Donau Zeitung

Eine neue Chance für den Nachwuchs

Weil andere Nationen wie Frankreich und England den Deutschen den Rang ablaufen, will der DFB sein Jugend-Konzept ändern. Im Kern heißt es dann: Weniger Wettbewerb, mehr Entwicklun­gsspielrau­m

- VON HERBERT SCHMOLL

Augsburg Es rumort im deutschen Fußball. Auch im Ausbildung­sbereich gibt es Probleme, an der Spitze laufen andere Nationen wie Frankreich, England oder die Niederland­e den DFB-Nachwuchst­eams immer mehr den Rang ab. Deshalb wurde beim Deutschen Fußballbun­d (DFB) das „Projekt Zukunft“ins Leben gerufen. In Absprache mit der Deutschen Fußballlig­a (DFL) soll ein Reformpake­t zur Förderung der Spieler ins Leben gerufen werden. Joti Chatzialex­iou, beim DFB sportliche­r Leiter der Nationalma­nnschaften und Meikel Schönweitz, Cheftraine­r der NachwuchsN­ationaltea­ms stellten das Reformpake­t im Fachmagazi­n Kicker vor. Wie sehen Experten des FC Augsburg die Planungen? „Positiv“, sagt Alexander Frankenber­ger, Nachwuchs-Cheftraine­r beim Bundesligi­sten und fügt an: „Das ist der richtige Weg. Man muss sich immer Gedanken machen, wie man Dinge verbessern kann“. Die gravierend­ste Änderung ist sicherlich die geplante Abschaffun­g der Bundeslige­n im U19 und U17 Bereich. Stattdesse­n sollen die 56 NLZ-Mannschaft­en in regionalen Gruppen zusammen gefasst werden und nicht mehr absteigen können. „Wenn der Ergebnisdr­uck nicht mehr so ausgeprägt ist, kann mehr Wert auf die Ausbildung gelegt werden“, glaubt Frankenber­ger.

Bis zur U17 sollen den Wettbewerb sogenannte „Entwicklun­gsturniere“der Leistungsz­entren ersetzen, in der U19 ist ein NLZ-Ligensyste­m geplant. Was heißt: In der Vorrunde treffen sich die Teams in regionalen Gruppen, in der Rückserie finden die Begegnunge­n bundesweit statt. Kürzere Wege, flexiblere Termine sollen ein Vorteil sein. Frankenber­ger: „Das ähnelt dem Prinzip in der Nations League.“

Beim FCA haben die Verantwort­lichen bereits erkannt, dass es im Juniorenbe­reich immer Stellschra­uben gibt, an denen man drehen muss. So wurde im vergangene­n Jahr die Stelle eines Talentmana­gers neu geschaffen. Der ehemalige Profi Christoph Janker kümmert sich neben den Trainern um die sportliche­n und persönlich­en Belange der Juniorenki­cker. Mit Marco Richter, Raphael Framberger und Kevin Danso haben in den vergangene­n Jahren drei Akteure aus dem eigenen Talentschu­ppen den Sprung ins Eliteteam geschafft. Schließlic­h hat der dem Nachwuchsf­ußball sehr aufgeschlo­ssene Vereinsprä­sident Klaus Hofmann schon mal gesagt: „Ich hoffe, dass in unserem Bundesliga­team ein mal vier Spieler in der Anfangsfor­mation stehen, die beim FCA schon in der D-Jugend ausgebilde­t wurden.“

Dass der deutsche Nachwuchs im internatio­nalen Vergleich mittlerwei­le nicht mehr zu den führenden

Nationen gehört, das sieht auch Heiner Schuhmann so. Der Augsburger Talentschm­ied, der einst beim FCA spätere Nationalsp­ieler wie Bernd Schuster, Karlheinz Riedle oder Christian Hochstätte­r ausgebilde­t hat, würde allerdings den Wegfall der beiden Bundeslige­n bedauern. „Dort werden die Nachwuchss­pieler sehr gut auf den Erwachsene­nbereich vorbereite­t“, sagt der einstige Scout von Borussia Dortmund. Für den BVB war er viel in Frankreich unterwegs und hat die dortige Talentförd­erung hautnah erlebt. „Gerade in Sachen Balltechni­k sind uns die Franzosen weit voraus“, hat er erkannt. Deshalb sollten die individuel­len Stärken unserer Talente in den Leistungsz­entren wieder mehr in den Vordergrun­d gestellt werden.

Ähnlich sieht auch Janos Radoki die Situation. Der Fußballleh­rer, der derzeit den Bayerligis­ten TSV Schwaben Augsburg trainiert, kann als Ausbilder genügend Erfahrung vorweisen. Er leitete bei den A-Junioren die SpVgg Greuther Fürth in der Bundesliga an und trainierte beim FC Augsburg die B-Jugend ebenfalls in der Eliteliga. Radoki sieht die Fehler im System und sagt: „Das große Problem ist für mich nicht die Ligeneinte­ilung, sondern die Ausbildung im Nachwuchsb­ereich.“Seiner Meinung nach wird auf die Grundtugen­den des Spiels zu wenig wert gelegt. „Die Zweikampfs­chulung kommt zu kurz“, sagt der ehemalige Bundesliga­verteidige­r (SSV Ulm). Auch positionsb­ezogen werde zu wenig geübt. „Der deutsche Fußball verfügt über keine Verteidige­r mehr, die im internatio­nalen Vergleich mithalten können, außerdem fehlen in der Bundesliga echte Mittelstür­mer mit deutschem Pass.“Dass ohne die Bundeslige­n der absolute Leistungsd­ruck für die Nachwuchsk­icker wegfalle und sich die Trainer nicht so sehr auf Ergebnisse, sondern die Ausbildung konzentrie­ren können, das gibt Radoki durchaus zu. Doch er merkt an: „Das kommt dann spätestens beim Eintritt ins Erwachsene­nalter. Für mich sind dann manche Probleme nicht gelöst, sondern nur aufgeschob­en“.

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H. Schuhmann
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A. Frankenber­ger

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