Ethiopian Airlines A350 / B787-8 Business Class
FRANKFURT – ADDIS ABEBA – KAPSTADT
HINTERGRUND: Ethiopian Airlines ist seit kurzem Afrikas größte Fluggesellschaft und gilt schon lange als beste Airline des Kontinents. Seit immerhin 60 Jahren fliegt Ethiopian bereits Frankfurt an. Mit derzeit 54 Zielorten allein in Afrika bedient die Gesellschaft so viele Ziele in ihrer Region wie keine andere. Die Airline erhebt den Anspruch auf Weltgeltung, Europäer können auch günstig von Dublin nach Los Angeles reisen – mit Ethiopian.
CHECK-IN: Am Business-Schalter herrscht ein wenig Chaos, weil sich Economy-Passagiere vor den Schaltern drängen. Doch dann stellt ein Mitarbeiter wieder Ordnung her, bietet mir an, meinen großen Koffer gleich bis Kapstadt durchzuchecken, obwohl ich 24 Stunden Aufenthalt in Addis Abeba habe. Ich bin ein wenig skeptisch, willige aber ein, weil es mich während meines Stopovers entlastet. BOARDING: Das Boarding beginnt pünktlich und verläuft reibungslos.
DER SITZ: Die A350 heute Abend ist erst im Oktober 2017 ausgeliefert worden und sieht tadellos aus. Kein bisheriger A350-Betreiber hat an Bord derart viele Sitze installiert wie Ethiopian, insgesamt 348, davon 30 in „Cloud Nine“, wie die Business Class heißt. Ethiopian bleibt ähnlich konservativ wie Lufthansa und belässt es bei der weniger komfortablen 2–2–2-Konfiguration, während viele andere A350-Betreiber ein 1–2–1-Layout bieten. Die Sitze sind jeweils leicht seitlich zum Fenster hin ausgerichtet, die Mittelsitze zueinander. So lassen sich trotz relativ geringen Sitzabstands (mit 165 cm etwas mehr als bei Lufthansa) absolut ebene Full-Flat-Sitze unterbringen. Interessanterweise ist die A350 das derzeit einzige Flugzeug bei Ethiopian, das eine 180-GradNeigung der Rückenlehne erlaubt. Mein Sitz ist 2A, doch die Füße haben in der Bettposition derart wenig Platz, dass ich auf 1A wechsle, alle vorderen Reihen sind heute Abend leer. Vollkommen anders hier – geschätzt dreimal so breite, geräumige Fußkästen an jedem Sitz. Dass die Sitztaschen an einer eher symbolischen Mini-Trennwand in Schulterhöhe versteckt sind, merkt man spätestens, wenn man seinen Kopfhörer sucht.
DER FLUG: Vor dem Start wird bereits kalter Champagner serviert (Lallier Brut), sogar unaufgefordert nachgeschenkt. Wir starten pünktlich gegen 22 Uhr Ortszeit, die Flugzeit nach Addis Abeba beträgt nicht einmal sechs Stunden, und dort ist es zwei Stunden später als in Frankfurt. Da ich bereits vormittags Termine vor Ort habe, muss ich jede Chance zum Schlafen nutzen und werfe nur einen kurzen Blick ins üppige Bordmenü: Vorspeise Flusskrebse/Räucherforelle oder eine Suppe, vier Hauptgerichte zur Wahl (Gulasch mit Spätzle, zwei Arten von Panzerotti-Pasta oder Barramundi-Fisch) plus Gugelhupf, Früchte und Käse. Außerdem gibt es noch ein volles Frühstück (Käseomelette mit Putenbrust oder süßer Crêpe), für beides jeweils auch eine Express-Option. Sicherlich zwei Drittel dieser kurzen Nacht könnte man so mit Essen verbringen. Ich hingegen mache mich gleich nach dem Start bereit zum Schlafen. Das auf 198 Zentimeter ausfahrbare Bett ist zumindest in der ersten Reihe dank des breiten Fußkastens sehr kommod, und da niemand in der Nähe sitzt, spielt auch die bei dieser Sitzanordnung begrenzte Privatsphäre heute keine Rolle. Mein Schlaf ist trotzdem nicht ungestört, denn es ist in der Kabine bald viel zu warm. Als ich das moniere, sagt die Flugbegleiterin allen Ernstes: „24 Grad ist die ideale Kabinentemperatur.“Nein, ist sie nicht. Überhitzte Kabinen sind einer der häufigsten Beschwerdegründe auf Nachtflügen, da müssen die Airlines dringend sensibler reagieren. Immerhin: Nach meiner Intervention wird es ein wenig kühler.
ANKUNFT: Ich bin alles andere als ausgeschlafen, als wir vor der Zeit nach nur 5:47 Stunden in Addis Abeba landen.
