Haus am See für einen Euro zu haben
Bauruine darf abgerissen werden
OSNABRÜCK Seit 16 Jahren steht sie da, die Bauruine am Rubbenbruchsee. Jetzt hat die Stadt die Chance, die Schrottimmobilie samt Grundstück für einen symbolischen Preis zu kaufen und das Problem zu lösen. Dabei stellt sich die Frage: Soll der Steuerzahler für die Folgen einer privaten Fehlinvestition aufkommen?
Der Stadt hat in einer langen gerichtlichen Auseinandersetzung durchgesetzt, dass der Eigentümer den Rohbau abreißen muss. Eine entsprechende „Rückbauverfügung“sei mittlerweile rechtskräftig und könnte vollzogen werden, bestätigte Stadtbaurat Frank Otte auf Anfrage. Wenn die Stadt Ernst macht, muss der Eigentümer den Bagger kommen lassen – und das auf eigene Kosten. Doch so einfach ist die Lage offenbar nicht.
Nach Informationen unsere Redaktion hat der Eigentümer der Stadt das Angebot unterbreitet, ihr Grundstück und Rohbau für einen symbolischen Preis zu verkaufen. Der symbolische Preis beträgt in der Regel einen Euro. Greift die Stadt zu, kommt sie in den Besitz eines Schlüsselgrundstücks in einem der wichtigsten Naherholungsgebiete von Osnabrück. Sie müsste dann aber auch die Kosten für Abriss und Entsorgung tragen, die Fachleute auf eine mittlere fünfstellige Summe schätzen. Der Eigentümer sprach einmal gar von 250 000 Euro, die ihn ein Abriss kosten würde.
Nun muss die Politik entscheiden. Hinter den Kulissen läuft die Meinungsbildung. Der Eigentümer will sich öffentlich nicht äußern. Es sei Stillschweigen vereinbart worden, sagte sein Anwalt unserer Redaktion.
Dem Vernehmen nach liegen drei Lösungsvorschläge auf dem Tisch:
Variante 1: Die Stadt kauft nicht, sondern drängt auf Vollzug des Urteils auf Kosten des Eigentümers.
Variante 2: Die Stadt kauft, lässt mit Steuergeld die Bauruine abtragen und schafft eine zusätzliche Grünfläche am See.
Variante 3: Die Stadt kauft und wandelt den Rohbau in Wohnungen um.
Das Tauziehen um die sensible Liegenschaft währt schon fast 20 Jahre. Ausgangspunkt war ein verheerender Brand im September 1999, der das Kaffeehaus Barenteich in Schutt und Asche legte. Anstelle des Kaffeehauses wollte die Eigentümerfamilie ein Hotel mit 70 Doppelzimmern errichten. 2004 geriet der Bau ins Stocken, weil das Geld aus der Versicherung nicht reichte und ein Betreiber nicht in Sicht war. 2007 wurden die Arbeiten eingestellt – vorübergehend, wie es hieß. Es war für immer, wie wir heute wissen.
Weil sich drei Jahre auf der Baustelle nichts bewegte, hob die Stadt die Baugenehmigung auf. Derweil suchte der Eigentümer nach Alternativen. Ein Demenz-Zentrum war kurz im Gespräch, dann ein Studentenwohnheim und eine Flüchtlingsunterkunft. Sehr konkret wurden vor etwa fünf Jahren die Pläne, in dem halb fertigen Gebäude 15 Eigentumswohnungen zu schaffen. 3,5 bis 4 Millionen Euro wollte der Eigentümer investieren, doch im Rat fand sich dafür keine Mehrheit.
Das Grundstück mit der Hotelbauruine liegt im Außenbereich, es gibt keinen Bebauungsplan. Als für die benachbarte Fläche am Birkenweg der Bebauungsplan geändert werden sollte, machten sich SPD und Grüne dafür stark, die strittige Hotelfläche in diesen Bebauungsplan aufzunehmen und für das Grundstück eine Wohnbebauung grundsätzlich auszuschließen. Die CDU lehnte das ab. Sie unterstützte bislang eher die Wünsche des Grundstückseigentümers und sprach sich für eine Wohnnutzung aus.
Viele Anwohner des SeeViertels beobachten die politischen Bemühungen mit kritischem Blick. Sie wehren sich gegen alles, was zusätzlichen Verkehr erzeugt. An schönen Wochenenden, wenn halb Osnabrück Erholung am See sucht, werden Wohnstraßen zu Hauptverkehrsadern und Einfahrten allzu oft zu Parkbuchten.