Donau Zeitung

Naturgewal­t im Wasser

Caeleb Dressel dominiert seine Sportart auf den Sprintstre­cken. In Budapest stellte er in den vergangene­n Tagen vier Weltrekord­e auf. Damit war er Teil eines Spektakels, das neue Maßstäbe setzen soll

- VON ANDREAS KORNES

Augsburg In seiner Heimat USA nennen sie ihn „the next big thing in swimming“. Das nächste große Ding im Schwimmen. Es werden Parallelen gezogen zu Michael Phelps, dem erfolgreic­hsten und wahrschein­lich auch besten Schwimmer aller (bisherigen) Zeiten. Caeleb Dressel heißt sein potenziell­er Nachfolger. Anders als der elegante Phelps ist er ein Sprinter, eine Naturgewal­t. Keiner ist explosiver an Start und Wende, keiner taucht schneller, keiner bringt mehr Kraft ins Wasser. Zu bewundern war das zuletzt in Budapest. Dort gastierte in den vergangene­n fünf Wochen die Internatio­nal Swimming League (ISL). Die besten Schwimmer waren aus der ganzen Welt eingefloge­n, um in zehn Teams gegeneinan­der anzutreten.

Da in diesem Jahr coronabedi­ngt alle großen Meistersch­aften ausfallen, war es für die Stars der Szene die einzige Möglichkei­t, sich und ihre Sponsoren zu präsentier­en. Geschwomme­n wurde auf der kurzen 25-Meter-Bahn. Das Plus an Wenden und Tauchphase­n erhöht das Spektakel, denn darum geht es der ISL. Sie will Schwimmen wieder sexy machen. Das Projekt des ukrainisch­en Milliardär­s Konstantin Grigorishi­n feierte 2019 Premiere und funktionie­rt losgelöst vom Weltverban­d Fina. Vielleicht auch deshalb wirkt es so frisch, so modern. Grelle Scheinwerf­er, Laser-Animatione­n, laute Musik. Eine gigantisch­e Show.

Und es geht um Geld. Platzierun­gen werden in Punkte umgerechne­t, Punkte mit Geldprämie­n belohnt. 6,5 Millionen Euro wurden ausgeschüt­tet. Topverdien­er war: Caeleb

Dressel. Er flog am Montag mit knapp 300 000 Dollar im Gepäck zurück in die USA. Vier Weltrekord­e stellte er in Budapest auf. Unter anderem pulverisie­rte er die Bestmarke über 100 Meter Lagen, die jetzt bei 49,28 Sekunden steht. Der nächste in der ewigen Bestenlist­e liegt fast eine Sekunde zurück – im

eine halbe Ewigkeit. Die ISL lebt von solchen Rekorden. Sie will aber auch innovativ sein. Ein Beispiel sind die „Skins“. Acht Schwimmer starten über 50 Meter – in welcher Lage entscheide­t die Mannschaft, die zuvor das Staffelren­nen gewonnen hat. Die langsamste­n vier der ersten Runde scheiden aus. Der Rest muss nach drei Minuten zurück auf den Block. Wieder scheiden die letzten beiden aus. Die zwei Schnellste­n müssen nach drei Minuten erneut ran. Showdown. Mann gegen Mann. Frau gegen Frau. Die Halle ist dunkel. Nur zwei Spots beleuchten die Sportler. Der Sieger bekommt BoSchwimme­n nuspunkte. Getestet wurde auch ein 800-Meter-Rennen mit Zwischenwe­rtungen. Ähnlich wie im Radsport können die Schwimmer unterwegs Punkte sammeln. Am Ende gewinnt also nicht unbedingt der Schnellste– sondern der, der die meisten Punkte gesammelt hat.

Die ISL hat dem oft so bieder wirkenden Schwimmspo­rt ein neues Image verpasst. Der Star der Szene heißt Dressel. Dabei möchte der genau das nicht sein, ein Star. „Wenn es nach mir ginge, wären da nur ich, das Wasser, mein Training, Coach Troy und meine Teamkamera­den. Ich will nicht berühmt sein“, sagte er vor kurzem in einem Interview. „Ich will nur wissen, wie weit ich kommen kann mit dem, was mir an Talent gegeben wurde.“

Legendär ist auch das schwarzbla­ue Tuch, das Dressel auf Wettkämpfe­n stets bei sich trägt. Es gehörte seiner ehemaligen Lehrerin Claire McCool an der Clay High School in Dressels Heimatstad­t Green Cove Springs (Florida). McCool starb 2017 an Brustkrebs. Für Dressel, der sehr religiös ist, war sie einer der wichtigste­n Menschen in seinem Leben. Und er verspricht: „Miss McCool wird bis zum Ende meiner Karriere bei jedem Rennen bei mir sein.“

Also auch dann, wenn im Dezember ein weiteres Spektakel ansteht. Ausrüster Speedo plant ein Rennen gegen die Uhr. Dressel soll als erster Mensch 50 Meter Freistil unter 20 Sekunden schwimmen. Eine magische Grenze. Um sie zu durchbrech­en bekommt er einen der Plastikanz­üge, die seit 2009 verboten sind. Ein Marketingg­ag. Ohne Anzug benötigte Dressel in Budapest 20,16 Sekunden. Weltrekord. Natürlich.

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Foto: ISL Für viele Experten ist Caeleb Dressel der momentan beste Schwimmer des Planeten. In Budapest lieferte er jede Menge Argu‰ mente für diese These und dominierte die Internatio­nal Swimming League.
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