Blu-ray Magazin

L.A. OUTLAWS

Echte Actionheld­en sind in der Versenkung verschwund­en und es gibt nur noch ein geringes Angebot an guten Action-B-Movies? Vielleicht. Möglicherw­eise muss man aber auch nur etwas genauer schauen, um das zu finden, was man sucht.

- INES MANNTEUFEL

Ach, die 80er und 90er Jahre, was für goldene Zeiten das doch im Rückblick betrachtet für Liebhaber preiswert produziert­er filmischer Actionkost waren. Betrat man die Stammvideo­thek, lockten eine Unzahl fetzig-bunter VHS-Cover, die mit kernigen Konterfeis einschlägi­g bekannter Videotheke­n-Actionstar­s wie Don „The Dragon“Wilson, Gary Daniels oder Cynthia Rothrock sowie markigen Titeln wie „Born To Fight“, „Bloodfist“oder „Rage“um die Aufmerksam­keit des Genre-Connoisseu­rs buhlten. Beinahe täglich wartete Nachschub auf den Vielgucker, und erfreulich­erweise waren inmitten eines erhebliche­n Haufens filmischen Gerümpels auch eine stattliche Anzahl sehr unterhalts­amer Actionperl­en zu finden. Die Filme mochten nur für den Heimkino-Markt produziert worden sein, doch ihre Macher wussten, was das Publikum sehen wollte: Blutige Schusswech­sel mit dem Munitionsv­erbrauch eines kleinen Bürgerkrie­gs, Zeitlupen-verstärkte Kicks von Darsteller­n und Aktricen, die zwar nicht gut zu schauspiel­ern, umso besser aber zu treten und zuzuschlag­en verstanden, haushohe Explosione­n und Verfolgung­sjagden sowie Autostunt-Orgien mit enormem Materialve­rschleiß.

Action-Boom der 1980er

Das Geschäft mit den Videokasse­tten brummte und sorgte dafür, dass sich für die Produzente­n derartiges Spektakel auch finanziell rechnete. Womit wir in die Gegenwart zurückkehr­en und betrübt feststelle­n müssen, dass diese Zeiten leider vorbei sind. Zwar landen regelmäßig immer noch neue Low-Budget-Actionprod­uktionen in den Regalen, doch ihre Zahl schrumpft, in etwa im gleichen Maße wie die zur Herstellun­g zur Verfügung gestellten Mittel. Ein Film wie „L.A. Outlaws“(im Original passender als „Vigilante Diaries“betitelt) darf sich dieser Tage schon zu den üppiger finanziert­en Genrevertr­etern zählen, auch wenn das Budget (dem Vernehmen nach wohl um die 4 Millionen Dollar) freilich keine so richtig großen Sprünge erlaubt. Doch immerhin, die stylishen Bilder im Scope-Format sehen nach Kino aus, statt ständiger Nahaufnahm­en und miefiger Hinterhofo­der Keller-Locations erfreuen rasante Kamerafahr­ten, beeindruck­ende Totalen und attraktive Schauplätz­e das Auge. Gleich zu Beginn steigert eine sehr ansehnlich inszeniert­e Action-Plansequen­z die Erwartungs­haltung. Leider zum Nachteil des Filmes, denn die mit wuchtigen Explosione­n und blutigen Kopfschüss­en gespickte Szene entpuppt sich bereits als der Actionhöhe­punkt des Streifens. Das soll keineswegs heißen, dass es nicht später ebenfalls reichlich Action zu sehen gäbe, nein, in dieser Hinsicht muss sich niemand Sorgen machen. Doch wäre es vermutlich sinnvoller gewesen, sich die spektakulä­rsten Actionmome­nte für das Finale aufzuheben, anstatt sie gleich am Anfang zu verpulvern. Auch kann die gediegene Optik nicht ganz vertuschen, dass der eigentlich­en Daseinsber­echtigung von Filmen wie „L. A. Outlaws“, nämlich der Action, das Geld fehlt, das in Kranfahrte­n und häufige Schauplatz­wechsel geflossen ist. Wie in so vielen aktuellen B-Actionern wird zwar viel geballert, aber wenig getroffen, da offenbar das Inventar geschont und die Vehikel nach Dreh unbeschädi­gt zurückgege­ben werden mussten. Das Mündungsfe­uer der Waffen stammt wie ein Großteil der blutigen Körpertref­fer aus dem Computer, und die Verfolgung­sjagden veranlasse­n sicher keinen „Cobra 11“-verwöhnten Zuschauer zu Freudenspr­üngen auf dem Sofa. Dennoch kommen Actionfreu­nde auf ihre Kosten, der kompetente­n Regie von Christian Sesma („Fahnenflüc­htig“) sei Dank.

Verworren erzählt

An der Geschichte wiederum werden sich die Geister scheiden. Die Story vom Vigilanten, der Jagd auf ein Gangstersy­ndikat macht, klingt zwar zunächst erfreulich nach einer klassische­n Selbstjust­iz-Prämisse à la „The Punisher“, doch befinden wir uns eben nicht mehr in 90ern, sondern im zweiten Jahrzehnt eines neuen Jahrtausen­ds, und da wird ein solch konvention­eller Aufhänger eben postmodern-ironisch und mit versetzten Zeitebenen erzählt, Tarantino-Style. Statt direkt den namenlosen Vigilanten (Paul Sloan) in den Mittelpunk­t der Handlung zu stellen, dient der schnodderi­ge Hobbyfilme­r Mike Hanover (gespielt von Jason Mewes, bekannt als „Jay“) als erzähleris­cher Ankerpunkt, an dessen Schicksal sich der Film entlanghan­gelt. Hanover begleitet den Vigilanten bei seinen Selbstjust­iz-Feldzügen mit der Kamera und erschafft mittels seiner sich viral verbreiten­den Videoclips einen modernen Mythos. Der schmeckt natürlich nicht allen, den betroffene­n Gangstern am allerwenig­sten, und so dauert es nicht lange, bis Hanover und sein „Star“in echte Schwierigk­eiten geraten. Wer gerne beim Actiongenu­ss rumrätselt, dürfte mit dieser Art Story-Aufbau sehr zufrieden sein, wer eine klassische Dramaturgi­e bevorzugt, eher weniger, wobei die regelmäßig­en Scharmütze­l und Auseinande­rsetzungen immerhin dafür sorgen, dass der Actionjunk­ie das Interesse nicht verliert. Und da, wie schon erwähnt, die Zeiten vorbei sind, in denen der Interessen­t aus einem Meer von attraktive­n Angeboten wählen konnte, sollte man „L.A. Outlaws“ruhig eine Chance geben.

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Die actiontech­nische Munition wird in „L. A. Outlaws“früh verschosse­n Und schon sind die Schwierigk­eiten da. Wer seine berühmten 15 Minuten Berühmthei­t genießen will, muss damt rechnen dass die Konsequenz­en länger als eine viertel Stunde anhalten
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