Herausforderungen für Personaler
Wie verändert sich die Arbeit im Zuge der Digitalisierung? Wie müssen Unternehmen ihre Personalarbeit anpassen, um erfolgreich am Markt zu bestehen? In einem Bus machten sich Personaler auf den Weg, um in Unternehmen aus München und Umgebung Antworten zu
In einem Bus machten sich Personaler auf den Weg, um in Unternehmen aus München und Umgebung Antworten auf Fragen rund um das Thema Digitalisierung zu finden.
Geht es um die Zukunft der Arbeit, ist immer von Flexibilität die Rede. Flexible Arbeitszeiten sind ein Muss, will man als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Doch bei der HR Innovation Safari, die die Startups HR Forecast und HR Instruments mit der IHK in München organisierten, zeigte sich gleich zu Beginn, dass die Sache mit der Flexibilität nicht ganz so einfach ist. So machte Soziologe Norbert Huchler, Vorstandsmitglied des renommierten Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF), deutlich, dass die individuellen Interessen der Mitarbeiter mit den Anforderungen der Unternehmen keineswegs immer im Einklang stehen. Viele Mitarbeiter streben nach sinnhafter Arbeit, Partizipation, Zusammenarbeit auf Augenhöhe und Flexibilität, um Arbeit und Privatleben optimal vereinbaren zu können. Firmen hingegen stel- len sich den Idealmitarbeiter als intrinsisch Motivierten vor, der Kosten, Qualität und natürlich den Kundenwunsch stets im Blick hat. Zudem soll der Mitarbeiter allzeit bereit sein, so Huchler: „Arbeit wird allgegenwärtig. Die Menschen sollen nicht abschalten und stattdessen Ideen, die sie im Privatleben entwickeln, beruflich einbringen.“
Führung als Service für Mitarbeiter
Nicht alle Mitarbeiter spielen hier mit, und auch nicht alle Unternehmen erwarten das, räumte der Wissenschaftler ein. Darum könne es nur individuelle Lösungen für Arbeitsmodelle der Zukunft geben, die auf einem ehrlichen Kompromiss zwischen den Flexibilitätsanforderungen der Mitarbeiter und denen des Unternehmens beruhten.
Setzen Unternehmen nur auf standardisierte Prozesse, hemmt das letztlich die Innovationskraft, so Huchler. Die menschliche Arbeitskraft biete mehr als das Ausführen von Prozessen, und eine dezentrale Arbeitsorganisation eröffne mehr Spielräume als eine integrierte formale Organisation, behauptet der Soziologe. In dezentralen Organisationen trügen Vorgesetzte zwar weiter Verantwortung, müssten aber Führung als Service begreifen, der die Mitarbeiter unterstütze. Huchler sprach von „ermöglichender Führung“.
In welch umfassendem Wandel traditionelle Unternehmen stecken, zeigte eine weitere Station der HR-Bustour: Leuchtmittelhersteller Osram, bis 2013 noch eine hundertprozentige Siemens-Tochter, befindet sich durch die Ausgliederung des Lampengeschäfts im Umbruch. Wurde bislang der Großteil des Umsatzes mit Hardwarekomponenten erwirtschaftet, rückt nun die Software in den Fokus. So machen sich die Mitarbeiter im Bereich „Li-Fi“Gedanken, wie sich Licht und Lampen mit dem Internet vernetzen und welche neuen Services sich daraus entwickeln lassen: Denkbar wäre etwa ein Parking-Management-Ecosystem, das in Großstädten dem Autofahrer über Lichtquellen freie Parkplätze anzeigt.
Solche Geschäftsmodelle würden für den Osram-Konzern, der bislang im B2B-Geschäft unterwegs ist, allerdings ganz neue Fragen aufwerfen: Wer und wo ist hier der Endkunde? Und wofür ist er bereit zu zahlen? Auch würde ein solches Modell die Zusammenarbeit mit vielen neuen Partnern aus der Internet-Welt voraussetzen, mit denen man bisher noch kaum Berührungspunkte hat. Dem Unterneh- men ist bewusst, dass hier mehr Austausch nötig ist, aber auch neue Entwicklungsansätze wie Rapid Prototyping, so dass Produkte noch im Entwicklungsstadium beim Kunden angetestet werden können.
Das Jahresgespräch reicht nicht mehr
Vieles muss in Zukunft schneller gehen, unterstrich Daniel Schmidbauer, Head of HR Development & Learning bei Osram: „Wir brauchen schnelleres Feedback und Systeme für ein kontinuierliches Feedback. Das traditionelle Jahresgespräch reicht nicht mehr.“Noch stehe Osram bei der Überarbeitung des PerformanceManagements am Anfang, ebenso in vielen anderen Feldern. Für Personalexperten etwa sieht Schmidbauer eine wichtige Aufgabe darin, anhand individueller Aufgaben- und Qualifikationsprofile das richtige Weiterbildungsangebot für Mitarbeiter herauszufiltern. Außerdem müssten auch die befristet Beschäftigten und die Zeitarbeiter, von denen immer mehr engagiert werden, die Chance haben, sich weiterzubilden. Zudem gelte es, die vorhandenen Daten besser auszuwerten, um zu ermitteln, welche Kompetenzen Mitarbeiter bereits haben und welche neuen sie brauchen.
Schnelle Lösungen für Personalsuche
Nicht nur in der Weiterbildung, sondern in der gesamten Personalarbeit gibt es vielfältige Ansatzpunkte, um unterstützt von digitalen Werkzeugen Fortschritte zu machen. So lassen sich nicht nur Prozesse beschleunigen, sondern auch der Kontakt zu einzelnen Mitarbeitern kann verbessert werden. Das gilt ebenso für potenzielle Mitarbeiter – also Bewerber. Das zeigte eine weitere Station der HR-Safari, auf der Startups in je sechs Minuten Lösungen vorstellten. Talentry etwa ist eine digitale Plattform für Mitarbeiterempfehlungen. Mit geringem Aufwand können Mitarbeiter in ihrem persönlichen Netzwerk für offene Stellen im eigenen Unternehmen werben und einen Bonus kassieren. „Bei Otto erreichen wir 35 Prozent aller Mitarbeiter mit unserem System“, sagt Gründer Carl Hoffmann. „So sind schon 1000 Bewerbungen eingegangen.“Dem steigenden Bedürfnis nach flexiblem Arbeiten kommt Tandemploy entgegen. Eine MatchingSoftware führt hier Mitarbeiter zusammen, die sich einen Job teilen wollen, sowie Firmen, die solche Duos beschäftigen möchten.
Spontane Mitarbeiterbefragungen
HR Instruments wiederum möchte den meist ungeliebten Mitarbeitergesprächen neuen Glanz verleihen. Mitunter vergehen nach solchen Jahresendgesprächen Monate, bis das Prozedere abgeschlossen ist. HR Instruments ermöglicht Führungskräften, per Smartphone Ad-hoc-Befragungen vorzunehmen und noch am selben Tag die Auswertung zu erhalten. Das Startup hat auch die Lösung „Instant Feedback“entwickelt, mit der Mitarbeiter jederzeit spontan Rückmeldungen geben können.
Einer validen Planung hat sich Christian Vetter von HR Forecast verschrieben: Seine Datenanalysen ermöglichen es, strategische Entscheidungen auf fundierter Datenbasis zu treffen. So kann ein Unternehmen errechnen, ob die Belegschaft in fünf Jahren noch wettbewerbsfähig ist und ob es auf dem lokalen Arbeitsmarkt die gewünschten Mitarbeiter finden wird.