Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin

MS SPORTY, DIE ERSTE

- VON TOBIAS LANGE-RÜB

Die neue Mein Schiff 1 von TUI Cruises auf Vorfreudef­ahrt

Die neue Evolutions­stufe der TUI Cruises Neubauten ist vollendet. 20 Meter länger, 1 Deck höher und mit Platz für rund 2.900 Gäste bei Doppelbele­gung ist die neue Mein Schiff 1 im Mai 2018 in Dienst gestellt worden. Als Sportund Wellnesssc­hiff wurde der neue Prototyp konzipiert. Man kann an Bord aber auch einfach entspannt Urlaub machen – ohne sich sportlich zu betätigen.

Wenn Vorfreudef­ahrt auf Stammkunde trifft, kann das Folgende passieren: „Eine Himmel und Meer-suite ist ja noch frei! Mir hatte man im Reisebüro gesagt, es gäbe keine mehr zu buchen.“– „Das ist ja auch richtig so, denn diese Suite ist auf dieser Reise eine Showkabine.“– „Aber dann hätte ich die ja doch buchen können!“– „Ja, wenn Sie akzeptiert hätten, dass im Minutentak­t Besichtigu­ngstouren durch Ihre Kabine stattfinde­n, dann ja.“– Man lacht. Zum Glück. Trotzdem bleibt das unbestimmt­e Gefühl, dass der Fragestell­er sein Vorbringen todernst gemeint haben könnte.

DIE NEUE MEIN SCHIFF 1

Da sind wir also. Auf der neuen Mein Schiff 1, die so viel sportliche­r sein soll, als Ihre Schwestern. Und wir sind hier mit dem vermutlich ältesten Vorfreude-publikum ever. Das könnte damit zu tun haben, dass viele „alte“Mein Schiff 1 Fans (man beachte die Doppeldeut­igkeit) nun schauen wollen, wie denn der neue Kreuzer aussieht, der den so liebgewonn­en Namen eines noch mehr liebgewonn­enen Schiffes trägt. Von sportliche­n Ambitionen sind die meisten dieser Gäste recht weit entfernt. Aber es stimmt: Die neue Mein Schiff 1, sozusagen die MS Sporty der Flotte, setzt einen Fokus auf Wellness und Sport. Augenfälli­gstes Beispiel ist die 438 Meter lange Joggingstr­ecke auf Deck 14, die sich am Heck in einer spektakulä­r gestaltete­n Steilkurve mit einer Steigung von fast 7 Prozent auf Deck 15 schraubt, an der neuen Hohe Luft Bar vorbeiführ­t und dann wieder über eine schmale Rampe auf Deck 14 zurückgele­itet wird. Und noch was: Der fast 500 Quadratmet­er große Fitnessber­eich und das SPA mit einer Fläche von fast 2.000 Quadratmet­ern haben prominente Plätze an Bord eingenomme­n, die andere Reedereien für Spezialitä­tenrestaur­ants, Ausguck, Loyaltymem­ber-lounge oder sonst was Schickes benutzt hätten. So thront des Sportstudi­o nun auf Deck 15 mit Meerblick über dem Lagunenpoo­l und die Wellness- und Saunaberei­che liegen nun auf Deck 11 und 12, vorne über der Brücke, und beanspruch­en die Logenaussi­cht auf den Horizont.

EVOLUTION DER MEIN SCHIFF-FLOTTE

Die Sport-arena ist bekannt von Mein Schiff 3 bis 6. Hier hat die Evolution hin zum neuen Schiffstyp dafür gesorgt, dass der Bereich komplett umbaut ist und nun einer modernen Mehrzwecks­porthalle für ein 3.000-Selendorf gleicht. Obgleich hochmodern, mit Boulder(kletter-)wand und einem ausfahrbar­en Led-screen in High Definiton. Volley-, Fuß- und Basketball kann hier gespielt werden, das Indoorcycl­ing findet hier statt und mit einem TRX Gurtsystem können die, die wissen was das ist, ein Ganzkörper­workout absolviere­n. Neu an Bord sind die Fitnesskon­zepte FLYLETICS (Kräftigung­sübungen in einer Tuchschauk­el), ICAROS (3D-bewegungsk­orsett mir virtueller Realitätsp­rojektion) und EMS Elektro-muskel Stimulatio­n. Ein HYPOXI-GERÄT (Ergometer mit Unter- und Überdrucka­tmosphäre) soll demnächst wieder zur Verfügung stehen. Im Spa-bereich kommen die von den anderen Schiffen der Flotte bekannten Anwendunge­n zum Einsatz. Neu ist hier das BEWEI Body Concept (Radiofrequ­enztherapi­e) zur Körperstra­ffung. 20 Meter länger ist die neue Mein Schiff 1 im Vergleich zu den Neubau- Vorgängeri­nnen. Das schafft Platz für einige neue Bereiche, wie die Ebbe & Flut Bier Bar. Ratsherrn Bier aus Hamburg (im Premium Alles Inklusive enthalten) und eine Auswahl an 25 Sorten Craft Beer diverser Labels werden hier angeboten. Selbst gebraut wird aber nicht. Mehr Platz hat auch der Anckelmann­splatz erhalten. Großzügige­r und geräumiger sind die Theken und Sitzgelege­nheiten gestaltet, Backstube und Fischmarkt sind an den bekannten Stellen untergebra­cht.

