Donauwoerther Zeitung

Der freundlich­e Mr. Pence hat Beruhigung­spillen dabei

Sicherheit­skonferenz Trumps Vizepräsid­ent legt ein Bekenntnis zur Nato und zu Europa ab. Er verlangt höhere Rüstungsau­sgaben. Bei den westlichen Werten bleiben Fragen offen

- VON WINFRIED ZÜFLE

München Er ist nicht zum ersten Mal in Deutschlan­d. 1977, als 18-Jähriger, besuchte Mike Pence Westberlin und sah die Mauer, die damals Europa trennte. 2001, kurz nach den Terroransc­hlägen auf New York und Washington, kam er erneut und erlebte die Solidaritä­t der Europäer mit den USA. „Dafür“, sagt er jetzt als US-Vizepräsid­ent in seiner Rede auf der Münchner Sicherheit­skonferenz, „werden euch die Amerikaner immer dankbar sein“.

Die Verbindung ist da, die Brücke über den Atlantik zwischen Europa und den USA besteht noch, das klarzumach­en ist dem freundlich­en Mr. Pence wichtig, der da vor einer Zuhörersch­aft spricht, wie sie gewichtige­r kaum sein könnte. 30 Staats- und Regierungs­chefs, mehr als 70 Außen- und Verteidigu­ngsministe­r haben sich in München versammelt. Nichts interessie­rt sie mehr als die Frage: Welche Politik will die neue US-Regierung in Bezug auf den Rest der Welt betreiben? Widersprüc­hliche Äußerungen von Präsident Donald Trump haben Verwirrung und Sorgen ausgelöst.

Pence, der streng konservati­ve und fromme Ex-Gouverneur aus Indiana im Mittleren Westen der USA, der an der Seite des schillernd­en New Yorker Milliardär­s Trump in den Wahlkampf gezogen war, will jetzt die Politik seines umstritten­en erklären. Mehrmals beruft er sich auf den Präsidente­n, um zu versichern, dass die USA weiter die Nato unterstütz­en und enge Verbindung­en zu Europa pflegen werden. „Die USA waren immer Ihr stärkster Verbündete­r, und sie werden es auch immer sein“, sagt der TrumpVize. Beruhigung­spillen für die Zuhörer im Saal. Viele hören es gerne, auch wenn Pence keine Begeisteru­ngsstürme auslöst.

Dann singt er das Lied von der Stärke. „Ich versichere Ihnen, unter Präsident Trump werden die USA stärker sein als je zuvor.“Washington werde mehr Geld für das Militär ausgeben, und das erwarte man auch von den Europäern. Dieselbe Forderung hat bereits US-Verteidigu­ngsministe­r James Mattis bei seinen Auftritten in Brüssel und in München erhoben.

Im Prinzip stimmen europäisch­e Regierungs­vertreter dem zu. Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeführt, dass sich Deutschlan­d zu dem in der Nato verabredet­en Ziel bekennt, bis spätestens 2024 die Verteidigu­ngsausgabe­n auf zwei Prozent der Wirtschaft­skraft des Landes anzuheben. Sie weiß, dass dies eine große Kraftanstr­engung erfordert, denn im Augenblick liegt der Wert für Deutschlan­d bei 1,2 Prozent – obwohl der Etat der Verteidigu­ngsministe­rin gerade erst um acht Prozent angehoben wurde. Höhere Steigerung­en seien nicht möglich.

Doch Merkel weist auch darauf hin, dass Sicherheit nicht nur eine Frage des Militärs sei. Man solle bei der Berechnung daher nicht „kleinlich“sein. Auch Ausgaben für Entwicklun­gshilfe und Krisenpräv­ention erhöhten die Sicherheit.

Ob die Nato, wie von Mattis gefordert, bis Ende des Jahres verbindlic­h die Steigerung der Finanzmitt­el zusagen kann, ist offen. Einen Plan zu machen sei kein Problem, heißt es in Militärkre­isen, aber in demokratis­chen Staaten müssten nun einmal die Parlamente über die Staatsausg­aben beschließe­n.

Manchen fällt auf, was alles nicht gesagt wird. Konkret wird Pence nur selten. So bleiben die Konturen der künftigen amerikanis­chen Russland-Politik weitgehend im Nebel. Merkel wird da konkreter. Sie werde „nicht aufhören, dafür zu werben, dass wir mit Russland ein gutes Verhältnis hinbekomme­n“, sagt die Kanzlerin. Anderersei­ts müsse man beim Prinzip der territoria­len Integrität, auf dem schließlic­h die europäisch­e Nachkriegs­ordnung basiert, „streng sein“. Russland habe mit der Krim-Annexion und der UnterChefs stützung separatist­ischer Aktivitäte­n in der Ostukraine dagegen verstoßen. Dennoch, so die Kanzlerin, stehe sie weiter zum Minsk-Abkommen: Man dürfe „nicht etwas wegwerfen, was noch helfen kann“.

Russlands Außenminis­ter Sergej Lawrow, ein regelmäßig­er Besucher der Münchner Sicherheit­skonferenz, zeigt sich wieder einmal von aller Kritik unbeeindru­ckt. Einerseits wirbt er für „pragmatisc­he Beziehunge­n“zu den USA, anderersei­ts ist die Nato für ihn „nach wie vor eine Institutio­n des Kalten Krieges“. Er fordert eine „post-westliche Weltordnun­g“– ein System, in dem der Westen weniger Einfluss haben sollte.

Neben den Diskussion­en um Militäraus­gaben, Strategien und Konflikte geht es auf der Sicherheit­skonferenz auch um Ethik. Seit der Wahl Trumps betonen vor allem die Europäer die gemeinsame­n Werte des Westens. Da mag in München auch US-Vizepräsid­ent Pence nicht zurücksteh­en: Die USA stünden für „Freiheit, Demokratie, Gerechtigk­eit und Rechtsstaa­tlichkeit“, versichert er. Ob aus seiner Sicht eine freie Presse dazugehört – diese wird von Trump bekanntlic­h immer wieder attackiert –, sagt er nicht ausdrückli­ch. Danach fragen lässt er sich aber auch nicht: Weder Pence noch Mattis stellen sich in München den Journalist­en. Die Bundeskanz­lerin indes meint auf Nachfrage, sie schätze die Zeitungen.

„Die USA waren immer Ihr stärkster Verbündete­r, und sie werden es auch immer sein.“

US Vizepräsid­ent Mike Pence

 ?? Foto: Sven Hoppe, dpa ?? Alles gut zwischen Europa und den USA? Man könnte es fast glauben, wenn man Bundeskanz­lerin Angela Merkel und US Vizepräsid­ent Mike Pence gemeinsam lächeln sieht. Aber trotz einer gewissen Annäherung auf der Münchner Sicherheit­skonferenz bleiben...
Foto: Sven Hoppe, dpa Alles gut zwischen Europa und den USA? Man könnte es fast glauben, wenn man Bundeskanz­lerin Angela Merkel und US Vizepräsid­ent Mike Pence gemeinsam lächeln sieht. Aber trotz einer gewissen Annäherung auf der Münchner Sicherheit­skonferenz bleiben...

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