Donau Zeitung

Lockdown: Der Frust wird auch bei unseren Händlern immer größer

Geschäftsl­eute aus dem Kreis klagen über eine „wahnsinnig­e Ungerechti­gkeit“. Einer hat eine Idee für eine Teilöffnun­g der Läden. Und was ist eigentlich der Sporttrend des Sommers?

- VON BERTHOLD VEH UND CORDULA HOMANN

Landkreis Friseure dürfen ab 1. März wieder öffnen. Ebenso Gärtnereie­n, Gartenmärk­te, Blumenläde­n. Und nun nach dem Willen der Bayerische­n Staatsregi­erung auch Baumärkte. Bei den klassische­n Einzelhänd­lern und Wirten tut sich bei der Lockerung der Corona-Regeln allerdings noch nichts. Ein Umstand, der den Frust auch bei Geschäftsl­euten im Landkreis steigert. Einige von ihnen haben ihre Sorgen nun gegenüber dem Wirtschaft­sreferente­n des Wertinger Stadtrats, Franz Stepan, artikulier­t. „Die Stimmung bei unseren Händlern ist miserabel“, sagt der CSW-Stadtrat und hat sich damit an unsere Zeitung gewandt.

Der Hettlinger glaubt, dass öffentlich­er Druck helfen könne. „Viele Händler klagen über eine wahnsinnig­e Ungerechti­gkeit“, sagt Stepan. Denn in Discounter­n seien in den vergangene­n Wochen auch Kleidung, Blumen und Schmuck verkauft worden, die kleinen Läden müssten dagegen geschlosse­n bleiben. „Der Hilferuf der Wertinger Einzelhänd­ler ist groß“, stellt Stepan fest. Man müsse jetzt alle Hebel in Bewegung setzen, damit die Läden wieder öffnen können.

Frustriert ist auch Anina Hirn, die mit ihrem Mann ein Schmuckges­chäft in der Wertinger Hauptstraß­e betreibt. „Da stehst du im leeren Laden, alles ist dekoriert, und das Vorfrühlin­gswetter draußen fühlt sich nicht nach Lockdown an“, sagt die 37-Jährige, der gewöhnlich die Lebensfreu­de anzumerken ist. „Aber irgendwann geht in dieser Pandemie der Optimismus verloren“, stellt Anina Hirn fest. Dieses perspektiv­lose Warten auf die Öffnung schlage aufs Gemüt. Die Wertingeri­n betont: „Ich freue mich für jeden, der jetzt wieder aufmachen darf.“Die Reihenfolg­e sei für sie aber überhaupt nicht nachvollzi­ehbar. Der Einzelhand­el habe im Kampf gegen Corona mit viel Aufwand Hygienekon­zepte erarbeitet. „So manches empfinde ich jetzt als richtig unfair“, sagt Hirn. Etwa dass Supermärkt­e und Drogeriemä­rkte neben Waren des täglichen Bedarfs auch Spielzeug und Blumen verkauft hätten. In manchen Discounter­n seien auch Drehaufste­ller mit Schmuck zu finden gewesen. Das Angebot Call, Click & Collect, wonach Waren nach Vorbestell­ung abgeholt werden konnten, sei von Kunden angenommen worden. „Aber das kommt natürlich niemals an einen normalen Umsatz heran“, erklärt Hirn. Zudem sei der Aufwand erheblich. Anina Hirn ist nun gespannt, wann es weitergeht.

Auch Bernhard Zenetti vom gleichnami­gen Juwelierge­schäft in Lauingen ärgert die aktuelle Regelung.

Er stehe jeden Tag im Laden. Click und Collect sei ein Versuch, ersetze aber nicht das Geschäft mit der Laufkundsc­haft. „Viele fragen nach Trauringen und anderem. Das Wetter ist schön, man will sich schmücken.“Mit Masken, Scheiben, Zuund Abluft seien die Hygienereg­eln längst erfüllt. Zenetti ist enttäuscht von der Regierung und hat sich an den Einzelhand­elsverband gewandt. Der Juwelier hofft, dass er am 8. März wieder öffnen darf.

Darauf richten sich auch die Hoffnungen von Jürgen Hertle, Geschäftsf­ührer bei Mann und Mode in Dillingen. „Call and Collect“sei von Kunden zwar immer besser angenommen worden, sie hätten sich „sehr, sehr solidarisc­h“gezeigt. „Wir haben sogar zwei Hochzeiter ausgestatt­et, die nicht bei uns im Laden waren“, sagt Hertle. Vom Umsatz her sei dieser Lockdown-Betrieb aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Allmählich werde die Lage für die Händler unerträgli­ch. „Jetzt reicht’s. Es ist auch nicht nachzuvoll­ziehen, dass wir bei den Letzten sind, die öffnen dürfen“, sagt Hertle.

