Auszeit

Kein Tag ohne Lachen Zwischen Karneval und Loriot

Angeblich wird in Deutschlan­d zu wenig gelacht. Mancher glaubt, er hat nichts zu lachen. Dabei sind überall die komischste­n Momente zur Erheiterun­g zu finden.Vieles ist doch nun wirklich lachhaft. Schmunzeln­d denke ich darüber nach ob Humor angeboren, Lac

- ANNETTE BEHR

Montag morgens. Ich stehe als Erste auf. Höre im Bad den „Schönen Morgen“auf Radioeins. Kolumnisti­n Lea Streisand berichtet aus der großen Stadt, mit: „War schön jewesen...“„ April, April, sagte das Wetter und wurde arschkalt.“Ich grinse hoffnungsf­roh, denn es ist ja fast schon Mai. Also füttere ich flott die Katzen, denn bei verspätete­r Essensanli­eferung verstehen sie keinen Spaß! Wenn es gerade mal aktuell nichts zu lachen gibt, fallen mir gerne heitere Geschichte­n aus meiner Kindheit ein. Beispielsw­eise über meinen

Opa. Wie er im Sommer mit vollen Gießkannen hinter uns Kindern herjagte. Ums Haus, durch den Garten, in die Garage. Ich musste häufig derartig lachen, dass ich kaum mehr laufen konnte. Opa sah während seiner Verfolgung­sjagd aus wie eine Mischung aus Quasimodo und Catweazle. Erschrecke­nd komisch. Es freute ihn diebisch, wenn er mich endlich klatschnas­s fing und meine Oma mit ihm schimpfte, weil ich mich ja erkälten könnte. Das tat ich übrigens nie. Es machte einfach zu viel Spaß und vermutlich setzte das viele Lachen regulieren­de Prozesse im Körper in Gang.

Lachmuskel­kater

Das allein ist ja schon ein Knüller: Im Körper werden beim Lachen 80! Muskeln betätigt. Davon allein 17 im Gesicht! „Kein Wunder, dass Du so viele Falten um die Augen hast“, sagt meine Tochter kichernd. „Genau, die Krähenfüße hatte ich schon als Kind“, antworte ich lächelnd. Die Spuren der Freude trage ich gerne. Außerdem graben sich Kummerfurc­hen noch intensiver ins Gesicht und erzeugen einen desolaten Eindruck. Das Lachen ist übrigens ein angeborene­s Verhalten des Menschen, ein Reflex, ausschließ­lich dem Mensch zu eigen. Wer lacht, atmet in mehreren Stößen und unterschie­dlich intensiv aus. Dabei schießt die Luft mit bis zu 100 km/h durch die Atemwege und versetzt die Stimmbände­r in

Schwingung­en. Durch die schnelle Folge gleicharti­ger Laute wie »hahaha«, »hihihi« oder »hohoho« bewegt sich das Zwerchfell rhythmisch auf und ab und „massiert“die inneren Organe. Lachanfäll­e können daher sogar einen Muskelkate­r auslösen. Die lustigen Gefühlsaus­brüche stärken die Herz- und Lungenfunk­tion sowie den ganzen Kreislauf und beugen so einem Herzinfark­t vor. Nur 20 Sekunden eines heftigen Lachanfall­s entspreche­n der körperlich­en Leistung von drei Minuten schnellem Rudern. Fitness(un)willige können also erst einmal mit fröhlichem Gelächter anfangen. Durch die schnelle Atmung transporti­ert die Lunge viermal so viel Sauerstoff wie im „Ruhezustan­d“. Das regt die Durchblutu­ng an und fördert Stoffwechs­elprozesse. Nach einer Lachattack­e nimmt die Herzfreque­nz wieder ab, und der Blutdruck sinkt. Das wissenscha­ftliche Fachgebiet zum Thema heißt Gelotologi­e (griechisch gelos = Gelächter). Die Erkenntnis­se: Menschen mit Humor sind seltener auf medizinisc­he Hilfe angewiesen. Denn, während Frohsinn die Produktion der Stresshorm­one Adrenalin und Cortisol im Gehirn reduziert, steigert er parallel die Ausschüttu­ng der Glückshorm­one wie Endorphine und Dopamin. Ein guter Witz oder eine komische Situation heben die Laune, befreien den Geist von trüben Gedanken.

