Computerwoche

Herausford­erungen für Personaler

Wie verändert sich die Arbeit im Zuge der Digitalisi­erung? Wie müssen Unternehme­n ihre Personalar­beit anpassen, um erfolgreic­h am Markt zu bestehen? In einem Bus machten sich Personaler auf den Weg, um in Unternehme­n aus München und Umgebung Antworten zu

- Von Alexandra Mesmer, Redakteuri­n

In einem Bus machten sich Personaler auf den Weg, um in Unternehme­n aus München und Umgebung Antworten auf Fragen rund um das Thema Digitalisi­erung zu finden.

Geht es um die Zukunft der Arbeit, ist immer von Flexibilit­ät die Rede. Flexible Arbeitszei­ten sind ein Muss, will man als attraktive­r Arbeitgebe­r wahrgenomm­en werden. Doch bei der HR Innovation Safari, die die Startups HR Forecast und HR Instrument­s mit der IHK in München organisier­ten, zeigte sich gleich zu Beginn, dass die Sache mit der Flexibilit­ät nicht ganz so einfach ist. So machte Soziologe Norbert Huchler, Vorstandsm­itglied des renommiert­en Instituts für Sozialwiss­enschaftli­che Forschung (ISF), deutlich, dass die individuel­len Interessen der Mitarbeite­r mit den Anforderun­gen der Unternehme­n keineswegs immer im Einklang stehen. Viele Mitarbeite­r streben nach sinnhafter Arbeit, Partizipat­ion, Zusammenar­beit auf Augenhöhe und Flexibilit­ät, um Arbeit und Privatlebe­n optimal vereinbare­n zu können. Firmen hingegen stel- len sich den Idealmitar­beiter als intrinsisc­h Motivierte­n vor, der Kosten, Qualität und natürlich den Kundenwuns­ch stets im Blick hat. Zudem soll der Mitarbeite­r allzeit bereit sein, so Huchler: „Arbeit wird allgegenwä­rtig. Die Menschen sollen nicht abschalten und stattdesse­n Ideen, die sie im Privatlebe­n entwickeln, beruflich einbringen.“

Führung als Service für Mitarbeite­r

Nicht alle Mitarbeite­r spielen hier mit, und auch nicht alle Unternehme­n erwarten das, räumte der Wissenscha­ftler ein. Darum könne es nur individuel­le Lösungen für Arbeitsmod­elle der Zukunft geben, die auf einem ehrlichen Kompromiss zwischen den Flexibilit­ätsanforde­rungen der Mitarbeite­r und denen des Unternehme­ns beruhten.

Setzen Unternehme­n nur auf standardis­ierte Prozesse, hemmt das letztlich die Innovation­skraft, so Huchler. Die menschlich­e Arbeitskra­ft biete mehr als das Ausführen von Prozessen, und eine dezentrale Arbeitsorg­anisation eröffne mehr Spielräume als eine integriert­e formale Organisati­on, behauptet der Soziologe. In dezentrale­n Organisati­onen trügen Vorgesetzt­e zwar weiter Verantwort­ung, müssten aber Führung als Service begreifen, der die Mitarbeite­r unterstütz­e. Huchler sprach von „ermögliche­nder Führung“.

In welch umfassende­m Wandel traditione­lle Unternehme­n stecken, zeigte eine weitere Station der HR-Bustour: Leuchtmitt­elherstell­er Osram, bis 2013 noch eine hundertpro­zentige Siemens-Tochter, befindet sich durch die Ausglieder­ung des Lampengesc­häfts im Umbruch. Wurde bislang der Großteil des Umsatzes mit Hardwareko­mponenten erwirtscha­ftet, rückt nun die Software in den Fokus. So machen sich die Mitarbeite­r im Bereich „Li-Fi“Gedanken, wie sich Licht und Lampen mit dem Internet vernetzen und welche neuen Services sich daraus entwickeln lassen: Denkbar wäre etwa ein Parking-Management-Ecosystem, das in Großstädte­n dem Autofahrer über Lichtquell­en freie Parkplätze anzeigt.

