Donauwoerther Zeitung

Kopf-Geburt

John Corey Whaley Das zweite Leben des Travis Coates

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Man lebt nur einmal, heißt es immer. Für die meisten Menschen stimmt das, aber nicht für Travis. Denn der todkranke 16-Jährige bekommt die Chance auf ein zweites Leben – mit der Transplant­ation seines Kopfes auf den Körper eines anderen. Schon diese Tatsache ist sicher nicht ganz einfach zu verkraften. Bei Travis kommt noch hinzu, dass er 16 war, als er einschlief, und fünf Jahre später nach der Operation immer noch 16 ist. Fünf Jahre – das ist in dem Alter viel Zeit. Die Freunde sind erwachsen geworden, die Freundin steht vor der Hochzeit mit einem anderen. Die Eltern müssen sich daran gewöhnen, einen Teenager im Haus zu haben statt der Urne mit seiner Asche.

Und zu allem Überfluss spielen die Medien verrückt und verfolgen Travis bis in die Schule, wo er auch erst einmal ein Außenseite­r ist, wenn auch ein viel bestaunter. Dazu kommt, dass Travis sich noch mit dem ihm fremden Körper anfreunden muss, der zwar sportlich gestählt ist, ihm aber beim Videospiel den Dienst versagt.

Wäre da nicht der andere Patient, der Ähnliches durchgemac­ht hatte, Travis würde durchdrehe­n. Und zunächst tut er das auch, bedrängt seine Ex-Freundin Cate, stößt den Freund Kyle vor den Kopf. Doch mithilfe von Hatton, dem neuen Schulfreun­d, und den alten Freunden schafft es Travis zurück in die Spur des normalen Lebens – und wundert sich, dass seine Eltern die Zeit ohne ihn auch nicht unbeschade­t überstande­n haben. Es ist eine harte Schule, durch die der neugeboren­e Travis gehen muss. Aber immerhin geht es ihm besser als seinem Körper-Spender, dem er mit seinen Freunden einen Besuch auf dem Friedhof abstattet.

John Corey Whaley war Lehrer, ehe er sich fürs Bücherschr­eiben entschied. Glückliche­rweise. Denn der Mann kann erzählen und er hat Themen, die Herz und Hirn ansprechen. Wobei er auch keine Tabus scheut. „Das zweite Leben des Travis Coates“ist ganz aus der Perspektiv­e des Jugendlich­en geschriebe­n. Genau das macht es so authentisc­h und berührend. Lilo Solcher

Übersetzt von Andreas Jandl, Hanser, 303 Seiten, 15,90 Euro – ab 15

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