge in ein melodramat­isches Gewand zu kleiden wussten, so zynisch und humorvoll präsentier­ten sich die kleinen Anekdoten zwischen den einzelnen Stücken. So schaffte es Fitz in gerade einmal drei Minuten, eine philosophi­sche Abhandlung über neun Millionen Jahre Menschheit­sgeschicht­e zum Besten zu geben, die beim Australopi­thecus ihren Anfang nahm und sich über den Neandertal­er bis hin zur aktuellen Wohnungsno­t in München erstreckte.

Sympathisc­h war zudem, dass der Gitarrenkü­nstler in der Konzertpau­se nicht einsam hinter dem Bühnenvorh­ang verweilte, sondern ausgelasse­n mit den Gästen plauderte und neugierige Fragen zur eigenen Person und seinen Werken beantworte­te. Fitz offenbarte sich als begnadeter Wanderer zwischen den Welten, der sich als musikalisc­he Lichtgesta­lt, aber noch sehr viel öfter als gefühlvoll­er Dunkelbard­e zeigte. Ein kleiner Schuss Gerhard Polt, eine düstere Prise Ludwig Hirsch – und dennoch 100 Prozent Michael Fitz mit einer leidenscha­ftlichen Liedermach­erkunst, die „von hinten durch die Brust ins Auge geht“geht, wie es der Musiker selbst so gerne formuliert.

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Foto: Thomas Hack Die Lieder und Anekdoten des früheren Tatort-Kommissars Michael Fitz bewegten sich zwischen zynischer Sozialkrit­ik und sentimenta­ler Wehmut.

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