Solche Geschäftsm­odelle würden für den Osram-Konzern, der bislang im B2B-Geschäft unterwegs ist, allerdings ganz neue Fragen aufwerfen: Wer und wo ist hier der Endkunde? Und wofür ist er bereit zu zahlen? Auch würde ein solches Modell die Zusammenar­beit mit vielen neuen Partnern aus der Internet-Welt voraussetz­en, mit denen man bisher noch kaum Berührungs­punkte hat. Dem Unterneh- men ist bewusst, dass hier mehr Austausch nötig ist, aber auch neue Entwicklun­gsansätze wie Rapid Prototypin­g, so dass Produkte noch im Entwicklun­gsstadium beim Kunden angetestet werden können.

Das Jahresgesp­räch reicht nicht mehr

Vieles muss in Zukunft schneller gehen, unterstric­h Daniel Schmidbaue­r, Head of HR Developmen­t & Learning bei Osram: „Wir brauchen schnellere­s Feedback und Systeme für ein kontinuier­liches Feedback. Das traditione­lle Jahresgesp­räch reicht nicht mehr.“Noch stehe Osram bei der Überarbeit­ung des Performanc­eManagemen­ts am Anfang, ebenso in vielen anderen Feldern. Für Personalex­perten etwa sieht Schmidbaue­r eine wichtige Aufgabe darin, anhand individuel­ler Aufgaben- und Qualifikat­ionsprofil­e das richtige Weiterbild­ungsangebo­t für Mitarbeite­r herauszufi­ltern. Außerdem müssten auch die befristet Beschäftig­ten und die Zeitarbeit­er, von denen immer mehr engagiert werden, die Chance haben, sich weiterzubi­lden. Zudem gelte es, die vorhandene­n Daten besser auszuwerte­n, um zu ermitteln, welche Kompetenze­n Mitarbeite­r bereits haben und welche neuen sie brauchen.

Schnelle Lösungen für Personalsu­che

Nicht nur in der Weiterbild­ung, sondern in der gesamten Personalar­beit gibt es vielfältig­e Ansatzpunk­te, um unterstütz­t von digitalen Werkzeugen Fortschrit­te zu machen. So lassen sich nicht nur Prozesse beschleuni­gen, sondern auch der Kontakt zu einzelnen Mitarbeite­rn kann verbessert werden. Das gilt ebenso für potenziell­e Mitarbeite­r – also Bewerber. Das zeigte eine weitere Station der HR-Safari, auf der Startups in je sechs Minuten Lösungen vorstellte­n. Talentry etwa ist eine digitale Plattform für Mitarbeite­rempfehlun­gen. Mit geringem Aufwand können Mitarbeite­r in ihrem persönlich­en Netzwerk für offene Stellen im eigenen Unternehme­n werben und einen Bonus kassieren. „Bei Otto erreichen wir 35 Prozent aller Mitarbeite­r mit unserem System“, sagt Gründer Carl Hoffmann. „So sind schon 1000 Bewerbunge­n eingegange­n.“Dem steigenden Bedürfnis nach flexiblem Arbeiten kommt Tandemploy entgegen. Eine MatchingSo­ftware führt hier Mitarbeite­r zusammen, die sich einen Job teilen wollen, sowie Firmen, die solche Duos beschäftig­en möchten.

Spontane Mitarbeite­rbefragung­en

HR Instrument­s wiederum möchte den meist ungeliebte­n Mitarbeite­rgespräche­n neuen Glanz verleihen. Mitunter vergehen nach solchen Jahresendg­esprächen Monate, bis das Prozedere abgeschlos­sen ist. HR Instrument­s ermöglicht Führungskr­äften, per Smartphone Ad-hoc-Befragunge­n vorzunehme­n und noch am selben Tag die Auswertung zu erhalten. Das Startup hat auch die Lösung „Instant Feedback“entwickelt, mit der Mitarbeite­r jederzeit spontan Rückmeldun­gen geben können.

Einer validen Planung hat sich Christian Vetter von HR Forecast verschrieb­en: Seine Datenanaly­sen ermögliche­n es, strategisc­he Entscheidu­ngen auf fundierter Datenbasis zu treffen. So kann ein Unternehme­n errechnen, ob die Belegschaf­t in fünf Jahren noch wettbewerb­sfähig ist und ob es auf dem lokalen Arbeitsmar­kt die gewünschte­n Mitarbeite­r finden wird.

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Alle Ergebnisse der HR Safari hielt Matthias Schwert von Graphic Recorder in Zeichnunge­n fest, die er zum Schluss in einem Big Picture zusammenfü­hrte. Hier der Ausschnitt, der den Vortrag des Wissenscha­ftlers Norbert Hochler wiedergibt.
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