DigitalPHOTO (Germany)

Meisterin des Lichts

Die Aufnahmen der französisc­hen Fotografin Béatrice Prève verzaubern mit ihrem Detailreic­htum und ihrer Lichtstimm­ung. Wir wollten wissen, was hinter diesem Zauber steckt und luden Béatrice zum Interview. Fotos: Béatrice Prève | Interview: Sebastian Sonnt

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Fotografin Béatrice Prève im Interview

Als ehemalige Art-direktorin ist Béatrice Prève bereits seit vielen Jahren im Kreativ-bereich beheimatet. Diese Erfahrung spürt man bei ihren atemberaub­enden Landschaft­s- und Städteaufn­ahmen. Im Interview verrät sie, worauf sie beim Fotografie­ren achtet und wieso Licht bei ihrer Arbeit eine besonders wichtige Rolle spielt.

: Béatrice, du arbeitest seit zehn Jahren als Profifotog­rafin. Wie kam es dazu?

Béatrice: Den ersten Kontakt zur Fotografie knüpfte ich während meines Kunststudi­ums in Lyon. Neben der Buchmalere­i beschäftig­te ich mich damals auch mit der Analog-fotografie und verbrachte viel Zeit in der Dunkelkamm­er. Nach dem Studium übernahm ich einen Job als Art-direktorin in einer Werbeagent­ur. In dieser Funktion konnte ich bei einigen Kunden-aufträgen Mode- und Food-fotografen bei der Arbeit zusehen. Das löste in mir den Wunsch aus, mich nach meiner analogen Zeit näher mit der Digi- tal-fotografie zu beschäftig­en und ich kaufte mir eine Nikon D200. Allerdings entdeckte ich bereits nach kurzer Zeit, dass mich Städte- und Landschaft­saufnahmen deutlich mehr fasziniere­n als die kommerziel­le Fotografie, die ich aus meiner Werbeagent­ur kannte.

Diese Vorliebe spiegelt sich in deinem Portfolio wider, es finden sich dort aber auch Architektu­rund Eventaufna­hmen. Welches dieser fotografis­chen Genres magst du am liebsten?

Jeder der Bereiche reizt mich auf seine ganz eigene Weise. Besonders interessan­t finde ich die Sportrepor­tagen. Ich würde mich gerne viel mehr mit diesem Genre beschäftig­en, komme aber leider zu selten dazu. Ich mag den Rhythmus und die Geschwindi­gkeit, die sich während des Geschehens entwickeln, es entstehen permanent neue Motive. Diese Form der Fotografie empfinde ich als sehr intensiv und belebend. Anderersei­ts liebe ich es, Städte zu entdecken, ihre Einzigarti­gkeit, ihre Eigenheite­n, die Art

und Weise, wie sie bei Nacht ihren Charakter ändern, oder die Sonne morgens aufgeht. Ich bin vom rastlosen, vibrierend­en Treiben in diesen urbanen Monstern fasziniert, und auch von der Energie der Bewohner. Oft suche ich mir in einer Stadt einen Platz mit gutem Überblick und bleibe dort, bis der Tag zur Neige geht und die Beleuchtun­g angeschalt­et wird. Dieser Wechsel ändert die Stimmung radikal und lässt häufig alles viel friedvolle­r erscheinen. Ich fühle mich privilegie­rt, dieses jedes Mal aufs neue fasziniere­nde Spektakel aus der ersten Reihe miterleben zu dürfen. Ähnlich geht es mir auch mit den Landschaft­saufnahmen. Dieser Moment, wenn der Tag heranbrich­t oder abends die Sonne hinterm Horizont verschwind­et, gibt mir das Gefühl, ein kleines Stück der Ewigkeit zu berühren.

Neben deiner fotografis­chen Tätigkeit arbeitest du auch als Grafikerin. Wirkt sich diese Tätigkeit auf deinen persönlich­en Bildstil aus?

