Tränen wegen drohender 3. Startbahn
Seehofer: Derzeit ist Ausbau nicht notwendig
Die Betroffenheit ist spürbar. Unter Tränen schildern Bewohner von Attaching Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), wie die dritte Startbahn am Münchner Flughafen ihr Leben verändern würde. Seehofer verspricht, die Sorgen der Bürger bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.
Zur Begrüßung spielt die Blasmusik, Fahnenabordnungen der Dorfvereine stehen Spalier. Und als der Ministerpräsident den Sportplatz von Attaching betritt, stimmen hunderte Menschen die Bayernhymne an. Gegner der geplanten dritten Startbahn am Münchner Flughafen bereiten Seehofer am Donnerstagnachmittag einen freundlichen Empfang. Als der Freisinger Landrat Josef Hauner (CSU) ihm für den Besuch im Zentrum des Startbahn-Widerstandes dankt, kracht der Lärm von Böllern in die Worte des Politikers.
Eine Stunde später wird es in der Sportgaststätte ganz still. Unter Tränen schildert Monika Riesch dem Regierungschef, dass sie und ihr Mann als Einheimische sich ein gemütliches Zuhause in Attaching geschaffen hätten. Inzwischen hat das Paar drei Kinder. „Wie unsere Eltern für uns da waren, wollen wir einmal für unsere Kinder da sein“,
Eine Bewohnerin sagt: „Wir trauen uns nicht zu bauen.“
schildert die Mutter mit stockender Stimme. Das sei aber nur möglich, wenn sie sich räumlich vergrößern könnten. „Wir trauen uns aber nicht zu bauen“, erläutert sie mit Blick auf die geplante Startbahn. „Wir brauchen jetzt eine Entscheidung, damit wir unsere Zukunft planen können“, appelliert Riesch an Seehofer. Margit Deuter müsste beim Bau der dritten Startbahn ihr Haus aufgeben – es liegt im Absiedlungsgebiet. „Wir hätten keine Chance“, sagt die 62-Jährige. „Unsere Lebensgrundlage würde zerstört“, so Deuter, die auch im Namen ihrer erwachsenen Kinder spricht. „Mir geht es wirklich ziemlich schlecht.“
Als mehrere der knapp 20 vom Aktionsbündnis „AufgeMUCkt“ausgewählten Redner im Sportheim schildern, dass es zwar für ihre Gärten im Falle des Startbahnbaus eine Entschädigung gäbe, für die Häuser hingegen nicht, schüttelt Seehofer den Kopf. „Wer macht denn so etwas?“, fragt er. Bereits unmittelbar nach der Ankunft hatten die Protestierer dem Ministerpräsidenten ihre Sorgen schildern können. Christina Arndt vom Dorfkindergarten sagte, Investition in die Zukunft bedeute Investition in die Kinder. Ein Landwirt appellierte an Seehofer, nicht noch mehr Flächenverbrauch im Freistaat zu ermöglichen.
Am Ende wiederholt der Ministerpräsident seinen Satz, den er schon zu Beginn gesagt hatte: Bei der aktuellen Zahl der Starts und Landungen am Münchner Flughafen sehe er derzeit keine Notwendigkeit für die dritte Startbahn. Seehofer legt vor Journalisten aber Wert auf die Feststellung, dass es sich bei seiner Einschätzung um eine Momentaufnahme handle. Entschieden sei noch nichts. Den Startbahngegnern bescheinigt er, deren Redebeiträge hätten die ganze Betroffenheit gezeigt, „die zum Greifen war“. Seehofer kündigt aber an, dass er vor der Entscheidung noch in diesem Jahr erneut das Gespräch mit der Flughafengesellschaft und der Lufthansa suchen werde.