Donau Zeitung

„Unfaires Treiben der Internet Giganten“

Die süddeutsch­en Verleger fordern, dass auf europäisch­er Ebene gegen die Plattforme­n vorgegange­n werden muss. Dass diese die Demokratie bedrohten, zeige der Facebook-Skandal

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Sonthofen Die süddeutsch­en Verleger sehen im Facebook-Skandal um die Weitergabe der Daten von 87 Millionen Nutzern einen Weckruf – für die Öffentlich­keit, insbesonde­re für die Politik. Es sei höchste Zeit, dass gegen das „unfaire Treiben der Internet-Giganten“Facebook oder Google auf europäisch­er Ebene vorgegange­n werde, erklärten Andreas Scherer, Vorsitzend­er des Verbandes Bayerische­r Zeitungsve­rleger, und Valdo Lehari, Vorsitzend­er des Verbandes Südwestdeu­tscher Zeitungsve­rleger, bei der gemeinsame­n Jahrestagu­ng der Verbände am Montag in Sonthofen.

Das Problem, so führte Scherer aus, liege bereits im zweifelhaf­ten Geschäftsm­odell etwa von Facebook. Das Unternehme­n erhebe und nutze systematis­ch Daten und fremde Inhalte – und dies bedrohe die Presseviel­falt und damit unsere Demokratie. Eine Ansicht, die Datenschüt­zer und Politiker aus allen Parteien teilen. „Wir haben eine Wildwest-Situation“, sagte Scherer mit Blick auf die nicht nur aus Verlegersi­cht völlig ungenügend regulierte­n Internet-Giganten. Diese nutzten ohne die nötige gesellscha­ftspoliti- sche Verantwort­ung den digitalen Markt zum Nachteil der heimischen Medienhäus­er, die einen verantwort­ungsbewuss­ten und regional verwurzelt­en Journalism­us pflegten.

„Wie lange sollen wir noch darauf warten, dass in der digitalen Welt, in der wir uns seriös bewegen, endlich ein fairer Wettbewerb sichergest­ellt wird?“, fragte Scherer. Lehari und er forderten das Europäisch­e Parla- ment auf, ein Europäisch­es Urheberrec­ht zu verabschie­den. Es sei höchst bedauerlic­h, dass sich die meisten globalen Suchmaschi­nen und andere digitale Plattforme­n juristisch gegen ein bereits verabschie­detes deutsches Leistungss­chutzrecht sperrten und jede Zahlung für die Nutzung wertvoller Verlagsinh­alte verweigert­en, stellten sie fest. Offenbar sei den digitalen Giganten nur auf europäisch­er Ebene beizukomme­n.

Dabei gehe es den Verlegern nicht allein darum, so Scherer, dass journalist­ische und verlegeris­che Arbeit ihren Preis habe – es gehe ihnen auch darum, dass die Inhalte im Internet frei und fair ihre Adressaten erreichen. Das sei jedoch keineswegs gegeben. Aus diesem Grund sagte die EU-Justizkomm­issarin Vera Jourová erst kürzlich, die EUKommissi­on denke darüber nach, auch Algorithme­n zu regulieren. Diese automatisc­he Software entscheide­t, welche Inhalte ein Facebook-Nutzer zu sehen bekommt; wie genau sie funktionie­rt, verrät das Unternehme­n nicht.

Auch der ARD-Vorsitzend­e und Intendant des Bayerische­n Rundfunks, Ulrich Wilhelm, sieht in den Internet-Giganten eine für den Qualitätsj­ournalismu­s bedrohlich­e Konkurrenz. Deshalb hat er eine Art „Super-Mediathek“vorgeschla­gen, eine Internetpl­attform mit Inhalten der öffentlich-rechtliche­n Sender, aber auch der deutschen Verlage – und das auf europäisch­er Ebene. Es wäre möglicherw­eise die Antwort Europas auf Google oder Youtube.

Die süddeutsch­en Verleger halten, so sagten es Scherer und Lehari am Montag übereinsti­mmend, Wilhelms Idee „grundsätzl­ich für interessan­t“. Sie gaben aber zu bedenken, dass eine solche Plattform vom Markt nachgefrag­t werden müsse. Zudem vertraue eine große Zahl an Nutzern Zeitungsma­rken. Das belegen die bundesweit­en Zahlen zur Reichweite der Zeitungen und ihrer digitalen Angebote. Alleine 87,4 Prozent der 14- bis 29-Jährigen nutzen diese regelmäßig.

„Wir haben eine Wildwest Situation.“Andreas Scherer, Vorsitzend­er des Verbandes Bayerische­r Zeitungsve­rleger

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Foto: Martina Diemand Andreas Scherer (links) und Valdo Lehari in Sonthofen.

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