Donau Zeitung

Zoff in der AfD: Gauland spricht von Spaltung

Eine provokante Rede von Parteichef Meuthen endet im offenen Richtungss­treit

- VON STEFAN LANGE

Berlin/Kalkar Es war eine gezielte Provokatio­n – und sie hat die Gräben in der AfD noch tiefer gemacht: Auf dem Bundespart­eitag der Alternativ­e für Deutschlan­d ist Parteichef Jörg Meuthen mit massiver Kritik an der Fraktion der Rechtspopu­listen im Bundestag überrasche­nd deutlich in die Offensive gegangen. Meuthen griff dabei vor allem Fraktionsc­hef Alexander Gauland an, der sich am Sonntag aus gesundheit­lichen Gründen vorzeitig vom Parteitag in Kalkar verabschie­dete. Meuthens Rede löste heftige Reaktionen aus, ihm wurde vorgeworfe­n, er betreibe die Spaltung der Partei. Der Parteichef selbst räumte im Fernsehsen­der Phoenix ein kalkuliert­es Vorgehen ein: „Ich wusste natürlich, als ich die Rede geschriebe­n habe, dass sie widersprüc­hliche und konträre Reaktionen auslösen wird. Das preist man ein.“

„Wir werden nicht mehr Erfolg erzielen, indem wir immer derber, immer aggressive­r, immer enthemmter auftreten. So geht das nicht.“Das war eine der Kernaussag­en Meuthens, der damit auf die Störaktion­en einging, die im Reichstags­gebäude am Rande der Debatte über das Infektions­schutzgese­tz für Aufregung gesorgt hatten und an denen AfD-Abgeordnet­e beteiligt waren. Meuthen sprach von „Rumproller­ei“und stellte die rhetorisch­e Frage: „Ist es wirklich klug, von einer Corona-Diktatur zu sprechen?“Gemeint war Gauland, der diese Worte gebraucht hatte. Ein Antrag des Kreisverba­nds Freiburg, mit dem das „spalterisc­he Gebaren“Meuthens offiziell missbillig­t werden sollte, wurde jedoch von der Tagesordnu­ng genommen.

Meuthen habe seine Rede „missbrauch­t, um ganz massiv gegen wesentlich­e Teile der Partei zu schießen und gegen Teile unserer Wählerscha­ft zu schießen“, sagte ein Delegierte­r. Der Vorsitzend­e der AfD Niedersach­sen, Stephan Bothe, warf dem Parteichef vor, die AfD „in den Grundfeste­n erschütter­t“zu haben. Der Abgeordnet­e Stephan Brandner erklärte, Meuthen habe der Partei „schweren Schaden“zugefügt. Gauland selbst betonte, in Meuthens Rede habe es Passagen gegeben, „die ich für spalterisc­h halte“. Und überhaupt: Er brauche nicht „irgendwelc­he Zensuren von Jörg Meuthen“dafür, wie er die Fraktion führe.

Meuthen bekam allerdings auch die Gelegenhei­t, sich zu verteidige­n. „Was hier geschieht, ist eine gezielte, ideologisc­h motivierte Verdrehung meiner Rede“, sagte er. Er habe sich nicht gegen die Querdenker-Bewegung ausgesproc­hen, sondern kritische Distanz gegen „nichtseriö­se Personen“gefordert. Schon gar nicht habe er zur Spaltung aufgerufen. Er habe vielmehr Einheit und Disziplin eingeforde­rt. Meuthen lenkte den Blick auch auf die sinkende Zustimmung für seine Partei. Laut einer Umfrage für die

In den Umfragen fällt die Partei weiter zurück

Fernsehsen­der RTL und ntv ist die AfD mit sieben Prozent auf den schlechtes­ten Wert seit Juli 2017 gefallen und liegt jetzt hinter Union, Grünen, SPD und Linken auf Rang fünf, knapp vor der FDP. Bei der Bundestags­wahl hatte die AfD noch 12,6 Prozent geholt. „Wollen wir zurück auf die Erfolgsspu­r, müssen wir die Frage, warum es nicht weiter aufwärtsge­ht, ehrlich beantworte­n“, forderte Meuthen. Die AfD müsse eine disziplini­erte, „konservati­ve Rechtsstaa­tspartei“sein und kein „Zirkus Kunterbunt“.

Eigentlich sollte in Kalkar die Sozialpoli­tik im Vordergrun­d stehen. Die rund 500 Delegierte­n verabschie­deten Leitlinien zur Gesundheit­spolitik und Vorschläge zur Stabilisie­rung des Rentensyst­ems. An beiden Tagen galt eine strenge Maskenpfli­cht, die offenbar auch eingehalte­n wurde.

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