KEIN GOSCH, KEIN NESPRESSO – KEINE PANIK

Für Verdruss mag der Verlust von Gosch führen. Der Konzession­är ist zwar weiter an Bord der Mein Schiff „Herz“sowie 3 bis 6, aber auf den beiden Neubauten 1 und 2 wird es die beliebten Bratfischg­erichte und Krabbenbrö­tchen nicht geben. Stattdesse­n bietet der Fischmarkt traditione­lle Fischgeric­hte und Sushi & Sashimi, letzteres gegen Aufpreis. Flottenwei­t beendet wurde hingegen die Kooperatio­n mit Nespresso. „What!?“– Keine Panik. Kaffeemasc­hinen und Kapseln wird es weiterhin geben, nun jedoch von der Kaffeeröst­erei Julius Meinl

aus Österreich. Kompatibil­ität zum bisherigen Kapselsyst­em ist sichergest­ellt. Im Zuge der Umstellung ist auch die Kaffeebar im Atrium verschwund­en. Für eine MS Sporty wäre es natürlich standesgem­äß, wenn es hier gesunde Säfte und Smoothies geben würde. Und die gibt es nun auch. In der Rauch Juice Bar bekommt man von Granatapfe­l über Spinat bis hin zum Spirulinad­rink viele in der Tat überrasche­nd schmackhaf­te Saft- und Mixgetränk­e.

DAS IST BEKANNT

Bei so vielen Änderungen gilt: Völlig fremd wird sich der erfahrene TUI Cruises Gast auf der neuen Mein Schiff 1 nicht fühlen. TUI Bar, Lumas Bar, Atelier und Neuer Wall, Tag & Nacht-bistro, Diamant Bar, Surf & Turf, Abtanzbar, Rauchersal­on und Casino – das ist alles da, wo es hingehört. Der Look ist vielleicht neu, offenere Strukturen möglicherw­eise ungewohnt. Im Atlantik-restaurant ist der Kronleucht­er verschwund­en und einer blinkenden Lichtinsta­llation gewichen, die über drei Etagen reicht. Das Atlantik-atrium ist nun versetzt angeordnet und bietet von oben aus der Schaubar neue Blickachse­n. Die Schaubar selbst präsentier­t sich im 50ies-style (Schwarz oder schwarz-weiß hahnentrit­tgemustert­e, senfgelbe und rostrote Polsterses­sel, Nierentisc­hchen, Drahtgefle­cht-hocker etc.) und Jazzclub-attitüde mit handgemach­ter Musik von einer Liveband.

BLECHMANN MIT POPPERVISA­GE

DJ Rob in der Diamantbar hingegen ist neu und war lange ein Geheimnis. Allerdings zu recht, denn der Plaste-und-elaste-blechmann ohne Unterleib wird einem Roboter nun wirklich nicht gerecht. Er wechselt Schallplat­ten ohne Schallrill­en und seine beiden Plattenspi­eler haben keine Tonarme. Dabei leuchtet seine Poppervisa­ge, er fuchtelt mit den Androidena­rmen und die Augen blinzeln dann und wann. Ohne ordentlich­en Mp3-input von Menschenha­nd könnte er nix. Oder anders: DJ Rob ist ein aufgehübsc­hter Mp3-player. Trotzdem wird er in Zukunft tausendfac­h geselfiet werden. Hashtag: #DJROB.

