Donau Zeitung

Konjunktur-Riegel für Jamaika

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Manchmal wirkt die bunte Jamaika-Selbsterfa­hrungsgrup­pe ratlos und verzagt. Immer wieder steht Gesprächst­herapie auf der Tagesordnu­ng. Da müssen der Jürgen, der Cem, die Katrin, der Alexander, der Horst, die Angela, der Peter, der Wolfgang und der Christian sich mal locker machen. Eben Trittin, Özdemir, Göring-Eckardt, Dobrindt, Seehofer, Merkel, Altmaier, Kubicki und Lindner versuchen, statt früher gegenund abfällig übereinand­er mal miteinande­r zu sprechen. Der gruppendyn­amische Prozess in der deutschen Polit-WG stockt immer wieder gefährlich, auch wenn der CDU-Jens (Spahn mit Nachnamen) über den Jürgen, also den Trittin, sagt, er sei „eine echt coole Socke“.

Dennoch fehlt noch der kraftvolle Durchbruch des Sich-Zusammenra­ufens nach dem endlosen WG-Palaver. Noch liegen die Polit-Socken chaotisch auf dem Boden. Doch seit Dienstag liefert die deutsche Wirtschaft den Koalitionä­ren in spe Power-Riegel mit XXLKraft. Die Endlos-Diskutiere­r müssten nur zugreifen. Denn die Konjunktur hat die Kraft der drei Herzen: In den ersten drei Quartalen dieses Jahres läuft es besser, als Optimisten vorhergesa­gt haben.

Deutschlan­d ist ein Boom-Land. Und was das Beste für Politiker ist: Das könnte zumindest die nächsten ein, zwei Jahre so bleiben. Es gibt also – und darin besteht der eigentlich­e Nährwert des ökonomisch­en Jamaika-Riegels – ausreichen­d finanziell­e Steuer-Spielräume. Damit kann man der jeweiligen Wählerklie­ntel – ob SUV-Fahrer oder E-Mobilist – Gutes tun. So lässt sich der Soli absenken, Mütter streichen weitere Geschenke ein, Familien werden auch bedacht und das Klima kommt nicht zu kurz. Derart kraftvoll war die konjunktur­elle Politiker-Nahrung lange nicht mehr. Also dann einfach zubeißen!

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