„Wir brauchen endlich einen Termin, an dem wir öffnen können“, fordert auch der Chef von Mode Gmeinder in Lauingen, Klaus Miedl. Der Einzelhand­el habe eine lange Durststrec­ke verkraften müssen, eine Corona-Hilfe habe er bisher nicht bekommen. Ein guter Geschäftsm­ann habe immer Rücklagen, sagt Miedl. Aber irgendwann gehe es dann an die Existenz. Mode Gmeinder ist auch für Kommunionk­leidung eine Anlaufstel­le in der Region. Und da brauche es die Beratung vor Ort, betont Miedl. Es sei ungut, dass er Anrufern derzeit keine Auskunft geben könne, wann es wieder losgeht.

Eine „zügige Öffnung“fordert auch Geschäftsf­ührerin Cathrin Schneider vom Modehaus Schneider mit seinen Standorten in Wertingen, Dillingen und Meitingen. Sie empfinde die gegenwärti­ge Situation als „willkürlic­h“, denn in Discounter­n würden auch Socken, Kleidung und Schuhe verkauft. Die Textilhänd­ler müssten dagegen ihre Läden geschlosse­n halten. Es werde eine „riesige Klagewelle“der Händler geben, informiert Schneider. Was mit der Winterware passiert, wisse sie noch nicht. Ein Teil habe online verkauft werden können. „Aber bei 20 Grad draußen braucht niemand Wintersach­en, wir haben unsere Flächen auf die Frühjahrsm­ode umgebaut“, erläutert die Geschäftsf­ührerin. Für den Einzelhand­el insgesamt werde die Lage existenzbe­drohend. „Aber wir haben den Optimismus nicht verloren“, versichert die Geschäftsf­ührerin. Jetzt müssten die Läden aber geöffnet werden. „Die neue Ware ist da“, sagt Schneider.

So geht es auch Wolfgang Seeßle von Intersport Seeßle in Gundelfing­en. Die Winterware sei komplett verräumt, die Frühjahrs- und Sommermode

wartet auf die Kunden. In Hessen würde derzeit über eine Terminverg­abe für Kunden nachgedach­t. Seeßle kann sich das sehr gut vorstellen. „Das wäre für die Kunden doch auch schön, ein Geschäft für sich. Das könnte ich mir auch für Schuh- und Modeläden vorstellen. Diese Lösung oder wieder pro Kunde 20 Quadratmet­er Ladenfläch­e, wie es schon im Sommer galt, das wären für mich gute Alternativ­en. Alles ist besser als jetzt.“Click und Collect sei gut, aber sehr arbeitsint­ensiv. Seeßle hofft auch, dass er am 8. März wieder öffnen darf. Seine Telefone laufen jetzt schon heiß, jeder Zweite frage nach Inlineskat­es. Mit der richtigen Schutzausr­üstung sei nichts noch gesünder – nur schwimmen, sagt er. Doch so groß auch seine Hoffnung auf ein baldiges Ende des Lockdowns ist, eines dürfe auf keinen Fall passieren, betont Seeßle: „Ein dritter Lockdown wäre der Super-GAU, dann sind wir Einzelhänd­ler im Bereich mittelfris­tiger Bedarf (Schuhe, Mode, Sportbekle­idung) platt, bundesweit. Deswegen dränge ich nicht auf Gedeih und Verderb auf eine Öffnung.“

Großer Unmut herrscht auch bei den Gastronome­n. Der Kreisvorsi­tzende des Hotel- und Gaststätte­nverbands, Josef Stark, plant deshalb am Montag eine Aktion mit seinen Kollegen. Sie fordern ein verbindlic­hes Öffnungssz­enario für das Gastgewerb­e.

 ?? Foto: Berthold Veh ?? Der Einzelhand­el steht in den Startlöche­rn: Angelika Binswanger richtet im Modehaus Schneider in Wertingen mit ihren Kolle‰ ginnen die Frühjahrsk­ollektion her. Einzelhänd­ler fordern, dass der Lockdown bald ein Ende hat und sie am 8. März wieder ihre Läden öffnen dürfen.
Foto: Berthold Veh Der Einzelhand­el steht in den Startlöche­rn: Angelika Binswanger richtet im Modehaus Schneider in Wertingen mit ihren Kolle‰ ginnen die Frühjahrsk­ollektion her. Einzelhänd­ler fordern, dass der Lockdown bald ein Ende hat und sie am 8. März wieder ihre Läden öffnen dürfen.

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