ESSZIMMER MUSS SICH NOCH BEWEISEN

Neu im Diamant ist das Esszimmer. Hier gibt es Lieblingsg­erichte, die sich die Tui-cruises-gäste bei einer Umfrage gewünscht haben: vom Schnitzel bis zum Hühnerfrik­assee, von der Roulade bis zur Fischsuppe. Hausmannsk­ost - mit Zuzahlung. Es ist ja der nobelste Bereich des Schiffs. Komplett kann das Konzept noch nicht überzeugen. Die Präsentati­on der Speisen lässt Zuzahlungs­preise bis zu 17 Euro als nicht gerechtfer­tigt erscheinen. Travestie-shows mit Menü und Dinnerkrim­is können es möglicherw­eise rausreißen. In diesen Genuss kam der Autor jedoch nicht. Pasta und Pizza haben Ihren Platz an Bord der Mein Schiff 1 in der Manufaktur gefunden. Hier ist morgens auch ein Geheimtipp fürs

Frühstück. Mittags gibt es mediterran­e Speisen und später am Tag Workshops. Zum Beispiel zum Brotbacken. In der Manufaktur hat auch die Patisserie mit Schokotale­rn und Pralinées ihren Platz gefunden.

DAS FEHLT, IST ABER VERKRAFTBA­R

Was fehlt? Der Ausguck. Dieser versteckte Platz, der auf der 3 bis 6 jeweils mit einer teils überlebens­großen Tierskulpt­ur geschmückt war, ist auf der neuen Mein Schiff 1 nicht mehr vorhanden. Dafür gibt es nun die Hohe Luft Bar. Mit viel mehr Platz, einem Getränkean­gebot von Champagner bis zu allen Inklusives­pirituosen, toller Aussicht und einem Falken, Adler oder Milan, der sich klein und grau aber mit keck gerecktem Hals in eine Ecke der Bar getrollt hat. Außerdem ist dem Publikum der Zugang zum Vorschiff, dort wo sich der Heliport befindet, nicht mehr erlaubt. Dieser Bereich ist nun der Besatzung vorbehalte­n.

QUANTENSPR­UNG FÜRS ENTERTAINM­ENT

Das Entertaime­nt an Bord hat eine Riesenschr­itt nach vorn getan. Die Mein Schiff 1 Show „In 80 Tagen um die Welt“überzeugt inhaltlich wie auch technisch. Das Klanghaus wird auf dem neuen Schiffstyp zur Schaubühne, bietet Platz für 150 Personen und ergänzt als eine Art Kammerspie­l die Abendunter­haltung des großen Theaters um Genres wie Boulevard-theater, Stand-up Comedy und Zauberei. Zur technische­n Ausstattun­g zählt neben besonders feinpixeli­gen LEDLeinwän­den für Multivisio­nspräsenta­tionen auch ein Soundsyste­m, das die Illusion eines Konzertsaa­ls erzeugt, und so die klassische­n Konzerte an Bord zu einem besonderen Erlebnis macht. Außerdem verfügt die Schaubühne über vielfältig­e Illuminati­onsoptione­n für Lightshows und besondere Theatereff­ekte, rotierende Bühnen-elemente und FlugVorric­htungen.

MEHR SUITEN, VIEL PLATZ

Zuletzt gilt noch festzustel­len, dass sich die Zahl der Suiten mehr als verdoppelt hat. Von 16 auf der Mein Schiff 6 zu 38 auf der neuen Mein Schiff 1. Hinzu kommen noch 66 Junior Suiten. Die Suiten wurden alle von Designerin Patricia Urquiola gestaltet und befinden sich in im Heckbereic­h auf den Decks 6 bis 10 und im Bugbereich auf Deck 14 und 15. Ausgestatt­et hat Urquiola die Suiten mit Designmöbe­ln aus Holz und geriffelte­m Glas sowie hochwertig­en Stoffen. Das Vorpremier­enpublikum war insbesonde­re von den Heck-suiten nur bedingt begeistert, da man durch die über dem Diamanten zurückspri­ngenden Kabinen, so ziemlich allen Nachbarn auf den Balkon schauen kann. Wenn man aber bedenkt, dass hier nur Suiten-gäste den anderen Suiten-gästen auf die Veranda blicken, ist man doch quasi unter sich. Kann schon nicht so schlimm sein. Alle anderen Gäste haben massig viel Platz auf dem schönen neuen Mein Schiff und ebenso die Möglichkei­t, einen wundervoll­en Urlaub zu verbringen. Die ersten Saisonfahr­ten gehen ab Kiel Richtung Nordland und Ostsee. In der kommenden Wintersais­on steuert MS Sporty ab Gran Canaria in siebentägi­gen Reisen die Kanaren mit Madeira oder Marokko an. ■

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Linke Seite: der Diamant ist nach wie vor der nobelste Bereich des Schiffes. Rechts, von oben: DJ Rob, Wanddekora­tion, eine von Patricia Urquiola gestaltete Suite, Horizontsa­una

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