Der Ulm Schreck
Basketball Rickey Paulding war der entscheidende Mann beim spektakulären Oldenburger Sieg in der zweiten Halbfinalpartie. Selbst beim Gegner genießt er höchsten Respekt
Ulm Wenn Thorsten Leibenath über Rickey Paulding spricht, dann gerät er ins Schwärmen: „Ein außergewöhnlicher Spieler ohne Starallüren. Eine treue Seele, ein bescheidener und zurückhaltender Mensch.“Die Lobeshymne des Trainers von Ratiopharm Ulm überrascht im ersten Moment. Immerhin war eben dieser Paulding nicht nur wegen seiner 28 Punkte maßgeblich daran beteiligt, dass die Ulmer die zweite Halbfinalpartie um die deutsche Meisterschaft in Oldenburg mit 103:107 nach Verlängerung verloren und damit einmal mehr in dieser Saison Basketball-Geschichte geschrieben haben – diesmal allerdings in negativer Hinsicht.
Zur Halbzeit führte Ulm in der Ewe-Arena mit 60:33, einen derart hohen Vorsprung hat noch nie zuvor in der Bundesliga eine Mannschaft vergeigt. Im Heimspiel am Samstag (17 Uhr/Sport1) können die Ulmer sich jetzt mit einem zweiten Sieg gegen Oldenburg in dieser Serie zwar einen Matchball im Kampf um den Einzug in die Endspiele sichern. Den Sack zumachen können sie aber noch nicht.
Irgendwie mag jeder in Basketball-Deutschland inklusive Thorsten Leibenath diesen Rickey Paulding. Der 34-jährige Profi aus Detroit im amerikanischen Bundesstaat Michigan spielt seit zehn Jahren in der deutschen Bundesliga und jedes einzelne davon hat er in Oldenburg verbracht. Paulding ist damit eine große Ausnahme in einem von hoher Fluktuation geprägten Sport, in dem Verträge auch mal für wenige Wochen unterschrieben werden.
Paulding liebt Oldenburg. Seine drei Kinder sprechen fließend Deutsch, spielen Fußball und fühlen sich in der niedersächsischen 160000-Einwohner-Stadt heimisch. Auch deswegen ist der 1,96 Meter große Amerikaner immer geblieben, auch wenn er nach der Meisterschaft 2009 und der Vizemeisterschaft 2013 anderswo vermutlich hätte mehr verdienen können. Manchmal geht es eben auch im Basketball nicht nur ums Geld. Und die Oldenburger lieben ihren Kapitän. Zu dessen zehnjährigem Jubiläum im Verein haben sie im April einen „Rickey Day“veranstaltet und sein Teamkollege Chris Kramer schrieb nach dem irren Spiel gegen Ulm beim Kurznachrichtendienst Twitter: „Das ist Pauldingburg.“
Kramer und Paulding waren die Protagonisten der Oldenburger Aufholjagd am Dienstag. Vier Sekunden waren noch auf der Uhr und es hieß 90:93 aus Sicht der Gastgeber. Kramer stand an der Freiwurflinie und hätte mit zwei erfolgreichen Versuchen nur zwei Punkte machen können. Er warf deswegen absichtlich daneben und schnappte sich selbst den abprallenden Ball. Pass auf Paulding, der mit der Schluss-Sirene mit einem Dreier ausglich. Die Verlängerung war dann erneut Chefsache, mit sieben Punkten in der fünfminütigen Zusatzschicht versetzte Paulding den verunsicherten Ulmern den endgültigen Knockout.
Wenn es in der Bundesliga überhaupt einen Spieler vom sportlichen und menschlichen Format eines Rickey Paulding gibt, dann ist das der Ulmer Per Günther. Auch der ist Kapitän einer Mannschaft, für die er seit mittlerweile neun Jahren spielt. Deutscher Meister allerdings war Günther im Gegensatz zu Paulding noch nie. Das wollen er und seine Ulmer in dieser Saison schaffen und damit ein weiteres Mal Geschichte schreiben – diesmal in positiver Hinsicht.