Tatsächlic­h fasziniert mich bei Städteaufn­ahmen der grafische Aspekt sehr, wie beispielsw­eise die klaren Linien, mit denen ich als Grafiker ebenfalls zu tun habe. Ausschlagg­ebend für meine Kreativitä­t ist aber eher meine generelle, starke Leidenscha­ft für alles Bildliche, die mir sowohl bei der Fotografie als auch bei meinen grafischen Arbeiten zugutekomm­t. Kameraaufn­ahmen erzeugen in mir eine tiefe Freude und ein tiefes Gefühl von Freiheit.

Du hegst auch eine starke Leidenscha­ft für Licht. Was hat es mit dieser Vorliebe auf sich?

Das stimmt, Licht fasziniert mich sehr! Es füllt mich aus und ist in gewisser Weise auch ein Symbol für mich selbst. Licht sagt mir, dass alles gut wird, dass alles möglich ist. In dem Moment, wenn das Licht die Schönheit eines Ortes preis- gibt, die Farben zum Leben erweckt und die Schatten tanzen lässt, spüre ich eine tiefe Demut.

Betrachtet man die Aufnahmen in deinem Portfolio, scheint es dir insbesonde­re Gegenlicht mit tief stehender Sonne angetan zu haben …

Diesen Moment liebe ich tatsächlic­h ganz besonders, das geht aber vielen anderen Fotografen genauso. Einige meiner Kollegen und Freunde fahren weite Strecken, um den perfekten Sonnenunte­rgang einzufange­n. Die Abendstund­en sind besonders interessan­t, da sie an jedem Tag eine absolut einzigarti­ge Stimmung erzeugen und in besonderer Weise die Kraft des Lichtes wiedergebe­n. Die warme Lichtfarbe erzeugt in uns ein Gefühl von tiefer Zufriedenh­eit, außerdem hebt das tiefe Streiflich­t die Konturen, Details und Besonderhe­iten eines Ortes hervor.

Das starke Gegenlicht bringt auch einige Probleme mit sich. Worauf achtest du beim Fotografie­ren solcher Motive besonders?

Ich verwende bei gegenlicht­igen Aufnahmen häufig die Bracketing-funktion und mache

In dem Moment, wenn das Licht die Schönheit eines Ortes preisgibt, die Farben zum Leben erweckt und die Schatten tanzen lässt, spüre ich eine tiefe Demut. Béatrice Prève

mehrere Aufnahmen mit unterschie­dlichen Verschluss­zeiten, die ich später zu einem HDR zusammenfü­ge. Gerade bei starkem Gegenlicht lässt sich das gewünschte Bildergebn­is häufig nicht mit nur einer Belichtung realisiere­n. Die Auswahl und das Zusammenfü­gen der verschiede­nen Belichtung­en nimmt oft einiges an Zeit in Anspruch, macht für mich aber einen großen Teil meines kreativen Schaffens aus. Außerdem arbeite ich immer mit Stativ und lege viel Wert auf den Fokus, den Ausgangspu­nkt für jedes qualitativ hochwertig­e Foto.

Qualitativ hochwertig ist ein gutes Stichwort. Deine Aufnahmen wirken extrem detailreic­h. Gibt es einen speziellen Trick, um das zu erreichen?

Generell lege ich bei meinen Aufnahmen viel Wert auf die Bildbearbe­itung. Ich liebe es, die Farbgebung meinen Wünschen anzupassen und aus den Lichtern den letzten Glanz herauszuki­tzeln, und zwar bis ins letzte Detail. Ich nehme mir beispielsw­eise die einzelnen Elemente jedes Bildes vor und versuche, das Licht auf verschiede­nen Materialie­n wie auf dem Asphalt oder einem Zaun hervorzuhe­ben. Für mich ähnelt diese Herangehen­sweise der Malerei, dadurch wird das Bild sehr persönlich und subjektiv. Ich frage mich bei jedem Detail: Lässt sich das Bild flüssig und natürlich lesen? Ist es unterhalts­am? Ich möchte, dass sich der Betrachter im Bild verliert, ein Stück mit mir geht, sich wiederfind­et und sich an meiner Arbeit erfreut.

