Condor Boeing 767-300ER Business Class
Frankfurt – Kapstadt
HINTERGRUND:
Auf ihren Langstrecken bietet Condor seit 2014 in der Boeing-767-Flotte ein erneuertes Produkt, das „Business Class“heißt. Die Verbindung Frankfurt – Kapstadt kostet in dieser Klasse ab 1.162 Euro pro Strecke. Das ist extrem günstig, zumal Lufthansa dafür Tarife um 2.800 Euro aufruft. Die Unterschiede jedoch sind erheblich: So ist das Condor-Ticket nicht flexibel umbuchoder stornierbar, sofern man nicht für 150 Euro die „Flex Option“wählt. Beim Gepäck sind 30 Kilo frei (Lufthansa zwei Mal 32 Kilo) plus zwölf Kilo Handgepäck, Miles&More-Meilen gibt es bei Condor pauschal nur 2.500 pro Strecke in „Business Class“, die unterm Strich wohl eher eine Art „Business Light“ist.
CHECK-IN:
Wer, wie ich, mit einem Lufthansa-Zubringerflug nach Frankfurt reist, kann nicht für Condor online einchecken – das merkt man erst nach Abschluss des Vorgangs. Ein Sitzplatz wird aber bereits bei Buchung kostenfrei reserviert. Obwohl man bei Condor online alle Passdaten eintragen muss, werden diese nicht weitergegeben, und man wird am Gate nochmals aufgerufen, damit das Personal die Daten eingibt – wenig elegant gelöst.
BOARDING:
Business-Passagieren steht am Gate ein eigener Zugang zur Verfügung, bei bis zu 30 Gästen in der Schlange und Eingabe der Passdaten (s. o.) zieht sich das Boarding jedoch hin.
DER SITZ:
Dieses Flugzeug verfügt über 30 Sitze in Business Class (Condor betreibt auch eine Version mit 18 Sitzen), fünf Reihen in 2–2–2-Konfiguration, ich sitze auf 2G. Klar im Vorteil sind die beiden vordersten Sitzpaare 1AC und 1HK mit wesentlich mehr Fußraum, allerdings ist auf diesem 12-Stunden-Flug 1HK geblockt und mit Vorhängen als Crew Rest reserviert. Der Sitzabstand beträgt hier 59 Zoll (152,5 Zentimeter), sonst 58 Zoll (149,8 Zentimeter), Lufthansa bietet 64 Zoll. Entscheidende Minuspunkte bei Condor sind die Neigung der Liegefläche um zehn Grad sowie die Kürze der Liegefläche von nur gut 180 Zentimetern (Lufthansa: 198 Zentimeter). Condor bie- tet einen 15-Zoll-Monitor an jedem Platz plus Strom- und USB-Anschluss.
DER FLUG:
Vor dem Start gibt es bereits ein Glas Champagner, Marke Duval-Leroy Brut Réserve. Nach dem pünktlichen Abheben habe ich Schwierigkeiten mit meinem Kopfhörer und dessen zweipoligem Stecker, ich finde dafür keine Buchse zum Einstecken. Es bedarf mehrerer Flugbegleiter, um das Rätsel zu lösen, der Stecker muss abgezogen werden, darunter kommt ein einpoliger zum Vorschein, für den gibt es eine Buchse. Absurd kompliziert, und es funktioniert trotzdem nicht, erst mit einem neuen Kopfhörer. Das Unterhaltungsangebot ist nicht riesig – 30 Filme und noch wesentlich mehr CDs, aber inhaltlich von guter Qualität.
Dies ist ein Nachtflug, doch leider dauert es mit dem Service gefühlt ewig. Erst nach einer Stunde in der Luft werden Menükarten verteilt und erstmals Getränke serviert, viel zu spät, kurz nach 23 Uhr deutscher Zeit. Bis die Vorspeise kommt, sind eine Stunde und 42 Minuten nach dem Abheben vergangen, es ist Mitternacht. Auf dem Tablett: zwei Vorspeisen (Perlhuhnbrust mit Rettichsalat und Pesto sowie Heilbutt- und Lachsfilet auf Fenchel-Apfel-Salat) plus Salat und Frischkäse-Dip, auch der Käse ist bereits dabei. Es stehen drei Hauptgerichte zur Wahl (Rinderroulade mit Spätzle, Lachsfilet/Riesengarnele mit Shiitake-Sojabohnen-Gemüse und Graupenrisotto, Teigtaschen mit Ricotta-Füllung und gegrillten Pilzen). Ich bereue schon, überhaupt etwas bestellt zu haben, weil es so lange dauert, bis es
kommt. Ich hatte für den Fisch optiert, schmeckt ganz ordentlich, aber ich probiere nur und gebe dann alles ab, verzichte aufs Dessert (Kirschschnitte).
Ich fahre meinen Sitz auf Bettlänge aus und versuche, Ruhe zu finden. Schwierig, denn, ich muss es leider sagen und habe schon mehrere Nächte auf dem Condor-Sitz verbracht, für einen Mann von 1,88 Meter Größe ist dies keine bequeme Schlafstatt. Die Unterlage ist hart, besonders das unschön abknickende Fußende, das ich mit meiner verpackten Decke zu polstern versuche, was jedoch den bei geneigten Sitzen üblichen Rutscheffekt nicht aufhält. Ich versuche einzuschlafen, als die Besatzung gegen zwei Uhr morgens deutscher Zeit mit großer Lautstärke auf dem Kabinenlautsprecher einen Werbespot für den Bordverkauf abspielt, erst in Deutsch, dann in Englisch. Vermutlich nicht nur ich empfinde diese Störung als akustische Kör- perverletzung. Später setzt sich die Ruhestörung auf andere Weise fort – auf meinem und dem Nachbarsitz lassen sich die Bildschirme nicht abschalten und flimmern grell. Auch hier bedarf es mehrerer Nachfragen, bis die Crew die Monitore deaktivieren kann.
Wenig überraschend fühle ich mich am Morgen arg zerknittert. Das Frühstück (kalte Platte, Rührei mit Kalbsbratwurst, Birchermüsli) rühre ich kaum an, bis auf das leckere Müsli. Der Getränkeservice ist extrem langsam. Die meisten Passagiere haben ihre Teller schon leer gegessen, bis die junge Flugbegleiterin Tee oder Kaffee anbietet, das jedoch mit einem sehr netten Lächeln. Dann reicht ein Flugbegleiter auch noch warme, duftende Zimtschnecken aus einem Korb, die meine Lebensgeister wieder wecken. Jetzt endlich bin ich bereit für Kapstadt, wo wir pünktlich nach elf Stunden und 25 Minuten im Süd-Sommer landen.
FAZIT:
Condor bietet auf Langstrecken guten Gegenwert fürs Geld. Für Geschäftsreisende taugt das Angebot nur bedingt, kann aber im Einzelfall durchaus eine preislich attraktive Alternative zu Liniengesellschaften sein, gerade bei seltener angeflogenen Fernzielen. An den bei großen Airlines auf Langstrecken heute in Business üblichen Liegekomfort reicht Condor bei weitem nicht heran, aber das darf man bei den Tarifen auch nicht erwarten.