Zoff in der AfD: Gauland spricht von Spaltung
Eine provokante Rede von Parteichef Meuthen endet im offenen Richtungsstreit
Berlin/Kalkar Es war eine gezielte Provokation – und sie hat die Gräben in der AfD noch tiefer gemacht: Auf dem Bundesparteitag der Alternative für Deutschland ist Parteichef Jörg Meuthen mit massiver Kritik an der Fraktion der Rechtspopulisten im Bundestag überraschend deutlich in die Offensive gegangen. Meuthen griff dabei vor allem Fraktionschef Alexander Gauland an, der sich am Sonntag aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig vom Parteitag in Kalkar verabschiedete. Meuthens Rede löste heftige Reaktionen aus, ihm wurde vorgeworfen, er betreibe die Spaltung der Partei. Der Parteichef selbst räumte im Fernsehsender Phoenix ein kalkuliertes Vorgehen ein: „Ich wusste natürlich, als ich die Rede geschrieben habe, dass sie widersprüchliche und konträre Reaktionen auslösen wird. Das preist man ein.“
„Wir werden nicht mehr Erfolg erzielen, indem wir immer derber, immer aggressiver, immer enthemmter auftreten. So geht das nicht.“Das war eine der Kernaussagen Meuthens, der damit auf die Störaktionen einging, die im Reichstagsgebäude am Rande der Debatte über das Infektionsschutzgesetz für Aufregung gesorgt hatten und an denen AfD-Abgeordnete beteiligt waren. Meuthen sprach von „Rumprollerei“und stellte die rhetorische Frage: „Ist es wirklich klug, von einer Corona-Diktatur zu sprechen?“Gemeint war Gauland, der diese Worte gebraucht hatte. Ein Antrag des Kreisverbands Freiburg, mit dem das „spalterische Gebaren“Meuthens offiziell missbilligt werden sollte, wurde jedoch von der Tagesordnung genommen.
Meuthen habe seine Rede „missbraucht, um ganz massiv gegen wesentliche Teile der Partei zu schießen und gegen Teile unserer Wählerschaft zu schießen“, sagte ein Delegierter. Der Vorsitzende der AfD Niedersachsen, Stephan Bothe, warf dem Parteichef vor, die AfD „in den Grundfesten erschüttert“zu haben. Der Abgeordnete Stephan Brandner erklärte, Meuthen habe der Partei „schweren Schaden“zugefügt. Gauland selbst betonte, in Meuthens Rede habe es Passagen gegeben, „die ich für spalterisch halte“. Und überhaupt: Er brauche nicht „irgendwelche Zensuren von Jörg Meuthen“dafür, wie er die Fraktion führe.
Meuthen bekam allerdings auch die Gelegenheit, sich zu verteidigen. „Was hier geschieht, ist eine gezielte, ideologisch motivierte Verdrehung meiner Rede“, sagte er. Er habe sich nicht gegen die Querdenker-Bewegung ausgesprochen, sondern kritische Distanz gegen „nichtseriöse Personen“gefordert. Schon gar nicht habe er zur Spaltung aufgerufen. Er habe vielmehr Einheit und Disziplin eingefordert. Meuthen lenkte den Blick auch auf die sinkende Zustimmung für seine Partei. Laut einer Umfrage für die
In den Umfragen fällt die Partei weiter zurück
Fernsehsender RTL und ntv ist die AfD mit sieben Prozent auf den schlechtesten Wert seit Juli 2017 gefallen und liegt jetzt hinter Union, Grünen, SPD und Linken auf Rang fünf, knapp vor der FDP. Bei der Bundestagswahl hatte die AfD noch 12,6 Prozent geholt. „Wollen wir zurück auf die Erfolgsspur, müssen wir die Frage, warum es nicht weiter aufwärtsgeht, ehrlich beantworten“, forderte Meuthen. Die AfD müsse eine disziplinierte, „konservative Rechtsstaatspartei“sein und kein „Zirkus Kunterbunt“.
Eigentlich sollte in Kalkar die Sozialpolitik im Vordergrund stehen. Die rund 500 Delegierten verabschiedeten Leitlinien zur Gesundheitspolitik und Vorschläge zur Stabilisierung des Rentensystems. An beiden Tagen galt eine strenge Maskenpflicht, die offenbar auch eingehalten wurde.