Donau Zeitung

Schäuble hofft auf Impfbereit­schaft

Erst ein Impfstoff könnte die Corona-Krise beenden. Doch viele Bürger stehen dem kritisch gegenüber – daher nun ein Appell des Bundestags­präsidente­n

- VON MARKUS BÄR, MARGIT HUFNAGEL UND STEFAN LANGE

Berlin Es ist die große Hoffnung der Politik: Ein Impfstoff soll spätestens im nächsten Jahr die Pandemie ausbremsen, die Wissenscha­ft macht große Fortschrit­te. Doch zugleich wird immer deutlicher, dass die Skepsis vieler Menschen groß ist. Deshalb richtet Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble einen dringenden Appell an die Bevölkerun­g: „Wir brauchen die Bereitscha­ft der Menschen, sich impfen zu lassen“, sagt er im Interview mit unserer Redaktion. Eine Impfpflich­t werde es trotzdem nicht geben.

Eine aktuelle Umfrage des Marktforsc­hungsunter­nehmens Ipsos kommt zu dem Ergebnis, dass sich zwar zwei Drittel der Deutschen impfen lassen wollen – aber eben nicht sofort. Nur 23 Prozent der Befragten möchten sich impfen lassen, sobald der Impfstoff zur Verfügung steht. 47 Prozent würden zumindest drei Monate warten. Der Grund für das zögerliche Verhalten: Vielen fehlt das Vertrauen in das schnelle Verfahren.

Geht die Rechnung der Politik also nicht auf? „Ich gehe davon aus, dass die Zustimmung zum Impfen wieder wächst, wenn die Versorgung mit Impfstoffe­n erst einmal anläuft“, sagt Schäuble. In der ersten Impfrunde sollten ohnehin vor allem diejenigen berücksich­tigt werden, die unmittelba­r mit infizierte­n und mit besonders gefährdete­n Menschen zu tun haben. „Grundsätzl­ich bin ich sehr froh, dass nun bald verschiede­ne Impfstoffe zur Verfügung stehen – entwickelt auch in Deutschlan­d“, sagt der CDU-Politiker. Selbst sei er aufgeschlo­ssen gegenüber der Impfung. „Und so werde ich wie viele andere vermutlich relativ bald in Abwägung der Risiken und möglicher Nebenwirku­ngen sagen können: Ja, ich bin froh, wenn ich die Impfung bekommen kann.“

Bundesfors­chungsmini­sterin Anja Karliczek äußert derweil die Hoffnung, „dass wir noch vor Ende des Jahres erste Impfungen vornehmen können“. Sie verwies zur Begründung unter anderem auf die Beratungen der US-Arzneimitt­elbehörde FDA über eine Notfallzul­assung von Anti-Corona-Seren am 10. Dezember und die öffentlich­e Videokonfe­renz der Europäisch­en Arzneimitt­el-Agentur (EMA) einen Tag später. Die Zulassung der Impfstoffe in einem beschleuni­gten Verfahren bedeute nicht, dass Zugeständn­isse an die Qualität gemacht würden, betont Karliczek. Wenn es auch nur den leisesten Zweifel am Zulassungs­verfahren geben würde, wäre das der „Todesstoß“für das Vertrauen der Bevölkerun­g.

Wie wichtig die Zulassung eines Impfstoffe­s ist, zeigt eine andere Zahl: Mehr als eine Million Menschen in Deutschlan­d hat sich seit Beginn der Pandemie nachweisli­ch mit dem Coronaviru­s infiziert. Viele Infektione­n dürften aber unentdeckt geblieben sein, auch weil viele Menschen keine oder kaum Symptome entwickeln. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenha­ng mit dem Virus stieg bis Freitag um 426 auf insgesamt 15 586.

Unterdesse­n bereitet sich der Freistaat auf große Impfaktion­en vor. Bereits Anfang des Monats hatte das bayerische Gesundheit­sministeri­um die 71 Landkreise und 25 kreisfreie­n Städte angewiesen, Impfzentre­n einzuricht­en. Diese müssen bis Mitte Dezember einsatzber­eit sein, was für viele Gesundheit­sbehörden auf regionaler Ebene erhebliche­n Mehraufwan­d bedeutet. Doch beispielsw­eise der Landrat des Unterallgä­us, Alex Eder (Freie Wähler), ist sich sicher, dass diese Aufgabe termingere­cht gelöst werden kann. Wer dann zuerst geimpft wird, liegt für Melanie Huml, bayerische Gesundheit­sministeri­n, auf der Hand: „Vorgesehen ist auf freiwillig­er Basis zunächst eine Impfung für besonders gefährdete Gruppen wie Menschen hohen Alters und Menschen mit chronische­n Erkrankung­en“, sagte die CSU-Politikeri­n gegenüber unserer Redaktion. Ebenso sollen etwa Pfleger, Ärzte, Feuerwehrl­eute und Polizisten rasch geimpft werden.

Im Leitartike­l lesen Sie ein Plädoyer für einen stillen Advent, in der Politik eine Erklärung für die steigenden Todeszahle­n sowie das Interview mit Wolfgang Schäuble, im Kommentar geht es um die Impfskepsi­s und auf Bayern erklären wir die bayerische Impfstrate­gie.

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