Die Asche meiner Mutter
Frank McCourt war fünf Jahre alt, als seine Eltern beschlossen, Amerika den Rücken zu kehren und zurück in ihre Heimat nach Irland zu reisen. Zwischen Armut, Krankheit und Tod lernt Frank, dass das Leben keine Geschenke bereit hält. 1996, 61 Jahre nachdem er das erste Mal einen Fuß auf irischen Boden setzte, schrieb er das Buch „Die Asche meiner Mutter“. Die düstere, aber authentisch und mit raffiniertem Witz erzählte Autobiografie kletterte prompt an die Spitze der internationalen Bestsellerlisten. 1999 brachte Alan Parker das Leben von Frank McCourt schließlich auf die Leinwand. Arbeitslos und ohne Perspektive versuchen Angela (Emily Watson) und Malachy (Robert Carlyle) in der Kleinstadt Limerick den Kampf ums Überleben zu gewinnen. Schuhe, die mit alten Fahrradreifen geflickt werden, eine Toilette für die Bewohner einer gesamten Straße und Wasser als dauerhafter Untermieter sind an der Tagesordnung. Frank (Joe Breen) muss zusehen, wie drei seiner Geschwister an den Folgen der Armut sterben, wie seine Mutter zunehmend in Depressionen versinkt und sein Vater säuft, bis es aus allen Löchern wieder herauskommt. Er trifft eine Entscheidung: So wird sein Leben nicht aussehen.
Nass, nässer, Limerick
Den alltäglichen Versuch der Familie McCourt, sich über Wasser zu halten, kann man auf die visuelle Inszenierung des Dramas übertragen. Was in Limerick pro Szene an Regen herunterkommt, würde wahrscheinlich reichen, um ganz Irland darin zu baden. Atmosphärisch trifft „Die Asche meiner Mutter“dafür aber alle zwölf. Die Gassen in den irländischen Slums wirken dunkel und zeichnen wenig farbliche Kontraste. Düster, nass und kalt schleichen die trostlosen Bilder im Wohnzimmer umher und lassen sich neben einem auf der Couch nieder. Narrativ begleitet von Franks Stimme entsteht eine ehrliche Erzählung über Armut mit Erinnerungen aus Kinderaugen. Obwohl es für den Regisseur einige Möglichkeiten gegeben hätte, bewusst den Einsatz von Tränendrüsen zu provozieren, hält sich die Inszenierung fern von übersteigerter Dramatik. Den brillanten Darstellern gelingt es, die tückischen Fallen eines Melodramas zu umgehen. Herausragend ist nicht nur Oscar-Nominee Emily Watson, die als devote Ehefrau und aufopferungsvolle Mutter Emotionen auslöst, die genau ins Herz treffen. Ebenfalls eindrucksvoll erweisen sich auch Joe Breen, Ciaran Owens und Michael Legge, die Frank in seinen temporär abgestuften Kindesstadien verkörpern. Obwohl die Besetzung fast durchgängig einwandfrei ist, fehlt etwas. Der Missstand der Familie kommt deutlich zum Ausdruck. Dennoch gibt es keine Berührungspunkte mit der anderen Klinge der Schere, der wohlhabenderen Bevölkerungsschicht. Es wäre interessant gewesen zu sehen, wie sich dies auf die Dynamik der Handlung ausgewirkt hätte. Schade ist auch, dass Regisseur Alan Parker es nur stellenweise schafft, die Unbarmherzigkeit des Lebens in Armut mit erbaulichem Humor zu entschärfen. Was dem Buch den Sprung in die Herzen der Leser erlaubte, bleibt dem Film leider verwehrt. Ganz gleich wie das Ende aussieht, nach dem Abspann dominiert eher ein bitterer Nachgeschmack das Fazit.