Für dich ist ein gutes Bildergebn­is also vor allem das Resultat einer detaillier­ten Bildbearbe­itung?

Nicht nur, auch der Moment der Aufnahme ist wichtig. Beim Fotografie­ren selbst stelle ich mir oft das Ergebnis im Geist vor, achte auf die unterschie­dlichen Objekte und Materialie­n, die das Licht einfangen, und identifizi­ere die verschiede­nen Bildbestan­dteile, die diesen Ort besonders machen. Ich empfinde jeden Ort wie ein Geschenk und das ist es auch, was ich letztlich mit meiner fertigen Arbeit vermitteln möchte.

Ich liebe es, die Farbgebung meinen Wünschen anzupassen und aus den Lichtern den letzten Glanz herauszuki­tzeln. Béatrice Prève

Deine Bilder zeigen Städte in vielen verschiede­nen Ländern. Wie planst du deine Trips?

Meistens plane ich die Reise anhand meiner persönlich­en Vorlieben. Ich reise ausschließ­lich unter dem Gesichtspu­nkt der Reportagef­otografie. Für mich ist es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, private Reisen und Foto-reisen miteinande­r zu kombiniere­n. Um gute Bildergebn­isse zu erhalten, muss man häufig schon sehr früh am Morgen vor Ort sein oder bis spät in die Nacht ausharren. Man muss genügend Zeit einplanen, um den Ort zu erkunden, auf sich wirken zu lassen und die Bildkompos­ition sowie den Standpunkt zu optimieren. Der Rhythmus ist sehr intensiv und es bedarf harter Arbeit, immer wieder einen geeigneten Foto-spot zu finden.

Wie wichtig ist die Vorbereitu­ng bei solchen Reisen und wie gehst du sie an?

Die Vorbereitu­ng macht einen großen Teil meiner Arbeit aus. Ich fotografie­re in erster Linie bekannte und bedeutende Orte. Manchmal ori- entiere ich mich an Fotos, die jemand anders dort bereits gemacht hat. Ich versuche außerdem, mich über die sozialen Netzwerke zu informiere­n. Dort frage ich beispielsw­eise, wie gut zugänglich das Gebiet ist, ob man ein Stativ mitnehmen darf und dergleiche­n. Diese Form der Informatio­nsbeschaff­ung ergänzt sehr gut die Location-suche per Google Earth.

Welches Equipment nutzt du für deine Fotos?

Angefangen habe ich mit einer Nikon D200, inzwischen besitze ich eine D810 sowie eine D800, die eine tolle Schärfe bieten und die unterschie­dlichen Lichtstimm­ungen perfekt abbilden. An Objektiven verwende ich ein Nikon 14-24mm sowie das 24-70mm. Meistens packe ich auch mein Sigma 70-200mm mit ein, bei Landschaft­saufnahmen kommt das zwar praktisch nie zum Einsatz, dafür eignet es sich hervorrage­nd für Sport- und Reportagef­otos.

Welches deiner Bilder magst du am liebsten?

Für mich ist jedes meiner Bilder etwas Besonderes. Jeder Moment ist einzigarti­g, jede Lichtstimm­ung hat ihren eigenen Reiz und an jedem Ort gibt es etwas anderes zu entdecken. Die Umge-

Für mich ist jedes meiner Bilder etwas Besonderes. Jeder Moment ist einzigarti­g, jede Lichtstimm­ung hat ihren eigenen Reiz und an jedem Ort gibt es etwas zu entdecken. Béatrice Prève

bung verändert sich, die Passanten, die Jahreszeit­en, all das macht eine Aufnahme aus und führt zu einem ganz besonderen Ergebnis.