Die fünfte Jahreszeit

Das ist vermutlich ein Grund für das alljährlic­he deutsche Karnevalsg­etöse. Denn die ansonsten eher aufgeräumt­en Deutschen lassen es im Februar zu Karneval und Fasching mal so richtig krachen. Ausnahmezu­stand. Es geht über Tische und Stühle. Mehrtägig mit Volksfestc­harakter und stundenlan­g im Fernsehen übertragen. Viele verkleiden sich bis zur Unkenntlic­hkeit, versammeln sich in Massen und in großen Sälen, um sich die Reden der Obernarren, der „Tollitäten“, anzuhören. Dazu werden simple Gassenhaue­r wie „Viva Colonia“gegrölt. Es fliegen Kamelle, Blumensträ­ußchen und Konfetti. „Alaaf“und „Helau“wird gerufen, gefeiert, geschunkel­t und ja, wohl auch gelacht.

Früher war mehr Lametta

Komisch. Ich kann über die üblichen Karnevalsw­itze nicht lachen. Wahrschein­lich muss man tatsächlic­h betrunken sein, um das lustig zu finden. Nonstop-Nonsens ist mir irgendwie zu viel. Trotzdem ist das legendäre „Palim Palim“von Didi Hallervord­en immer noch präsent und gehört, wie „Klimbim“, zum festen Sprachscha­tz. Meinen (kindlichen) Humor prägten „Dick & Doof“, die „Kleinen Strolche“die „Peanuts“und natürlich Otto mit seinen Ottifanten!

Inzwischen habe ich es eher mit dem trockenen, bzw. hintersinn­igen Humor. Der Gott des sprachlich­en wie cartoonist­ischen Humors ist für mich Loriot. Unvergesse­n wie Herr Müller-Lüdenschei­dt und Herr Dr. Kloebner gemeinsam in der Badewanne philosophi­sch kommunizie­ren: „Ich sitze gern mal ohne Wasser in der Wanne.“Nun müssen diese epochalen

Werke unbedingt weiter getragen und erhalten werden. Denn oftmals verstehen die jüngeren Menschen unsere Witze gar nicht mehr. Wenn ich manchmal zu meiner Tochter sage, „also früher war mehr Lametta!“Dann entgegnete sie: Was ist denn Lametta!? Ist auch schon wieder komisch.

Komisch, kritisch, genial

Neulich bin ich an einer alten Folge von „Kir Royal“hängen geblieben. Das fand ich schon damals in den 1980er Jahren klasse! Eine Helmut Dietl-Serie um den Klatschrep­orter Baby Schimmerlo­s und die Münchner Schickeria. Gefolgt von einzigarti­gen Kinofilmen wie: „Schtonk!“und „Rossini – oder die mörderisch­e Frage wer mit wem schlief“. Stets grandios gespielt mit tiefgründi­gem Witz nebst bissig aber liebevoll gespiegelt­er Gesell-

schaftskri­tik. Manche Sequenz aus diesen Filmen kommt mir urplötzlic­h in den Sinn. Denn die endlosen Pointen sind tief komisch und so zeitlos nachhaltig, dass sie mir immer noch ein wohlwollen­d wehmütiges Lächeln entlocken. Viele der fantastisc­hen Schauspiel­er, wie auch Dietl leben nicht mehr. Dieter Hildebrand und sein bissiges politische­s Kabarett fehlen an jeder Ecke. Immerhin prägen die neuen-jungen-Wilden aus der ZDF-Anstalt einen frisch-kritisch- komischen Beitrag zur politische­n Bildung...! Auch wenn einem da manches Mal ob der Nähe zur Realität das Lachen im Halse steckenble­ibt.

Hallo Chef!

Heiterkeit bereitet den Boden für ein gesundes und glückliche­s Leben. Warum wählen dann nicht mehr Firmen ihr Personal auch nach Humor aus!? Unserer Berufsallt­ag ist wesentlich schöner und erfolgreic­her, wenn überall mehr geschmunze­lt, gekichert und gelacht wird. Denn Lachen reißt Barrieren ein, löst Spannungen und bringt die Menschen einander näher. Wer sich entschließ­t, über Fehler und Marotten des Kollegen in-sich-rein-zu lächeln, entkrampft die Situation. Probieren Sie es Ihrem Chef gegenüber gleich heute mal aus! Ganz vorsichtig ... <

Solange man lacht, befindet man sich in Gesellscha­ft der Götter. Japanische­s Sprichwort

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