WEITERFLUG: Gut 24 Stunden später bin ich wieder am Bole Airport zum Weiterflug nach Kapstadt. Die Chinesen bauen derzeit ein neues Terminal, dessen erste Phase noch dieses Jahr in Betrieb gehen soll. Bis dahin ist es morgens rappelvoll im bestehenden Gebäude. Selbst bei der Passkontrolle gibt es aber eine Fast Lane für Business-Passagiere.
LOUNGE: Die Lounge von Ethiopian Airlines ist riesig und bietet einige Besonderheiten. So reicht eine lächelnde Dame nach allen Regeln der äthiopischen Kaffeezeremonie zubereiteten Kaffee. Nebenan lockt ein üppiges Frühstücksbuffet, sehr willkommen. Wie in guten Hotels gibt es hier eine Station, an der ein Koch frische Eierspeisen bereitet.
DER SITZ: Heute steht eine von Ethiopians älteren Dreamlinern bereit für den Flug nach Kapstadt, die Boeing 787-8 wurde im Juli 2013 ausgeliefert. Auch hier sind alle Abläufe überpünktlich, die Maschine weitgehend voll, ich sitze in der letzten Business-Reihe auf 4A, theoretisch am Fenster, doch leider gibt es direkt am Sitz hier kein Fenster – nur wenn man sich weit nach vorn beugt, kann man aus dem nächsten Fenster schauen. Auch in der B787 sind die 24 Business-Sitze in 2–2–2-Konfiguration angeordnet, allerdings bieten sie keine Full-Flat-Betten, sondern lassen sich nur um 170 Grad neigen, wie übrigens in allen derzeiti-
gen Ethiopian-Großraumflugzeugen, mit Ausnahme der A350. Wichtig zu wissen, denn je nach Buchungslage mischt Ethiopian auf fast allen Strecken oft auch kurzfristig 777, 787 und A350. Und ein wenig unverständlich, denn der Sitzabstand ist in der 787 mit 172 Zentimetern größer als in der A350. Anders als dort gibt es im Dreamliner keine Fußkästen, sondern das Fußende des Sitzes lässt sich bis in die Waagerechte ausfahren, während das Kopfteil leicht angewinkelt bleibt. Problem: sehr wenig Fußraum im ausgefahrenen Zustand, ich kriege meine Füße nur unter, wenn ich mich seitlich hinlege. Und die Sitze haben deutliche Gebrauchsspuren, Schmutz in den Ritzen und Sitzschienen. Hier muss Ethiopian proaktiver handeln.
DER FLUG: Obwohl wir bereits vor der Abflugzeit das Gate verlassen, sorgt eine lange und vom Kapitän nicht kommentierte Wartezeit an der Startbahn für einen leicht verzögerten Abflug. Die geplante Flugzeit beträgt etwa sechs Stunden. Zu meiner Freude gehört Ethiopian nicht zu den Airlines, die stur nach dem Start das Essen servieren. Drei Stunden vergehen, in denen ich arbeite, lese und im guten Bordprogramm einige schöne AudioCDs höre. Großes Highlight ist eine traumhafte Aussicht auf den Kilimandscharo in Tansania. Drei Stunden nach dem Start tragen die Damen das Mittagessen auf. Von den zwei Vorspeisen zur Wahl wird mir einfach Thunfisch vorgesetzt. Ich frage nach der anderen, Austernpilze mit Reis, und erhalte sie zusätzlich. Beides eher mäßig. Doch dann der Höhepunkt: Ein Buffetwagen rollt an mit äthiopi- schen Köstlichkeiten. Verschiedene Currys, die mit dem Fladenbrot Injera gegessen werden und hervorragend schmecken. Das Gegenteil von langweiligem Airline-Essen. Bravo! Eigentlich bin ich satt, als die echten Hauptgerichte kommen, und mein Nilbarsch enttäuscht nach dem Geschmacksfeuerwerk zuvor. Dazu gehört unbedingt einer der wunderbaren äthiopischen Weine, ich probiere den Chardonnay aus dem Rift Valley. ANKUNFT: Wir landen nach 6:05 Stunden pünktlich in Kapstadt. Das Auffinden meines durchgecheckten Koffers gestaltet sich mühsam. Ich warte lange am Band, kein Koffer. Auf Nachfrage am Gepäckschalter keine klare Auskunft, im System sei nichts zu finden. Bis ein Mitarbeiter meint, ich solle mal da hinten nachschauen. Tatsächlich, da steht er in einem Haufen anderer Koffer.
FAZIT: Ethiopian Airlines bietet ein hochwertiges Business-Class-Produkt zu einem meist recht günstigen Preis. Leider kann sich Afrikas führende Airline bisher nicht dazu entschließen, in ihre moderne Flotte durchgängig Full-Flat-Bettsitze einzubauen, die heute bei Premium-Airlines Standard sind. Diese bleiben zunächst weiter nur den Nutzern der A350 vorbehalten. Sobald das neue Terminal am Drehkreuz Addis Abeba eröffnet, wird sich die Umsteigeeffizienz noch erhöhen.