Mehr Senioren bedeuten mehr Pflege
Soziales Neue Bevölkerungsprognosen gehen von einem hohen Seniorenanteil in den nächsten 20 Jahren aus. Deshalb soll der Pflegebedarf im Landkreis künftig häufiger ermittelt werden
Die Zahl der pflegebedürftigen Senioren wird im Kreis Donau-Ries in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zunehmen. Das vom Landratsamt beauftragte Institut SAGS hat den aktuellen und künftigen Pflegebedarf ermittelt und gestern dem Kreistag in Donauwörth vorgestellt. Auffällig ist bereits jetzt die recht hohe Zahl der an Demenz Erkrankten in der Region. Die große Frage ist nun insgesamt, wie Kreis und Kommunen auf den zuletzt gestiegenen Bedarf vor allem an ambulanter und teilstationärer Pflege reagieren sollen.
Statistik mag zunächst als eine ziemlich dröge Materie erscheinen. Doch die Ergebnisse des Wissenschaftlers Christian Rindsfüßer vom Institut für Sozialplanung, Jugendund Altenhilfe, Gesundheitsforschung und Statsitik, kurz: SAGS, sie werfen gewichtige Zukunftsfragen in einer älter werdenden Gesellschaft auf.
Grundlegend erscheint dabei diese Frage: Ist der Landkreis DonauRies auch in den kommenden fünf bis zwanzig Jahren noch gerüstet für den Bedarf an Pflege? Man will gewappnet sein, vor allem wenn es um die Versorgung bedürftiger Men- schen geht. Auffällig ist, dass der Kreis Donau-Ries im Vergleich der schwäbischen Landkreise die höchste Quote an zu Hause Gepflegten verzeichnet. Sie beträgt aktuell 72,2 Prozent – das sind 2128 von insgesamt 2948 pflegebedürftigen Personen. In vollstationärer Dauerpflege leben hier 811 Menschen.
Die Statistiker gehen anhand von Erfahrungswerten und demografischen Daten davon aus, dass der relativ hohe Wert der zu Hause Gepflegten zumindest in den kommenden fünf Jahren annähernd gleich bleiben wird. Zum Vergleich: Der Kreis Lindau weist mit 60,7 Prozent zu Hause Gepflegter die geringste Quote in Schwaben auf, die Kreise Augsburg und Aichach-Friedberg liegen fast gleich auf mit der Region.
Im Bereich der stationären Einrichtungen, also der Heime, ist man zwar laut Landrat Stefan Rößle „aktuell gut aufgestellt“, die Auslastungsquote ist in manchen Heimen aber schon ziemlich ausgereizt. Nicht verwunderlich also, dass fünf aller im Kreis befindlichen zwölf stationärer Einrichtungen bauliche Veränderungen in den kommenden drei Jahren planen. Im Bereich der Pflege ist freilich das Thema „Demenz“ein bedeutendes. 375 Demenzkranke belegen im Landkreis einen vollstationären Pflegeplatz. Hier rechnen die Wissenschaftler zunächst mit weiterem Bedarf.
Laut Experte Rindsfüßer ist es bedenklich, dass neben jenen tatsächlich auf die Rundumpflege Angewiesenen auch „Rüstige“in diesem Bereich untergebracht sind. Die Frage schuldig blieb er allerdings, woran sich denn eine solche „Rüstigkeit“oder „Fremdbelegung“im Detail bemisst.
Offen blieb zudem, wie man mit dieser Situation angemessen umgehen soll. Derzeit gibt es hier rund 1000 vollstationäre Plätze in Pflegeheimen, offiziell. Einige davon scheinen jedoch „fremdbelegt“zu sein. 986 Personen leben zurzeit in stationären Einrichtungen, gut 800 sind sogenannte „vollstationäre Leistungsempfänger“.
Rindsfüßer gab den Verantwortlichen im Landratsamt mit auf den Weg, die tatsächlichen Bedürftigkeiten je nach Pflegeeinrichtung zu prüfen. Momentan könnten die tatsächlich vorhandenen stationären Plätze wohl gerade noch reichen, wenn denn Kreis, Kommunen und Wohlfahrtsverbände die dezentrale ambulante Pflege zu Hause weiter ausbauen und stetig verbesserten. Seit 2005 ist die Zahl der teilstationären und ambulanten Pflege im Kreis von 549 auf 710 im Jahr 2013 spürbar angewachsen.
Die vollstationär Versorgten blieb dagegen relativ konstant zwischen 770 und 800 Personen. Insgesamt müssten der Landkreis und die Gemeinden, so Statistiker Rindsfüßer,
Belegen „Rüstige“oft Pflegeplätze? Engmaschige Analysen zum tatsächlichen Bedarf
das Thema in kürzeren Abständen beobachten und analysieren. Das soll laut einstimmigem Kreistagsbeschluss jetzt jährlich statt alle fünf Jahre mithilfe der Statistiker des Instituts SAGS geschehen. Engmaschige Bedarfsanalysen und stetiges Anpassen der Pflegeplätze erscheinen den Verantwortlichen sinnvoller als kopflos zu agieren und kurzfristig neue Heime aus dem Boden zu stampfen. Doch keine Frage: Der Bedarf an Hilfe scheint vorhanden zu sein – und er dürfte wohl steigen: Allein die Zahl der über 85-Jährigen dürfte im Landkreis Donau-Ries von aktuell 2800 auf über 4500 im Jahr 2034 ansteigen.