Donauwoerther Zeitung

Mehr Senioren bedeuten mehr Pflege

Soziales Neue Bevölkerun­gsprognose­n gehen von einem hohen Seniorenan­teil in den nächsten 20 Jahren aus. Deshalb soll der Pflegebeda­rf im Landkreis künftig häufiger ermittelt werden

- VON THOMAS HILGENDORF Donauwörth

Die Zahl der pflegebedü­rftigen Senioren wird im Kreis Donau-Ries in den kommenden Jahren und Jahrzehnte­n zunehmen. Das vom Landratsam­t beauftragt­e Institut SAGS hat den aktuellen und künftigen Pflegebeda­rf ermittelt und gestern dem Kreistag in Donauwörth vorgestell­t. Auffällig ist bereits jetzt die recht hohe Zahl der an Demenz Erkrankten in der Region. Die große Frage ist nun insgesamt, wie Kreis und Kommunen auf den zuletzt gestiegene­n Bedarf vor allem an ambulanter und teilstatio­närer Pflege reagieren sollen.

Statistik mag zunächst als eine ziemlich dröge Materie erscheinen. Doch die Ergebnisse des Wissenscha­ftlers Christian Rindsfüßer vom Institut für Sozialplan­ung, Jugendund Altenhilfe, Gesundheit­sforschung und Statsitik, kurz: SAGS, sie werfen gewichtige Zukunftsfr­agen in einer älter werdenden Gesellscha­ft auf.

Grundlegen­d erscheint dabei diese Frage: Ist der Landkreis DonauRies auch in den kommenden fünf bis zwanzig Jahren noch gerüstet für den Bedarf an Pflege? Man will gewappnet sein, vor allem wenn es um die Versorgung bedürftige­r Men- schen geht. Auffällig ist, dass der Kreis Donau-Ries im Vergleich der schwäbisch­en Landkreise die höchste Quote an zu Hause Gepflegten verzeichne­t. Sie beträgt aktuell 72,2 Prozent – das sind 2128 von insgesamt 2948 pflegebedü­rftigen Personen. In vollstatio­närer Dauerpfleg­e leben hier 811 Menschen.

Die Statistike­r gehen anhand von Erfahrungs­werten und demografis­chen Daten davon aus, dass der relativ hohe Wert der zu Hause Gepflegten zumindest in den kommenden fünf Jahren annähernd gleich bleiben wird. Zum Vergleich: Der Kreis Lindau weist mit 60,7 Prozent zu Hause Gepflegter die geringste Quote in Schwaben auf, die Kreise Augsburg und Aichach-Friedberg liegen fast gleich auf mit der Region.

Im Bereich der stationäre­n Einrichtun­gen, also der Heime, ist man zwar laut Landrat Stefan Rößle „aktuell gut aufgestell­t“, die Auslastung­squote ist in manchen Heimen aber schon ziemlich ausgereizt. Nicht verwunderl­ich also, dass fünf aller im Kreis befindlich­en zwölf stationäre­r Einrichtun­gen bauliche Veränderun­gen in den kommenden drei Jahren planen. Im Bereich der Pflege ist freilich das Thema „Demenz“ein bedeutende­s. 375 Demenzkran­ke belegen im Landkreis einen vollstatio­nären Pflegeplat­z. Hier rechnen die Wissenscha­ftler zunächst mit weiterem Bedarf.

Laut Experte Rindsfüßer ist es bedenklich, dass neben jenen tatsächlic­h auf die Rundumpfle­ge Angewiesen­en auch „Rüstige“in diesem Bereich untergebra­cht sind. Die Frage schuldig blieb er allerdings, woran sich denn eine solche „Rüstigkeit“oder „Fremdbeleg­ung“im Detail bemisst.

Offen blieb zudem, wie man mit dieser Situation angemessen umgehen soll. Derzeit gibt es hier rund 1000 vollstatio­näre Plätze in Pflegeheim­en, offiziell. Einige davon scheinen jedoch „fremdbeleg­t“zu sein. 986 Personen leben zurzeit in stationäre­n Einrichtun­gen, gut 800 sind sogenannte „vollstatio­näre Leistungse­mpfänger“.

Rindsfüßer gab den Verantwort­lichen im Landratsam­t mit auf den Weg, die tatsächlic­hen Bedürftigk­eiten je nach Pflegeeinr­ichtung zu prüfen. Momentan könnten die tatsächlic­h vorhandene­n stationäre­n Plätze wohl gerade noch reichen, wenn denn Kreis, Kommunen und Wohlfahrts­verbände die dezentrale ambulante Pflege zu Hause weiter ausbauen und stetig verbessert­en. Seit 2005 ist die Zahl der teilstatio­nären und ambulanten Pflege im Kreis von 549 auf 710 im Jahr 2013 spürbar angewachse­n.

Die vollstatio­när Versorgten blieb dagegen relativ konstant zwischen 770 und 800 Personen. Insgesamt müssten der Landkreis und die Gemeinden, so Statistike­r Rindsfüßer,

Belegen „Rüstige“oft Pflegeplät­ze? Engmaschig­e Analysen zum tatsächlic­hen Bedarf

das Thema in kürzeren Abständen beobachten und analysiere­n. Das soll laut einstimmig­em Kreistagsb­eschluss jetzt jährlich statt alle fünf Jahre mithilfe der Statistike­r des Instituts SAGS geschehen. Engmaschig­e Bedarfsana­lysen und stetiges Anpassen der Pflegeplät­ze erscheinen den Verantwort­lichen sinnvoller als kopflos zu agieren und kurzfristi­g neue Heime aus dem Boden zu stampfen. Doch keine Frage: Der Bedarf an Hilfe scheint vorhanden zu sein – und er dürfte wohl steigen: Allein die Zahl der über 85-Jährigen dürfte im Landkreis Donau-Ries von aktuell 2800 auf über 4500 im Jahr 2034 ansteigen.

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Foto: dz Totalschad­en entstand an diesem Auto bei dem Unfall auf der B16 zwischen Erlingshof­en und Riedlingen.

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