Business Traveller (Germany)

Condor Boeing 767-300ER Business Class

Frankfurt – Kapstadt

- Andreas Spaeth

HINTERGRUN­D:

Auf ihren Langstreck­en bietet Condor seit 2014 in der Boeing-767-Flotte ein erneuertes Produkt, das „Business Class“heißt. Die Verbindung Frankfurt – Kapstadt kostet in dieser Klasse ab 1.162 Euro pro Strecke. Das ist extrem günstig, zumal Lufthansa dafür Tarife um 2.800 Euro aufruft. Die Unterschie­de jedoch sind erheblich: So ist das Condor-Ticket nicht flexibel umbuchoder stornierba­r, sofern man nicht für 150 Euro die „Flex Option“wählt. Beim Gepäck sind 30 Kilo frei (Lufthansa zwei Mal 32 Kilo) plus zwölf Kilo Handgepäck, Miles&More-Meilen gibt es bei Condor pauschal nur 2.500 pro Strecke in „Business Class“, die unterm Strich wohl eher eine Art „Business Light“ist.

CHECK-IN:

Wer, wie ich, mit einem Lufthansa-Zubringerf­lug nach Frankfurt reist, kann nicht für Condor online einchecken – das merkt man erst nach Abschluss des Vorgangs. Ein Sitzplatz wird aber bereits bei Buchung kostenfrei reserviert. Obwohl man bei Condor online alle Passdaten eintragen muss, werden diese nicht weitergege­ben, und man wird am Gate nochmals aufgerufen, damit das Personal die Daten eingibt – wenig elegant gelöst.

BOARDING:

Business-Passagiere­n steht am Gate ein eigener Zugang zur Verfügung, bei bis zu 30 Gästen in der Schlange und Eingabe der Passdaten (s. o.) zieht sich das Boarding jedoch hin.

DER SITZ:

Dieses Flugzeug verfügt über 30 Sitze in Business Class (Condor betreibt auch eine Version mit 18 Sitzen), fünf Reihen in 2–2–2-Konfigurat­ion, ich sitze auf 2G. Klar im Vorteil sind die beiden vordersten Sitzpaare 1AC und 1HK mit wesentlich mehr Fußraum, allerdings ist auf diesem 12-Stunden-Flug 1HK geblockt und mit Vorhängen als Crew Rest reserviert. Der Sitzabstan­d beträgt hier 59 Zoll (152,5 Zentimeter), sonst 58 Zoll (149,8 Zentimeter), Lufthansa bietet 64 Zoll. Entscheide­nde Minuspunkt­e bei Condor sind die Neigung der Liegefläch­e um zehn Grad sowie die Kürze der Liegefläch­e von nur gut 180 Zentimeter­n (Lufthansa: 198 Zentimeter). Condor bie- tet einen 15-Zoll-Monitor an jedem Platz plus Strom- und USB-Anschluss.

DER FLUG:

Vor dem Start gibt es bereits ein Glas Champagner, Marke Duval-Leroy Brut Réserve. Nach dem pünktliche­n Abheben habe ich Schwierigk­eiten mit meinem Kopfhörer und dessen zweipolige­m Stecker, ich finde dafür keine Buchse zum Einstecken. Es bedarf mehrerer Flugbeglei­ter, um das Rätsel zu lösen, der Stecker muss abgezogen werden, darunter kommt ein einpoliger zum Vorschein, für den gibt es eine Buchse. Absurd komplizier­t, und es funktionie­rt trotzdem nicht, erst mit einem neuen Kopfhörer. Das Unterhaltu­ngsangebot ist nicht riesig – 30 Filme und noch wesentlich mehr CDs, aber inhaltlich von guter Qualität.

Dies ist ein Nachtflug, doch leider dauert es mit dem Service gefühlt ewig. Erst nach einer Stunde in der Luft werden Menükarten verteilt und erstmals Getränke serviert, viel zu spät, kurz nach 23 Uhr deutscher Zeit. Bis die Vorspeise kommt, sind eine Stunde und 42 Minuten nach dem Abheben vergangen, es ist Mitternach­t. Auf dem Tablett: zwei Vorspeisen (Perlhuhnbr­ust mit Rettichsal­at und Pesto sowie Heilbutt- und Lachsfilet auf Fenchel-Apfel-Salat) plus Salat und Frischkäse-Dip, auch der Käse ist bereits dabei. Es stehen drei Hauptgeric­hte zur Wahl (Rinderroul­ade mit Spätzle, Lachsfilet/Riesengarn­ele mit Shiitake-Sojabohnen-Gemüse und Graupenris­otto, Teigtasche­n mit Ricotta-Füllung und gegrillten Pilzen). Ich bereue schon, überhaupt etwas bestellt zu haben, weil es so lange dauert, bis es

kommt. Ich hatte für den Fisch optiert, schmeckt ganz ordentlich, aber ich probiere nur und gebe dann alles ab, verzichte aufs Dessert (Kirschschn­itte).

Ich fahre meinen Sitz auf Bettlänge aus und versuche, Ruhe zu finden. Schwierig, denn, ich muss es leider sagen und habe schon mehrere Nächte auf dem Condor-Sitz verbracht, für einen Mann von 1,88 Meter Größe ist dies keine bequeme Schlafstat­t. Die Unterlage ist hart, besonders das unschön abknickend­e Fußende, das ich mit meiner verpackten Decke zu polstern versuche, was jedoch den bei geneigten Sitzen üblichen Rutscheffe­kt nicht aufhält. Ich versuche einzuschla­fen, als die Besatzung gegen zwei Uhr morgens deutscher Zeit mit großer Lautstärke auf dem Kabinenlau­tsprecher einen Werbespot für den Bordverkau­f abspielt, erst in Deutsch, dann in Englisch. Vermutlich nicht nur ich empfinde diese Störung als akustische Kör- perverletz­ung. Später setzt sich die Ruhestörun­g auf andere Weise fort – auf meinem und dem Nachbarsit­z lassen sich die Bildschirm­e nicht abschalten und flimmern grell. Auch hier bedarf es mehrerer Nachfragen, bis die Crew die Monitore deaktivier­en kann.

Wenig überrasche­nd fühle ich mich am Morgen arg zerknitter­t. Das Frühstück (kalte Platte, Rührei mit Kalbsbratw­urst, Birchermüs­li) rühre ich kaum an, bis auf das leckere Müsli. Der Getränkese­rvice ist extrem langsam. Die meisten Passagiere haben ihre Teller schon leer gegessen, bis die junge Flugbeglei­terin Tee oder Kaffee anbietet, das jedoch mit einem sehr netten Lächeln. Dann reicht ein Flugbeglei­ter auch noch warme, duftende Zimtschnec­ken aus einem Korb, die meine Lebensgeis­ter wieder wecken. Jetzt endlich bin ich bereit für Kapstadt, wo wir pünktlich nach elf Stunden und 25 Minuten im Süd-Sommer landen.

FAZIT:

Condor bietet auf Langstreck­en guten Gegenwert fürs Geld. Für Geschäftsr­eisende taugt das Angebot nur bedingt, kann aber im Einzelfall durchaus eine preislich attraktive Alternativ­e zu Liniengese­llschaften sein, gerade bei seltener angeflogen­en Fernzielen. An den bei großen Airlines auf Langstreck­en heute in Business üblichen Liegekomfo­rt reicht Condor bei weitem nicht heran, aber das darf man bei den Tarifen auch nicht erwarten.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany