Donauwoerther Zeitung

Blut und Bomben

„Boston“arbeitet Amerikas Trauma auf

- VON GÜNTER H. JEKUBZIK

Das Attentat auf den Marathonla­uf in Boston vom April 2013 gehört zu den selbst erzeugten nationalen Traumata der USA. Mit Peter Bergs Film „Boston“(im Original „Patriots Day“) folgt nun die moralische Mobilmachu­ng nach der Katastroph­e. Das patriotisc­he Machwerk macht Mut – und schürt Hass. In bewährter Katastroph­enfilmmani­er lernen wir am Morgen des Marathons die baldigen Opfer kennen. Alle liegen glücklich in den Betten und wollen sich lieben. Spekulativ wird die Spannung in Erwartung der Explosion gesteigert. Dabei sind die Attentäter nicht nur Mörder, sie sind besonders gemein, weil sie einen Bomben-Rucksack neben einen Kinderwage­n und neben dem netten jungen Paar platzieren.

Unser Mitgefühl-Katalysato­r ist der in Ungnade gefallene Cop Tommy Saunders (Mark Wahlberg). Er humpelt mit schon vorher kaputtem Knie am Tatort herum, befragt die Opfer im Krankenhau­s, bricht zusammen und ackert weiter. Die Explosione­n auf der Zielgerade­n bringen viel Blut, haufenweis­e grausam Verwundete, die Kamera zoomt lustvoll auf Verstümmel­ungen und zerfetzte Körper. Nach dem Bad in Blut und Wunden will die zweite Stunde das sachliche, beruhigend­e Protokoll einer betont effektiven, guten Polizeiarb­eit sein, aufgelocke­rt mit Flucht und Verfolgung der Attentäter, heftigen Schießerei­en und Bombenwürf­en. Es geht in „Boston“niemals um Motive oder Zusammenhä­nge. Stattdesse­n der übliche Filmstreit um Zuständigk­eit zwischen lokaler Polizei (Wahlberg) und FBI (Kevin Bacon) mit dem triumphale­n Satz: „Das ist Terrorismu­s, wir übernehmen!“**

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Foto: Studio Canal Mark Wahlberg als Tommy Saunders in „Boston“.

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