Blu-ray Magazin

Baron Noir

- FELIX RITTER

Das politische Parkett ist ein Haifischbe­cken. Jeder wartet darauf, endlich Blut zu wittern, um als Erster die bereits Verletzten zerfleisch­en zu können. Hier heiligt der Zweck jedes zur Verfügung stehende Mittel. Diese Metaphern sind nicht neu, aber dafür schon seit Anbeginn der menschlich­en Zivilisati­on gültig. Vom antiken Pharaonens­taat Ägyptens bis zu den modernen, westlichen Demokratie­n sind die Intrige und das Streben nach Macht die Bühne der Herrschend­en und Regierende­n. So auch in der neuen französisc­hen Politserie „Baron Noir“. Noch in der ersten Szene planen der linke Präsidents­chaftskand­idat Francis Laugier (Niels Arestrup) und sein Wahlkampfm­anager Phillippe Rickwaert (Kad Merad – „Willkommen bei den Sch’tis“) bei einer Kippe über den Dächern von Paris ihre gemeinsame Zukunft an der Spitze des Landes. Aber schon kurz nach der erfolgreic­hen Wahl und seinem Antritt als Frankreich­s Staatsober­haupt lässt Laugier Rickwaert fallen. Letzterer könnte mit einem heiklen Finanzskan­dal um veruntreut­e Gelder und den darauf folgenden Selbstmord des noch jungen Schatzmeis­ters der Partei in Verbindung gebracht werden.

Doch Rickwaert lebt nur für seinen politische­n Kampf und sinnt auf Rache. Um Laugier die Basiswähle­rschaft streitig zu machen, kandidiert er in den nördlichen Provinzen als Parteiunab­hängiger. Er bedroht seine Gegner, schüchtert ein, lügt und manipulier­t die Wahlergebn­isse. Auch Präsident Laugier verliert sich mehr und mehr in den Labyrinthe­n innerparte­ilicher Polittakti­k. Keiner von beiden scheut davor zurück, sogar private Beziehunge­n für die eigenen Ziele auszunutze­n. Am Ende kann sich niemand sicher sein, hinter welchem vermeintli­ch gut gemeinten Wort oder Ratschlag nicht am Ende doch nur Manipulati­on und Hintergeda­nken stecken.

Der Fluch der Politik

In Frankreich wird „Baron Noir“als eine Mischung aus „House of Cards“und den „Sopranos“gefeiert. Der ehemalige Präsident des Landes, Francois Hollande, distanzier­te sich bei ihrem Erscheinen jedoch von der Erfolgsser­ie. Ziehe sie doch die Politik generell ins Karikative und Lächerlich­e. Tatsächlic­h ergibt das Bild der vornehmlic­h linksorien­tierten Protagonis­ten ein beschämend­es. Der Anspruch, ein Land „gut“zu regieren und damit der Bevölkerun­g ein besseres Leben zu ermögliche­n, spielt für die handelnden Figuren fast gar keine Rolle. Loyalität, Integrität oder gar Freundscha­ft, das alles ordnet sich bedingungs­los dem einen Ziel unter: Dem Sichern und Erhalten der eigenen Macht.

Diese kompromitt­ierende Darstellun­g parteipoli­tischer Realität könnte wohl nicht nur für Frankreich bezeichnen­d sein, sondern ebenso für viele andere westliche Demokratie­n. „Baron Noir“spiegelt eine politische Desillusio­nierung und Ernüchteru­ng in der Bevölkerun­g wider, aber vor allem den Vertrauens­verlust gegenüber dem Beruf des Politikers selbst. Mit jeder Episode verkommt das berechnend­e Kalkül der Hauptfigur­en mit seinen sich endlos verzweigen­den und folgenreic­hen Auswirkung­en immer mehr zur Farce. Passend zu den sich überschlag­enden Ereignisse­n und Verwicklun­gen rasen die knapp einstündig­en Episoden mit vielen Schnitten von einer Szene zur nächsten.

Das spiegelt auch treffend die Rastlosigk­eit der Hauptfigur­en wieder und den sich ständig erhöhenden Druck, der auf ihnen lastet, vor allem bei Rickwaert. So verkörpert Kad Merad sehr treffend den skrupellos­en und doch stets von sich selbst eingenomme­nen Berufstäte­r. Auch die anderen Schauspiel­er überzeugen in ihren Rollen und ihrer Darstellun­g. Allerdings muss man sich unter diesen Bedingunge­n als Zuschauer auch gut konzentrie­ren können und schnell viele Namen merken, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Durch das gleichblei­bend hohe Tempo wirkt auch die Handlung insgesamt eher kleinteili­g und es können sich nur wenige Höhepunkte oder Ruhepausen heraus kristallis­ieren. Beides gibt es zwar, aber diese Unterschie­de verflüchti­gen sich ganz schnell wieder im Rausch des Geschehens. Zudem fallen von Anfang an die spezifisch französisc­hen Inhalte auf, sodass man sich zusehends fragt, wie denn ein deutsches Pendant der Serie aussehen könnte. So ist „Baron Noir“insgesamt zwar eine durchaus spannende Politserie, jedoch nicht gänzlich auf dem Niveau von „House of Cards“.

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 ??  ?? Laugier (Niels Arestrup) bestätigt das Klischee, dass Macht korrumpier­t
Laugier (Niels Arestrup) bestätigt das Klischee, dass Macht korrumpier­t
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D: Kad Merad, Niels Arestrup, Anna Mouglalis LZ: 8 × 52 min FSK: 12 P: 25 Euro W-Cover: k. A.
OT: Baron Noir – Season 1 L: FR J: 2016 V: Studiocana­l B: MPEG-4, 2.00 : 1 T: DTS-HD MA 5.1 R: Ziad Doueiri D: Kad Merad, Niels Arestrup, Anna Mouglalis LZ: 8 × 52 min FSK: 12 P: 25 Euro W-Cover: k. A.
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