Tschick, Bridget Jones Baby, So ein Satansbraten, Conni & Co., Blue Mountain State, Swiss Army Man, Sausage Party, Männertag, SMS für Dich
Zwei 14jährige starten mit einem geklauten Auto einen Roadtrip durch Ostdeutschland. Der erfolgreiche Jugendroman „Tschick“von Wolfgang Herrndorf trifft auf den renommierten Regisseur Fatih Akin, der mit Filmen wie „Gegen die Wand“und „Soul Kitchen“bekannt wurde.
Maik Klingenberg (Tristan Göbel) ist 14 Jahre alt und hat vor allem ein großes Problem: Er steckt mitten in den Tiefen der Pubertät fest. In der Schule ist er ein klassischer Außenseiter. Alle halten ihn für langweilig und nachdem er im Deutschunterricht einen sehr persönlichen Aufsatz über seine alkoholsüchtige Mutter vorgelesen hat, wird er endgültig als „Psycho“abgestempelt. Seine Chancen, auf die Geburtstagsparty der Klassenschönheit Tatjana eingeladen zu werden, schwinden. Trotzdem macht Maik sich Hoffnung, denn schließlich ist er hoffnungslos in Tatjana verknallt. In mühevoller Kleinstarbeit zeichnet er als Geburtstagsgeschenk ein beeindruckendes Porträt seiner Angebeteten, nur um dann im Schmerz der Enttäuschung zu versinken, als er beim Verteilen der Einladungen als Einziger ignoriert wird, zumindest wenn man den neuen, russischen Mitschüler Andrej Tschichatschow, Spitzname Tschick (Anand Batbileg), nicht mit rechnet. Der stapft mit Goldkettchen, Kippe hinterm Ohr und mit Panzertape geflickten Schuhen durch die Schule. In seiner Hand baumelt stets eine Norma-Plastiktüte, in der man die Wodkaflaschen klimpern hört.
Am ersten Sommerferientag verkriecht sich Maik frustriert daheim in sein Zimmer. Seine Mutter ist wieder mal in der Entzugsklinik und sein Vater ist am selben Tag mit seiner jungen, attraktiven Assistentin auf eine „Geschäftsreise“abgedüst. Da taucht unerwartet Tschick mit einem geklauten Auto vor Maiks Haustür auf und überredet ihn, uneingeladen Tatjanas Party zu stürmen und ihr doch noch sein Geschenk zu überreichen. Damit beginnt für die beiden ein wendungsreicher Roadtrip Richtung Osten, bei dem vor allem Maik zum ersten Mal gesellschaftliche und selbstauferlegte Grenzen austestet und überschreitet, vom ersten Kuss bis zum ersten Autounfall.
Vom Buch zum Film
Wolfgang Herrndorfs Jugendroman avancierte 2010 zum Bestseller und wurde in 24 Sprachen übersetzt. 2011 bekam er den deutschen Jugendliteraturpreis. Herrndorf hatte sich nach der Diagnose eines bösartigen Gehirntumors selbst um die angehende Verfilmung seines Romans gekümmert, bevor er 2013 verstarb. Als Drehbuchschreiber engagierte er Lars Hubrich. Die Regie sollte ursprünglich David Wnendt („Er ist wieder da“, „Feuchtgebiete“) übernehmen. Der verließ aber frühzeitig die Produktion, mutmaßlich aufgrund von kreativen Differenzen. Fatih Akin hatte bereits 2011 Interesse an der Verfilmung von „Tschick“geäußert und bekam dann 2015 den Regiestuhl, gerade mal sieben Wochen vor Drehbeginn.
Er verlieh dem Drehbuch noch seinen letzten persönlichen Schliff und besetzte mit Tristan Göbel sogar kurzfristig die Hauptrolle neu. Die wechselhaften Vorbedingungen der Produktion merkt man dem fertigen Film zum Glück aber kaum an. Beide Jungdarsteller passen glaubwürdig in ihre Rollen. Schnell fühlt man sich wieder in die unbedarften Fantasien eines 14jährigen zurück versetzt und erinnert sich an seine eigene jugendliche Gefühls- und Gedankenwelt. Darin liegen wohl auch besonders die Stärken der Romanvorlage. Aber Fatih Akin trifft auch mit seinen filmischen Mitteln oft den Kern der Sache und des Gefühls. Gerade die Dialoge und Maiks innere Monologe wirken auf angenehme Weise natürlich. Zumindest so natürlich wie es für deutsche Filme nicht immer selbstverständlich ist. In seinen besten Momenten versprüht „Tschick“einen amüsanten, lockeren Charme.
Zum Schmunzeln, nicht zum Lachen
Ähnlich wie es Regisseur Jan Ole Gerster und Schauspieler Tom Schilling in „Oh Boy“geschafft haben, durch absurde Situations-Tragikomik perfekt das Lebensgefühl der Endzwanziger einzufangen, könnte auch „Tschick“das pubertierende Teenageralter repräsentieren. Doch hier kommt der Film leider an seine Grenzen, denn ein richtiges Mittendrin-Gefühl will sich nicht so ganz einstellen.
Akins Verfilmung wählt einen zu schwammigen Mittelweg zwischen absurder Situationskomik, die nicht absurd genug ist, und einer lebensnahen, persönlichen Erzählung, die streckenweise in den sich überschlagenden Ereignissen und Figurenkonstellationen zu konstruiert wirkt. So bleiben vor allem einzelne, anekdotenhafte Szenen in Erinnerung, die mit oft schmunzelndem Humor ein angenehmes Gefühl von Vertrautheit vermitteln, es in ihrer Summe jedoch verfehlen, eine tiefer gehende Verbundenheit mit den Hauptfiguren und ihrer Geschichte zu erzeugen.