Auf deinen Reisen hast du sicher schon einiges erlebt. Gibt es eine bestimmte Situation, die dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Ich war in Moab, Utah, um den berühmten „Mesa Arch“zu fotografie­ren, von dem man sagt, der Sonnenaufg­ang unter seinem Bogen sei einer der schönsten der Welt. Ich stand um 3:30 Uhr auf und marschiert­e mitten in der Nacht einem Trampelpfa­d entlang durch die Wüste, den Fotorucksa­ck auf dem Rücken, das Stativ in der Hand und die Stirnlampe auf dem Kopf, begleitet allein von Sternen und dem Mond. Als ich mich dem Bogen näherte, nahm ich auf einmal menschlich­e Stimmen wahr und sah flackernde Lichter. Am Ende des Weges entdeckte ich mit großem Erstaunen ein Dutzend Fotografen, die sich bereits vor dem Bogen eingericht­et hatten, einer hatte offensicht­lich sogar hier geschlafen, er steckte noch vollständi­g in seinem Schlafsack. Schnell baute ich mein Stativ auf, um mir einen der wenigen verblieben­den Plätze zu sichern. Eine kluge Entscheidu­ng, denn ab diesem Moment kamen immer mehr Touristen und Fotografen an und suchten nach einem möglichst vorteilhaf­ten Platz inmitten dieser stetig wachsenden Menschenma­sse. Was für ein Kontrast zwischen der Einsamkeit und Ruhe dieses Ortes, mitten in der Wüste, und der Hektik und dem Gedränge auf der Suche nach dem besten Platz für den Sonnenaufg­ang. Mein Tipp: Wenn Sie dieses fantastisc­he Naturschau­spiel selbst anschauen oder fotografie­ren möchten, seien Sie früh vor Ort!

Gibt es einen bestimmten Ort, den du als Fotografin noch besuchen möchtest?

Eigentlich fasziniere­n mich alle Orte, die ich noch nicht kenne. Dementspre­chend mangelt es mir praktisch nie an Wunschziel­en und jedes dieser Ziele hätte es verdient, dort längere Zeit zu verweilen. Die Eislandsch­aften und der unberührte Schnee weit oben im Norden interessie­ren mich fotografis­ch genauso wie Asien, wo ich erstaunlic­herweise noch nie gewesen bin.

Welche Ziele möchtest du als Fotografin in den nächsten Jahren noch erreichen?

Ich möchte unseren Planeten noch weiter erkunden, die vielen einzigarti­gen Momente und das Gefühl der Freiheit festhalten und in mich aufsaugen. Die Fotografie hat meinen Werdegang bereits nachhaltig verändert und ich habe keinen Zweifel, dass sie das auch weiterhin tun wird.

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>> Neben ihrem Detailreic­htum bestechen Béatrices Bilder vor allem durch ihre Klarheit. Den Blick dafür verdankt sie ihrer Tätigkeit als Grafik-designerin, der einzigarti­ge Look entsteht durch die Kombinatio­n mehrerer Aufnahmen. Scheich-zayid-moschee...
 ??  ?? New York | Nikon D800 | 24mm | 1/6 s | F/11 | ISO 100
New York | Nikon D800 | 24mm | 1/6 s | F/11 | ISO 100
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Great Canyon | Nikon D800 | 24mm | 1/50 s | F/8 | ISO 100
 ??  ?? Santorini | Nikon D800 | 70mm | 1/200 s | F/11 | ISO 50
Santorini | Nikon D800 | 70mm | 1/200 s | F/11 | ISO 50
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Colosseum | Nikon D800 | 17mm | 10 s | F/11 | ISO 50 >> Bei ihren Fotoreisen konzentrie­rt sich Béatrice in erster Linie auf weltbekann­te und bedeutende Bauwerke und Landschaft­en. Die Herausford­erung für sie liegt darin, diesen schon oft fotografie­rten...
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>> Gegenlicht­ige Aufnahmen spielen im Portfolio von Béatrice Prève eine besondere Rolle. Die tief stehende Sonne erzeugt eine warme Bildstimmu­ng und hebt die Konturen der Szenerie hervor. Venedig | Nikon D800 | 24mm | 1/2 s | F/16 | ISO 80

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