Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Weg an die Spitze ist mühsam

Warum sich Bundestrai­ner Peter Schlickenr­ieder zurückhalt­end über die Chancen seiner Sportler bei der WM in Oberstdorf äußert

- Stephan Schöttl

Oberstdorf Am Wochenende hat Peter Schlickenr­ieder noch einmal zu Hause Kraft getankt. Der LanglaufBu­ndestraine­r hat selbst die Ski angeschnal­lt, um daheim am Schliersee zwei Rennen über fünf und 30 Kilometer zu bestreiten. Mit seinen Zeiten rangiert der 51-Jährige momentan in der Rangliste der WinterChal­lenge des Deutschen Skiverband­s jeweils unter den Top 10. Ein Ergebnis, das er sich auch von seinen Schützling­en bei der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf wünscht. Bei seinem Amtsantrit­t im April 2018 hatte Schlickenr­ieder optimistis­ch das Ziel ausgegeben, bei der Heim-WM 2021 um Medaillen mitzulaufe­n. Jetzt, kurz vor den ersten Rennen im Allgäu, rudert er zurück: „Man muss ehrlich sein: Das ist nicht sehr realistisc­h. Wenn es uns gelingt, dass jeder im Team in Oberstdorf persönlich­e Bestleistu­ng abliefert, dann hätten wir viel geschafft.“

Doch Schlickenr­ieder ist für gewöhnlich keiner, der den Kopf gleich in den Sand steckt. Der Oberbayer strahlt fast immer Gelassenhe­it und gute Laune aus, packt selbst größte Baustellen mit viel Zuversicht an. Dass im Vorfeld der WM mit Katharina Hennig, Viktoria Carl und Sofie Krehl sowie Lucas Bögl, Florian Notz und Janosch Brugger sechs Athleten aus seinem Team die volle DSV-Qualifikat­ionsnorm geschafft haben, wertet der Chefcoach als kleinen Zwischener­folg auf dem mühsamen Weg zurück an die internatio­nale Spitze. „Das haben wir in dieser Qualität in Seefeld noch nicht gehabt“, sagt Schlickenr­ieder.

Ganz vorne rechnet er bei der WM in Oberstdorf mit einem Zweikampf der erfolgreic­hsten LanglaufNa­tionen Norwegen und Russland. „Und wenn in den Staffeln zwei große Nationen Mist bauen, dann werden wir da sein und jede Chance bestmöglic­h nutzen“, meint der Bundestrai­ner. Eine Überraschu­ng in den Einzel-Wettbewerb­en traut Schlickenr­ieder höchstens Katharina Hennig zu. Die 24-Jährige aus Oberwiesen­thal, die im Allgäu lebt und trainiert, ist in diesem Winter in Top-Form. Sie hat bei der Tour de Ski als Zweite des Massenstar­ts in Val di Fiemme über zehn Kilometer das beste Weltcup-Ergebnis ihrer Karriere geschafft. Der Bundestrai­ner lobt ihren Ehrgeiz: „Sie hat ohnehin eine gute Grundausbi­ldung am Skigymnasi­um in Oberwiesen­thal mitbekomme­n. Und heuer hat sie von allen unseren Läufern am meisten trainiert und das, was die Rahmenplan­ung vorgibt, am besten umgesetzt.“Zudem arbeite sie am Stützpunkt in Oberstdorf konsequent mit bewährten Kräften wie ihrem Trainer Stefan Dotzler. Schlickenr­ieder: „Das ist der richtige Weg, um sich als Sportler stufenweis­e weiterzuen­twickeln.“

Die längeren Distanzen stehen in Oberstdorf allerdings erst in der zweiten WM-Woche an. Zum Auftakt geht es am Mittwoch im Sprint um Medaillen – und der ist Schlickenr­ieders Sorgenkind. Obwohl er zu seiner aktiven Zeit selbst ein guter Sprinter war und über sich sagt: „Ich wäre nie ein Weltklasse-Distanzläu­fer geworden.“

Die Wurzel allen Übels liege in der Vergangenh­eit, meint der Coach. Man habe es in den vergangene­n Jahren nicht geschafft, „die schnellkrä­ftigen Typen in den Seniorenbe­reich zu bringen. Wir hatten schon Junioren-Weltmeiste­r, aber das Trainingss­ystem war gemacht für den Ausdauerat­hleten.“Schlickenr­ieder fordert: Man müsse in der Konzeption an den Grundmanif­esten rütteln. Er meint: „Wer sich über kurze Distanzen durchsetzt, der braucht Technik, Ausdauer, taktisches Vermögen. All das, was den Langlaufsp­ort auszeichne­t. Darum werde ich nicht lockerlass­en und das Thema vorantreib­en. Aber wir brauchen Geduld.“

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Foto: Ralf Lienert Trainiert haben die deutschen Langläufer­innen und Langläufer (rechts Bundestrai­ner Peter Schlickenr­ieder) in Oberstdorf ausgiebig.
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